BGB-Schuldrecht Besonderer Teil. Volker Emmerich
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Bei einem Gattungskauf setzt die Anwendung des § 447 ferner voraus, dass bereits Konkretisierung eingetreten ist, wozu vor allem gehört, dass der Verkäufer Sachen mittlerer Art und Güte ausgewählt hat (§ 243 BGB; § 360 HGB)[15]. Hinzu kommen muss schließlich noch, dass sich in dem fraglichen Vorgang, der zu einem Verlust oder einer Verschlechterung der Ware geführt hat, gerade eine typische Transportgefahr realisiert hat, da sich der Anwendungsbereich des § 447 entsprechend dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (Rn 24) auf derartige Transportgefahren beschränkt, während sonstige Risiken nicht auf den Käufer verlagert werden[16]. Typische Transportgefahren in diesem Sinne sind neben Diebstahl, Verlust oder Beschädigung der Ware auf dem Transport z. B. auch deren behördliche Beschlagnahme[17].
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Aus dem Gesagten (o. Rn 24–27) folgt, dass in dem Glastransport-Fall 3 die Preisgefahr bereits mit Übergabe des Glases an den Spediteur S auf K übergegangen war. Unerheblich ist, wen die Schuld an dem Unfall trifft. Selbst wenn dies der Fahrer F des S gewesen sein sollte, handelte es sich doch für V um einen Fall zufälliger Unmöglichkeit, da der Spediteur S nicht sein Erfüllungsgehilfe ist; denn der Verkäufer V erfüllte mit der Versendung an K keine ihm dem Käufer K gegenüber obliegende Verbindlichkeit (s. § 278). K kann aber von V Abtretung dessen Schadensersatzansprüche gegen die für den Unfall verantwortlichen Personen verlangen (§ 285; §§ 421 Abs. 1 S. 2, 425 Abs. 1 und 458 HGB)[18].
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Umstritten ist die Anwendbarkeit des § 447, wenn der Verkäufer den Transport selbst durchführt. Richtiger Meinung nach handelt es sich dann nicht mehr um einen Fall zufälliger Unmöglichkeit, wenn er auf dem Transport den Untergang der Sache verschuldet. Für ein Verschulden seiner Leute muss er jetzt vielmehr ebenso wie sonst nach § 278 einstehen[19].
In der dritten Alternative von Fall 3 kann der Käufer K folglich von V Schadensersatz verlangen oder zurückzutreten, wenn die Leute des V den Untergang der Ware auf dem Transport verschuldet haben (§§ 283, 326 Abs. 5).
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Lediglich auf den Verbrauchsgüterkauf des § 474 Abs. 1 findet die für den Käufer so nachteilige Regelung des § 447 Abs. 1 grundsätzlich, dh von seltenen Ausnahmen abgesehen, keine Anwendung (§ 475 Abs. 2, Rn 21). Das gilt auch im Versandhandel.[20] § 475 Abs. 2 bedeutet nicht etwa, dass beim Verbrauchsgüterkauf, wenn der Verkäufer die Versendung der Ware übernimmt, immer eine Bringschuld (u. Rn 23) anzunehmen ist; es bleibt vielmehr bei dem grundsätzlichen Vorliegen einer Schickschuld, freilich ohne zusätzliche Anwendung des § 447[21]. Die Folge ist z. B., dass im Versandhandel Konkretisierung im Falle eines Gattungskaufs nach wie vor mit Übergabe der Ware an die Transportperson eintritt, ohne dass jedoch der Verbraucher als Käufer die Preisgefahr während des Transports tragen müsste, sofern er nicht (ausnahmsweise) selbst den Spediteur oder die sonstige Transportperson beauftragt hat (§§ 475 Abs. 2, 447). Dies ändert aber nichts daran, dass der Verkäufer frei wird, wenn die Ware während des Transports untergeht (§ 275 Abs. 1)[22].
Anmerkungen
BGHZ 174, S. 61 (68, Tz 37 ff) = NJW 2007, S. 3777 (3779).
S. BGHZ 163, S. 234 (242 ff) = NJW 2005, S. 2852 (2854); im Einzelnen str., s. Heiderhoff/Skamel, JZ 2006, S. 383; Heyers/Heuser, NJW 2010, S. 3057; Chr. Hofmann/Pammler, ZGS 2004, S. 91; Medicus/Lorenz II, § 76; Schall, NJW 2011, S. 343; Schopp, in: Festschrift f. Kolhosser Bd. II, 2004, S. 619.
Vgl zum Folgenden auch Leistungsstörungen, § 9 I (S. 143 ff) sowie z. B. Beckmann, in: Eckpfeiler, 2014, Rn N 178 ff (S. 980 ff).
Bei Geldschulden kann diese Frage nicht auftauchen, weil bei ihnen Unmöglichkeit nicht vorstellbar ist.
Lies § 446 S. 1: „… Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung…“.
BGHZ 87, S. 88 (92) = NJW 1983, 1496; BGH, LM Nr 7 zu § 447 BGB = NJW 1968, S. 1929 = JuS 1968, S. 580 Nr 4.
Beckmann, in: Eckpfeiler, 2014, Rn N 184 (S. 982) m. Nachw.; Hager, Die Gefahrtragung beim Kauf, 1982, S. 76 ff.
§ 475 Abs. 2 ist 2017 an die Stelle des wörtlich übereinstimmenden § 474 Abs. 4 von 2014 getreten.
Hager, Die Gefahrtragung beim Kauf, S. 86; str.
BGH, NJW 2014, S. 454 Tz 19 f.
BGHZ 113, S. 106 (111) = NJW 1991, S. 915 = JuS 1991, S. 511 (512) Nr 5 „Dieselkraftstoff“; OLG Köln, NJW 1995, S. 3128; Pallasch, BB 1996, S. 1121.
S. Hager, Gefahrtragung, S. 104 ff.
BGH, LM Nr 90 zu Allg. Geschäftsbedingungen = BB 1978, S. 1085 (1086); Beckmann, in: Eckpfeiler, 2014, Rn N 187; anders Wertenbruch, JuS 2003, S. 625 (627).