BGB-Schuldrecht Besonderer Teil. Volker Emmerich
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Der wichtigste ordentliche Kündigungsgrund des Vermieters ist gemäß § 573 Abs. 2 Nr 2 der sogenannte Eigenbedarf. Eine Kündigung ist nach dieser Vorschrift möglich, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, für seine Familienangehörigen, z. B. für seine Geschwister[110], oder für die zu seinem Hausstand gehörenden Personen benötigt. Daraus wird überwiegend der Schluss gezogen, dass insbesondere der Wunsch des Eigentümers, sein Haus selbst zu nutzen, bei der Auslegung des § 573 Abs. 2 Nr 2 grundsätzlich respektiert werden muss, sofern der Vermieter für seinen Wunsch vernünftige und nachvollziehbare Gründe anführen kann[111]. Hinzu kommen muss lediglich, dass es sich um möglichst aktuelle, d. h. konkret vorliegende Gründe handelt; unzulässig ist dagegen eine so genannte Vorratskündigung aufgrund eines noch unbestimmten, bloß zukünftigen Wohnbedarfs.[112] Kündigt der Vermieter dagegen ohne solche Gründe, so stellt die Kündigung eine Pflichtverletzung iS des § 280 Abs. 1 dar, die den Vermieter zum Ersatz aller etwaigen Schäden des Mieters insbesondere infolge eines Wohnungswechsels aufgrund der unberechtigten Kündigung verpflichtet[113]. Die Pflichtverletzung wird vermutet, wenn der Vermieter die Wohnung nach Auszug des Mieters gar nicht selbst nutzt, sondern wieder anderweitig vermietet.[114]
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Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses, das eine ordentliche Kündigung des Vermieters gemäß § 573 Abs. 1 S. 1 zu rechtfertigen vermag, ist nach Abs. 2 Nr 1 der Vorschrift ferner anzunehmen, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Darunter fallen im Grunde sämtliche Fälle, die gegebenenfalls auch eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr 2 und 3 sowie nach § 569 Abs. 3 zu rechtfertigen vermögen, so dass in der Praxis die Kündigung in derartigen Fällen vielfach auf alle genannten Vorschriften gleichzeitig gestützt wird. Der Vermieter kann daher insbesondere im Falle des Zahlungsverzugs des Mieters nicht nur nach § 543 Abs. 2 Nr 3, sondern unabhängig davon auch nach § 573 Abs. 2 Nr 1 kündigen. vorausgesetzt, dass der Zahlungsrückstand eine Monatsmiete übersteigt und seit mindestens einem Monat besteht.[115] Das ist deshalb so wichtig, weil in diesem Fall, jedenfalls nach Meinung des BGH[116], kein Raum für die Anwendung der Mieterschutzvorschrift des § 569 Abs. 3 Nr 2 und Nr 3 ist (s. Rn 83).
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Der Vermieter kann schließlich noch gemäß § 573 Abs. 2 Nr 3 ordentlich kündigen, wenn er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert würde und dadurch erhebliche Nachteile erlitte. Eine derartige Verwertungskündigung kommt insbesondere in Betracht, wenn dem Vermieter allein durch eine Veräußerung des Grundstücks oder durch einen Abriss des Gebäudes eine Realisierung des der Sache innewohnenden Wertes möglich ist und er andernfalls erhebliche Nachteile, z. B. große Verluste erlitte.[117]
3. Außerordentliche befristete Kündigung
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Von einer außerordentlichen befristeten Kündigung spricht man, wenn eine Partei bei Mietverhältnissen, die für eine bestimmte Zeit eingegangen sind, sowie bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit unter Abkürzung der längeren vertraglichen Kündigungsfrist aus einem besonderen Grund vorzeitig unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen kann[118]. Will der Vermieter bei Wohnraummietverhältnissen von diesen besonderen Kündigungsrechten Gebrauch machen, so müssen freilich zusätzlich die Kündigungsvoraussetzungen des § 573 erfüllt sein (§ 573d Abs. 1, s. Rn 78 f). Die wichtigsten hierher gehörigen Fälle sind auf der Mieterseite die Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen (§ 555e; o. Rn 31), die Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung (§ 540 Abs. 1 S. 2; o. Rn 21) sowie eine Mieterhöhung nach den §§ 558 oder 559 (§ 561; o. Rn 63), auf der Seite des Vermieters dagegen der Erwerb des Grundstücks in der Zwangsversteigerung (§ 57a ZVG) sowie für beide Parteien der Tod des Mieters (§ 564 S. 2) und die Vereinbarung eines Mietverhältnisses für eine längere Zeit als dreißig Jahre (§ 544).
4. Außerordentliche fristlose Kündigung
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Die zweite Form der außerordentlichen Kündigung ist die fristlose Kündigung, die einer Partei aus besonderem Anlass (ausnahmsweise) die sofortige Lösung der Vertragsbeziehung zu der anderen Partei erlaubt. Die gesetzliche Regelung findet sich in den §§ 543 und 569 sowie ergänzend in § 314. An der Spitze der Regelung steht die Generalklausel des § 543 Abs. 1 S. 1, nach der bei Vorliegen eines wichtigen Grundes jede Vertragspartei das Mietverhältnis fristlos kündigen kann. Ein wichtiger Grund liegt nach § 543 Abs. 1 S. 2 vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Parteien, die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist. Die wichtigsten Fallgruppen von Kündigungsgründen sind auf der Seite des Vermieters die Verletzung von Aufklärungs- oder Treuepflichten durch den Mieter, insbesondere in Gestalt einer Erfüllungsverweigerung, schwere Beleidigungen oder Tätlichkeiten, sowie auf der Seite des Mieters gleichfalls in erster Linie Täuschungsversuche und sonstige Treuepflichtverletzungen des Vermieters, wiederum vor allem durch eine Erfüllungsverweigerung. Ein Rückgriff auf die Generalklausel des § 314 ist nach Meinung des BGH neben den §§ 543 und 569 nicht möglich.[119]
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Das Gesetz enthält außerdem in § 543 Abs. 2 Nrn 1 bis 3 und § 569 Abs. 1, 2 und 2a insgesamt sechs Beispielstatbestände, bei deren Erfüllung immer von dem Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 543 Abs. 1 auszugehen ist. Nach § 543 Abs. 2 Nr 1 kann zunächst der Mieter fristlos kündigen, wenn ihm der vertragsgemäße Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird. Die Kündigung setzt hier im Regelfall voraus, dass der Vermieter zuvor eine ihm vom Mieter bestimmte angemessene Frist zur Abhilfe fruchtlos verstreichen ließ (§ 543 Abs. 3 S. 1). Unter § 543 Abs. 2 Nr 1 fallen namentlich Rechts- und Sachmängel, sodass das Kündigungsrecht des Mieters hier dieselbe Funktion wie der Rücktritt beim Kauf hat. Eine ergänzende Regelung für die Raummiete findet sich in § 569 Abs. 1 (iVm § 578 Abs. 2 S. 2), nach dem der Mieter außerdem fristlos kündigen kann, wenn die Räume so beschaffen sind, dass ihre Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit des Mieters, seiner Angehörigen oder seiner Mitarbeiter verbunden ist.
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Der wichtigste außerordentliche Kündigungsgrund auf der Seite des Vermieters ist der Zahlungsverzug des Mieters. Das Gesetz unterscheidet insoweit in § 543 Abs. 2 Nr. 3 iVm § 569 Abs. 3 zwei Fälle: Der erste Fall liegt vor, wenn der Mieter an zwei aufeinanderfolgenden Terminen mit der Entrichtung der Miete oder eines erheblichen Teils der Miete in Verzug ist (§ 543 Abs. 2 Nr 3 lit a); erheblich in diesem Sinne ist der Rückstand grundsätzlich, wenn er eine Monatsmiete übersteigt (vgl für die Wohnraummiete § 569 Abs. 3 Nr 1), vorausgesetzt, dass dieser Rückstand