BGB-Schuldrecht Besonderer Teil. Volker Emmerich
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2. Mangel
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Ein Sachmangel liegt nach § 536 Abs. 1 S. 1 vor, wenn die Mietsache einen Zustand aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt. Maßstab ist somit allein die zum jeweiligen vertragsgemäßen Gebrauch nötige sog. Beschaffenheit der Sache. Jede ungünstige Abweichung der Mietsache von dieser sog. Sollbeschaffenheit bildet maW einen Mangel[63]. Maßgebend sind immer die Abreden der Parteien, z. B. über den geschuldeten Standard der gemieteten Räume. Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien über diesen zentralen Punkt, etwa hinsichtlich des Schallschutzes oder der Isolierung der Wände, so ist im Zweifel auf den bei Errichtung des Gebäudes üblichen Standard abzustellen[64]. Anders wird lediglich hinsichtlich des gebotenen Gesundheitsschutzes entschieden. Außerdem kann jeder Mieter immer einen Mindeststandard verlangen, der ein zeitgemäßes Wohnen überhaupt erst ermöglicht, so dass in jeder Wohnung zumindest die nach heutigen Anschauungen unabdingbaren Anschlüsse für Wasser und Strom vorhanden sein müssen, sofern nicht ausdrücklich das Gegenteil vereinbart ist.[65]
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Die wichtigste Erscheinungsform der Mängel sind Baumängel. Handelt es sich um einen Geschäftsraummietvertrag, so müssen die Räume z. B. zur Aufnahme des bezweckten Gewerbebetriebs geeignet sein[66]. Einen Baumangel stellt es außerdem dar, wenn die tatsächliche Mietfläche, berechnet im Zweifel nach der WohnflächenVO von 2003, um mindestens 10% hinter der im Mietvertrag festgelegten Fläche der vermieteten Räume zurückbleibt, vorausgesetzt, dass es sich bei der Größenangabe in dem Mietvertrag – wie in der Regel – um eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung und nicht nur um eine unverbindliche Objektbeschreibung handelt.[67] Öffentlich-rechtliche Benutzungsverbote, durch die der Mieter am vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehindert wird, bilden gleichfalls einen Sachmangel, sofern sie auf der Beschaffenheit oder der Lage der Mietsache beruhen und ihre Ursache nicht lediglich in den persönlichen Verhältnissen des Mieters haben[68]. Dasselbe gilt für Störungen des Mieters durch Immissionen wie z. B. Lärm aus der Nachbarschaft (sog Umweltfehler), wobei es richtiger Meinung nach keine Rolle spielt, ob der Vermieter überhaupt in der Lage ist, diese Störquellen zu beseitigen[69]. Die abweichende Auffassung des BGH widerspricht dem Gesetz (§ 536 Abs. 1) und schränkt ohne Rechtfertigung den Mieterschutz bedenklich sein.[70]
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Nach § 536 Abs. 2 gelten die Sätze 1 und 2 des ersten Absatzes der Vorschrift entsprechend, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt. Eine Zusicherung liegt vor, wenn der Vermieter in vertraglich bindender Weise versprochen hat, unbedingt für das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer bestimmten Eigenschaft der Mietsache einstehen zu wollen.[71] Dies wird nur selten bejaht.
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Rechtmängel stehen nach § 536 Abs. 3 ebenfalls Sachmängeln gleich, sofern durch das (private) Recht eines Dritten dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Sache ganz oder teilweise entzogen wird. Darunter fallen gleichermaßen dingliche wie obligatorische Rechte Dritter, durch die der Mieter (tatsächlich) in dem ihm zustehenden vertragsgemäßen Gebrauch gestört wird[72], wozu erforderlich ist, dass das Recht des Dritten überhaupt geltend gemacht wird, da es andernfalls an einer Störung des Mieters fehlt[73]. Beispiele sind insbesondere das Eigentum oder der Nießbrauch eines Dritten an der Mietsache. Aber auch die mehrfache Vermietung derselben Sache (sog. Doppelmiete) führt nach § 536 Abs. 3 zur Annahme eines Rechtsmangels, sobald der eine Mieter, der in den Besitz der Sache gelangt ist, dem anderen mit Rücksicht auf sein Besitzrecht die Herausgabe der Sache verweigert[74].
3. Rechtsfolgen
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Wenn ein Sach- oder Rechtsmangel vorliegt, kann der Mieter vom Vermieter in erster Linie Erfüllung durch Beseitigung des Mangels verlangen (§ 535 Abs. 1 S. 2; o. Rn 17). Solange der Vermieter diesem Verlangen des Mieters nicht nachgekommen ist, hat der Mieter nach dem Gesetz (§ 320) außerdem das Recht, die Miete ganz oder zum Teil zurückzubehalten, um einen Druck auf den Vermieter zur Beseitigung der Mängel auszuüben. Soweit der BGH neuerdings dem Zurückbehaltungsrecht des Mieters aufgrund des § 320 bei Mängeln entgegen dem Gesetz ganz enge Grenzen zieht,[75] ist dem nicht zu folgen, weil dadurch der Mieterschutz ohne Not erheblich eingeschränkt wird. Solange der Mangel besteht, wird der Mieter außerdem nach § 536 Abs. 1 S. 1 und 2 kraft Gesetzes, also anders als beim Kauf (S. § 441 und dazu o. § 5 Rn 21 f) automatisch, ganz oder teilweise von der Verpflichtung zur Zahlung der Miete befreit, je nachdem, ob durch den Mangel die Tauglichkeit der Sache zum Vertragszweck vollständig oder nur zum Teil aufgehoben wird. Zweck der Minderung ist es, die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen sicherzustellen (sogenanntes Äquivalenzprinzip). Deshalb berechnet sich die Minderung nach der Bruttomiete (einschließlich aller Vorauszahlungen)[76].
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In drei Fällen kann der Mieter nach § 536a bei Vorliegen eines Rechts- oder Sachmangels vom Vermieter außerdem Schadensersatz verlangen. Der erste Fall liegt vor, wenn der Mangel schon bei Abschluss des Vertrages vorhanden war, in diesem Fall auch ohne Rücksicht darauf, ob den Vermieter ein Verschulden trifft (sog. Garantiehaftung für anfängliche Mängel). Voraussetzung ist lediglich, dass bei Vertragsabschluss bereits die Ursachen des späteren Schadens vorliegen, während der Mangel selbst noch nicht hervorgetreten zu sein braucht, sodass der Vermieter auch die Gefahr versteckter oder geheimer Mängel trägt[77]. Der Vermieter ist außerdem schadensersatzpflichtig, wenn der Mangel später infolge eines Umstandes entsteht, den er zu vertreten hat, wobei vor allem an eine schuldhafte Verletzung seiner Prüfungs- oder Instandsetzungspflicht zu denken ist. Eine Schadenersatzpflicht des Vermieters kommt schließlich noch in Betracht, wenn er mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug ist (u. Rn 51). Nach § 284 kann der Mieter in den genannten Fällen ferner statt des Schadensersatzes Aufwendungsersatz verlangen. In Betracht kommen hier vor allem seine im Falle einer Kündigung wegen der Mängel (§ 543 Abs. 2 Nr 1) nutzlos aufgewandten Kosten für die Erlangung und die Herrichtung der Räume[78].
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Wenn der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug ist, wozu grundsätzlich eine Mahnung des Mieters erforderlich ist (§§ 286, 535 Abs. 1 S. 2), kann der Mieter den Mangel außerdem selbst beseitigen und ebenfalls Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen (§ 536a Abs. 2 Nr 1). Beseitigt der Mieter dagegen Mängel, bevor der Vermieter in Verzug geraten ist, so handelt er auf eigene Gefahr, sodass er, von Notfällen abgesehen (s. § 536a Abs. 2 Nr 2), keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz hat[79].
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In Fall 10 waren nach dem Gesagten (o. Rn 50) die Voraussetzungen für eine Haftung des V und später des W aus § 536a Abs. 1 Fall 1 (iVm § 566) gegeben, da der Mangel bereits bei Vertragsabschluss vorgelegen hatte, sodass die Mieterin M Schadensersatz verlangen kann. Dieser Anspruch umfasst außer