Internationales Privatrecht. Thomas Rauscher
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Das in vielen interreligiös gespaltenen Rechtsordnungen auf Muslime anwendbare islamische Recht kennt den mahr (Morgengabe), der bei Eheschließung vertraglich vereinbart wird. Wird eine in einem solchen Rechtskreis geschlossene Ehe geschieden und vor einem deutschen Gericht Verurteilung zur Zahlung des damals vereinbarten mahr begehrt, so muss eine Anknüpfung für dieses dem deutschen Recht unbekannte Rechtsinstitut gefunden werden.
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Seit 1.7.1998 kennt das deutsche Recht (im Familienrecht und im IPR) die Legitimation nicht mehr, weil nicht mehr zwischen Ehelichkeit und Nichtehelichkeit der Abstammung unterschieden wird. Die Legitimation als Übergang von einem nichtehelichen zu einem ehelichen Status kann jedoch weiterhin als Vorfrage eine Rolle spielen, wenn eine Bestimmung in einer anwendbaren ausländische Rechtsordnung die eheliche Abstammung voraussetzt, das Kind außerhalb der Ehe der Mutter geboren wurde und die Eltern später die Ehe schließen. ZB wird die Staatsangehörigkeit von Malta bei Abstammung von einem maltesischen Vater nur erworben, wenn das Kind ehelich ist (Art. 5, 17 Abs. 1 lit. a Maltese Citizenship Act).[1]
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Das italienische Recht kennt außer der Ehescheidung auch eine Ehetrennung, die vom Gericht ausgesprochen oder bestätigt werden kann (Art. 150 cc); diese Trennung hat auch Bedeutung als Voraussetzung für die Ehescheidung (Art. 3 Legge 898/1970).[2] Beantragt ein in Deutschland lebender Italiener vor einem deutschen Familiengericht eine solche separazione giudiziale (gerichtliche Ehetrennung bei Fortbestand des Ehebandes) von seiner italienischen Ehegattin, so bedarf es der Qualifikation dieses Rechtsinstituts unter einen der im deutschen IPR vorhandenen Systembegriffe.
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2. Auch für diese Frage kommt eine Qualifikation aus Sicht des deutschen Rechts oder der anderen betroffenen Rechtsordnung in Betracht. Sie unterscheidet sich von der dritten Frage insoweit, als der Sachverhalt – rein tatsächlich – bereits von Anfang an mit einer Rechtsordnung verbunden war, die sich die Beteiligten, gleichviel ob seinerzeit kollisionsrechtlich korrekt oder in laienhafter Anknüpfung, zum Vorbild genommen haben.
V. Gesamtverweisung: Systemunterschiede im deutschen und im fremden IPR
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1. Das fünfte Qualifikationsproblem tritt auf, wenn das deutsche IPR eine Rechtsfrage oder einen Lebenssachverhalt anders qualifiziert als das verwiesene IPR: Aufgrund der eigenen Qualifikation wird die Rechtsfrage als einem bestimmten Systembegriff zugehörig behandelt; die dafür vorgesehene Verweisung führt als Gesamtverweisung in das Recht eines Staates, aus dessen Sicht das zu entscheidende Problem einem anderen Systembegriff angehört. Ein ähnliches Problem stellt sich, wenn das deutsche IPR ausnahmsweise eine unselbständige Anknüpfung einer Vorfrage in einer ausländischen Norm vorsieht, weil auch in diesem Fall dem ausländischen Recht und seinem IPR die Anknüpfung übergeben wird.
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Eine Italienerin heiratet in Deutschland einen Deutschen; für die Frage, wie die Ehefrau nach Eheschließung heißt, verweist Art. 10 Abs. 1 in ihr italienisches Heimatrecht. Das italienische IPRG behandelt den Namenserwerb durch Eheschließung jedoch nicht als Frage des Namensstatuts, sondern als Frage des Ehewirkungsstatuts (Art. 24 Abs. 1 Hs. 2 italIPRG). Wendet der deutsche Standesbeamte die italienische namenskollisionsrechtliche Norm an oder bestimmt er das Ehewirkungsstatut – aus deutscher oder aus italienischer Sicht?
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Schadensersatzansprüche wegen Verlöbnisbruch werden im deutschen IPR familienrechtlich analog Art. 13 Abs. 1 qualifiziert, wobei strittig ist, welche der beiden von Art. 13 Abs. 1 berufenen Rechtsordnungen bei Verlobten unterschiedlicher Staatsangehörigkeit entscheidet. Das französische Recht ordnet Verlöbnisbruchansprüche deliktisch ein, knüpft also an den Ort der Deliktsbegehung an.
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2. Die Antwort auf diese Qualifikationsfrage liegt aus ähnlichen Gründen wie jene auf die erste Frage (oben Rn 445) geradezu auf der Hand und ist unstrittig: Durch die Gesamtverweisung hat das deutsche IPR die Frage an das fremde IPR übergeben; Ziel der Gesamtverweisung ist die Entscheidungsharmonie, die nur dadurch erreichbar ist, dass die Kollisionsnorm Anwendung findet, die nach dem fremden Recht anwendbar ist.
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Der deutsche Standesbeamte folgt also bei der Bestimmung des Namensstatuts der italienischen Qualifikation und bestimmt das – aus italienischer Sicht – maßgebliche Ehewirkungsstatut.
Eine Rück- oder Weiterverweisung des französischen Deliktskollisionsrechts ist für die Verlöbnisansprüche beachtlich; das kann freilich sodann zu einem Problem des dritten Typs führen, wenn die letztlich anwendbare Rechtsordnung keine deliktischen, aber familienrechtliche Ansprüche bereithält.
Teil II Allgemeine Lehren des IPR › § 4 Qualifikation › B. Methoden der Qualifikation
I. Rechtsvergleichende Systembegriffe
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1. Eine nur in der idealisierten Welt der Theorie existierende Methode der Qualifikation will alle Qualifikationsprobleme dadurch hinfällig machen, dass mit der Methode der Rechtsvergleichung ein einheitlich abgrenzendes System geschaffen wird, das in allen Qualifikationsfragen die nationalen Systeme ablöst und deshalb keine Systemunterschiede mehr produziert (diese These geht auf Ernst Rabel[3] zurück). Dieses Ziel ist als Ganzes gesehen unerreichbar, weil nicht nur die Fülle der Rechtsinstitute entgegensteht, sondern diese auch innerhalb der jeweiligen Rechtsordnung in Funktionszusammenhängen stehen, aus denen sie nicht ohne weiteres herausgelöst werden können. Die Normen haben aus rechtsvergleichender Sicht in verschiedenen Fällen unterschiedliche Funktionen.
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2. Der Rechtsvergleichung kommt jedoch eine wichtige Aufgabe bei der Qualifikation zu, die aber nicht in der Schaffung eines übernationalen Systems besteht, sondern in der Ermittlung der Funktion einer ausländischen oder deutschen Bestimmung, die in dem angewendeten System nicht ohne weiteres randscharf einem bestimmten Systembegriff unterfällt (funktionelle Qualifikation, dazu Rn 473 ff).
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3. Zur Lösung der Qualifikationsfragen durch Rückgriff auf eine nationale Rechtsordnung werden verschiedene Methoden erörtert, die sich grundsätzlich unterscheiden lassen in Qualifikation nach eigenem Recht (autonome Qualifikation) und nach ausländischem Recht (heteronome Qualifikation).
II. Qualifikation lege fori
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1. Am häufigsten vertreten wird die Qualifikation nach der lex fori, aus deutscher Sicht also