Internationales Privatrecht. Thomas Rauscher

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Nachlass gehörten, welche im Erbscheinsverfahren als wertlos nicht erwähnt worden waren. Diese Erbscheine sind unrichtig; auf in der DDR belegene Grundstücke kam innerdeutsch entsprechend Art. 3 Abs. 3 aF das Recht der DDR zur Anwendung, weil § 25 Abs. 2 RAG diese Anwendung beanspruchte.

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      Rechtsfolge des Art. 3a Abs. 2 ist die Anwendung der Sonderregeln des Belegenheitsrechts. Dies folgt zwar nicht aus dem Wortlaut; die Lücke im Gesamtstatut, die das Einzelstatut schlägt, wird aber vom deutschen IPR nur deshalb beachtet, damit das Einzelstatut sich durchsetzen kann. Das jeweilige Vermögen (Nachlass, Vermögen der Ehegatten) wird durch die Beachtung des Einzelstatuts geteilt. Handelt es sich um materielle Sondervorschriften, so finden diese auf den betroffenen Teil Anwendung; im Übrigen gilt das Gesamtstatut.

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      Bei kollisionsrechtlicher Sonderanknüpfung ergeben sich wie im Fall des gespaltenen renvoi unterschiedliche Vermögensmassen, die jeweils einheitlich nach der sie beherrschenden Rechtsordnung beurteilt werden.

      Literatur:

      Ludwig Zur Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 3 EGBGB im Internationalen Ehegüterrecht bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs nach deutschem Recht, DNotZ 2000, 663.

      Teil II Allgemeine Lehren des IPR§ 6 Korrektur der Verweisung › B. Anpassung (Angleichung)

B. Anpassung (Angleichung)

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      Anpassung bedeutet die Korrektur von widersprüchlichen Ergebnissen, die durch das Aufeinandertreffen von Rechtsordnungen hervorgerufen werden, die nicht aufeinander abgestimmt sind. Die kollisionsrechtliche Qualifikation zerlegt einen Lebenssachverhalt in einzelne Rechtsfragen, die aufgrund der Anknüpfungs- und Verweisungsregeln unterschiedlichen Rechtsordnungen unterstehen können.

      In einer Ehe zwischen einer Deutschen und einem Österreicher ist Erbstatut nach dem zuerst verstorbenen Ehemann österreichisches Recht (Art. 25 Abs. 1 aF; ebenso bei Heimatrechtswahl Art. 22 Abs. 1 EU-ErbVO); Ehegüterstatut der Erblasserehe ist aber deutsches Recht, wenn die Ehegatten keine gemeinsame Staatsangehörigkeit hatten und seit der Eheschließung in Deutschland gelebt haben (Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr 2).

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      Jede Rechtsordnung versucht zwar, in sich abgestimmt zu sein. Im Verhältnis zu jeder denkbaren ausländischen Rechtsordnung kann eine solche Abstimmung hingegen nicht bestehen.

      Eine häufige Quelle solcher Widersprüche ist § 1371 Abs. 1 BGB. Der Zugewinnausgleich von Todes wegen, der schon aus Sicht des deutschen Kollisionsrechts schwer qualifizierbar ist (Rn 477, 485), trifft, folgt man mit dem BGH der güterrechtlichen Qualifikation, nicht selten auf ein fremdes Erbstatut. Gibt dieses dem überlebenden Ehegatten im Verhältnis zu Abkömmlingen eine deutlich höhere Erbquote als das deutsche Erbrecht (§ 1931 Abs. 1 BGB: ein Viertel), auf das § 1371 Abs. 1 BGB abgestimmt ist, so wird die formale Anwendung von § 1371 Abs. 1 BGB unbillig (zB Erhöhung einer Erbquote von ½ um ein weiteres Viertel) oder unmöglich (wenn der Ehegatte bereits nach dem Erbstatut mehr als ¾ erhält).

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      Ursache von Anpassungsbedarf sind also nicht Mängel der einzelnen beteiligten Rechtsordnungen, sondern die technische Auflösung des Sachverhalts („analytische Methode des IPR“) durch die kollisionsrechtliche Anknüpfung. Dabei kann es zu drei Typen von Normwidersprüchen kommen:

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      1. Normenmangel liegt vor, wenn für ein Rechtsproblem keines der beteiligten Statuten eine Lösung enthält.

      Romanische Rechtsordnungen gestalten die Nachlassbeteiligung des überlebenden Ehegatten traditionell schwach aus. Die erbrechtliche Beteiligung des überlebenden Ehegatten wurde zunächst verbreitet nur als lebzeitiger Nießbrauch an einem Nachlassteil ausgestaltet. So erbte zB der Ehegatte nach niederländischem Recht bis zum Inkrafttreten des 2. Buches des Nieuw Burgerlijk Wetboek (1982) nicht neben Abkömmlingen. Daneben besteht aber regelmäßig als gesetzlicher Güterstand eine Errungenschaftsgemeinschaft, die dem überlebenden Ehegatten einen hälftigen Anteil sichert. Trifft eine solche Rechtsordnung als Erbstatut auf ein Ehegüterstatut mit Gütertrennung, so erhält der überlebende Ehegatte bei formaler Kombination beider Normausschnitte nichts oder sehr viel weniger als nach jeder beteiligten Rechtsordnung für sich genommen.

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      Normenmangel führt dazu, dass Problemlösungen, die innerhalb jeder der beteiligten Rechtsordnungen in einer oder der anderen Einordnung im Ergebnis existieren, in der Kombination beider Rechtsordnungen fehlen, weil sie jeweils dem „falschen“ (nicht anzuwendenden) Teil der Rechtsordnung angehören. Normenmangel kann auch graduell auftreten, muss also nicht in der gänzlichen Nichtgewährung eines Anspruchs bestehen.

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      2. Normenhäufung entsteht, wenn für ein Rechtsproblem mehrere beteiligte Rechtsordnungen Lösungen enthalten, die in Kumulation zu einer von keiner Rechtsordnung gewollten Vermehrung von Ansprüchen führen. Auch Normenhäufung ist ein graduelles Phänomen, bedeutet also nicht notwendig eine Situation des Alles oder Nichts.

      In den US-Bundesstaaten, welche dem Modell des Uniform Probate Code folgen, erhält der überlebende Ehegatte neben Abkömmlingen $ 50.000 und die Hälfte des restlichen Nachlasses. Daneben erhält er neben Abkömmlingen keinen güterrechtlichen Ausgleich. Ist Erbstatut eine solche Rechtsordnung und Güterstatut deutsches Recht, so würde die Anwendung von § 1371 Abs. 1

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