AGB-Recht. Martin Schwab
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1.) | Im Beispiel 36 c) ist der Eigentumsvorbehalt als branchenüblich anzusehen. Man darf daher davon ausgehen, dass der Käufer stillschweigend mit der Klausel einverstanden ist, wonach der Verkäufer lediglich zur Lieferung unter Eigentumsvorbehalt verpflichtet ist[20]. Freilich lehnt der BGH dies Ergebnis ab, soweit der Käufer in seinen AGB eine Abwehrklausel gegen die gesamten AGB des Verkäufers niedergelegt hat[21]. Indes wird zu zeigen sein, dass eine Abwehrklausel in AGB des Käufers, die einen einfachen Eigentumsvorbehalt des Verkäufers ausschließen soll, unwirksam ist und deshalb auch keine Kollision von AGB hervorrufen kann (sogleich Rn. 155 sowie unten Rn. 159 ff.). |
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2.) | Im Beispiel 36 d) ist die Frage der Bedingungen des Eigentumsübergangs an sich in beiden AGB geregelt. Gleichwohl handelt es sich deshalb um „einseitig“ geregelte AGB, weil die AGB des Käufers auch einen einfachen Eigentumsvorbehalt ausschließen und dies nach richtiger Ansicht (unten Rn. 159 ff.) nach § 307 II Nr. 1 BGB unwirksam ist. Gleichwohl bedeutet dies nunmehr nicht, dass nunmehr ausschließlich die AGB des Verkäufers gelten; denn der Käufer hat sich mit ihnen nicht ausdrücklich einverstanden erklärt. Ein stillschweigendes Einverständnis ist, da der Kontokorrentvorbehalt den Käufer benachteiligt, nicht anzunehmen. Es gilt also das dispositive Gesetzesrecht, nämlich § 320 I BGB: Der Verkäufer darf die Lieferung als Ganzes von der gleichzeitigen Kaufpreiszahlung abhängig machen. Er darf erst recht die Übergabe vorher bewirken und lediglich die Übereignung an die gleichzeitige Zahlung binden. Er darf aber nicht die Übereignung mit Rücksicht auf Forderungen verweigern, die nicht gerade die konkret gelieferte Kaufsache betreffen. Er darf mithin unter einfachem, nicht aber unter erweitertem Eigentumsvorbehalt liefern. |
d) In Sonderheit: Meinungsverschiedenheiten über die Einbeziehung eines einfachen Eigentumsvorbehalts
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Abweichendes von der soeben Rn. 154 gefundenen Lösung soll im Beispiel 36 c) nach Ansicht des BGH gelten, wenn der Käufer sich mit Hilfe einer Abwehrklausel gegen den Eigentumsvorbehalt des Verkäufers verwahrt hat. Dann soll auch die Branchenüblichkeit des Eigentumsvorbehalts diesen nicht zum Vertragsbestandteil machen können: Wenn eine bestimmte Klausel in einer Branche regelmäßig verwendet werde, so könne dies ein stillschweigendes Einverständnis des Klauselgegners allenfalls indizieren. Wehre sich dieser aber, indem er den AGB des Verwenders eine Abwehrklausel entgegensetze, so entfalle diese Indizwirkung, da der Klauselgegner nunmehr ausdrücklich widersprochen habe[22].
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Denkt man diese Handhabung konsequent fort, so ist auf ihrem Boden mangels wirksamer Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts der Verkäufer schuldrechtlich zur vorbehaltlosen Übereignung verpflichtet. In der Tat behaupten der BGH und ein erheblicher Teil der Literatur, der Verkäufer, dem es nicht gelungen sei, in Verhandlungen mit dem Käufer einen Eigentumsvorbehalt durchzusetzen, verhalte sich auf schuldrechtlicher Ebene vertragswidrig, wenn er nunmehr die Übereignung unter Eigentumsvorbehalt anbiete[23]. Wäre dies richtig, so müsste man auf dinglicher Ebene folgern, das Übereignungsangebot dürfe, wenn es nicht nunmehr ausdrücklich unter Eigentumsvorbehalt gestellt werde, vom Käufer als unbedingtes verstanden werden[24]. In der Tat fehlt es im Schrifttum nicht an Stimmen, die einen erst bei Anlieferung erklärten Eigentumsvorbehalt (sofern er, wie etwa auf Lieferscheinen, für eine Vielzahl von Übereignungen vorformuliert ist und damit die Merkmale einer AGB erfüllt) als überraschende Klausel gemäß § 305c I BGB betrachten, die daher nicht Bestandteil des Übereignungsangebots werde[25]. Der BGH ist demgegenüber der Auffassung, dass auf dinglicher Ebene gerade angesichts der Widersprüche in den beiderseitigen AGB der Eigentumsvorbehalt jedenfalls Bestandteil des Übereignungsangebots werde: Der Käufer müsse angesichts der AGB des Verkäufers davon ausgehen, dass dieser nur bedingt übereignen wolle. Nehme er das Übereignungsangebot in dieser Form an, so stehe dieses daher unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung[26]. Das gleiche gilt erst recht, wenn der Eigentumsvorbehalt bei Anlieferung ausdrücklich erklärt wird[27].
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Tipp
Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Verkäufer zur vorbehaltlosen Übereignung verpflichtet, wenn es ihm nicht gelungen ist, im Kaufvertrag seine Berechtigung zur Lieferung unter Eigentumsvorbehalt durchzusetzen. Bietet er gleichwohl die Übereignung unter Eigentumsvorbehalt an und nimmt der Käufer dies Angebot an, so ist das Eigentum auf dinglicher Ebene wirksam vorbehalten; der Verkäufer bleibt bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises Eigentümer. Bei kollidierenden AGB in der Frage des Eigentumsvorbehalts muss der Käufer das Übereignungsangebot als ein solches unter Eigentumsvorbehalt verstehen, auch wenn dieser bei Anlieferung nicht nochmals wiederholt wird.
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Bei dieser Rechtsprechung darf die anwaltliche Beratung nicht stehenbleiben. Denn sie verkennt zum einen das Recht des Verkäufers, nach § 320 I BGB die Übereignung bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises zu verweigern, und verstößt zum anderen zum Nachteil des Verkäufers gegen die Zahlungsverzugsrichtlinie. Richtigerweise ist selbst ohne die Einbeziehung des Eigentumsvorbehalts in den Kaufvertrag eine Verpflichtung des Verkäufers zu vorbehaltloser Übereignung zu verneinen:
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Nach § 320 I BGB muss er vor Zahlung des Kaufpreises überhaupt nicht und erst recht nicht unbedingt übereignen. Der Verkäufer, der unter Eigentumsvorbehalt liefert, tut also ohnehin schon mehr, als er kraft dispositiven Gesetzesrechts eigentlich tun müsste[28]: Er leistet hinsichtlich der Übergabe vor, besteht aber hinsichtlich der Eigentumsverschaffung auf Leistung Zug um Zug. Das dispositive Gesetzesrecht erlaubt also ohne weiteres dem Verkäufer, unter Eigentumsvorbehalt zu liefern. Die Feststellung des BGH, das dispositive Recht kenne keinen Eigentumsvorbehalt ohne Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer[29], ist vor diesem Hintergrund schlicht verfehlt. Vielmehr verbietet sich die Argumentation, der Verkäufer, der einen Eigentumsvorbehalt nicht durchzusetzen vermöge, müsse damit leben, dass er unbedingt zu übereignen habe: Wegen § 320 BGB ist er nämlich gar nicht darauf angewiesen, den Eigentumsvorbehalt im Vertrag „durchzusetzen“; vielmehr ist das Umgekehrte der Fall: Der Käufer muss es durchsetzen, wenn ihm an einer Vorleistungspflicht des V gelegen ist. Diese Handhabung gebietet auch Art. I der Zahlungsverzugsrichtlinie[30]: Nach dieser Vorschrift haben die Mitgliedstaaten der EU sicherzustellen, dass Lieferanten sich das Eigentum an der gelieferten Ware vorbehalten können. Diese Vorschrift betont zwar, dass dies nur gelten