Sanktionsbewehrte Aufsichtspflichten im internationalen Konzern. Andreas Minkoff
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Darüber hinaus können Weisungen gem. § 308 Abs. 1 AktG grundsätzlich nur gegenüber dem Vorstand des beherrschten Unternehmens erteilt werden.[10] Eine direkte Weisung gegenüber nachgeordneten Mitarbeitern scheidet damit grundsätzlich aus.[11] Allerdings können entsprechende Rechte mit Zustimmung des Tochtervorstandes vertraglich gesondert vereinbart werden.[12] Hinsichtlich des Umfangs erstreckt sich das Weisungsrecht dabei auf den gesamten Leitungsbereich des Vorstandes gem. § 76 Abs. 1 AktG.[13] Die Vertretung der abhängigen Gesellschaft verbleibt jedoch Aufgabe ihrer Organe gem. § 78 AktG.[14]
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Entsprechendes gilt für die Eingliederung. Das Weisungsrecht ergibt sich hier aus § 323 Abs. 1 S. 1 AktG. Nach §§ 323 Abs. 1 S. 2, 308 Abs. 2 S. 1 AktG sind auch in diesem Fall die Weisungen für den Vorstand der eingegliederten Gesellschaft bindend. Da es bei der Eingliederung keine Minderheitsaktionäre gibt und auch die Interessen der Gläubiger durch die Gläubigerschutz- und Haftungsregelungen der §§ 321, 322 AktG ausreichend gewahrt sind, ist das Vorliegen eines Konzerninteresses i.S.d. § 308 Abs. 1 AktG für die Zulässigkeit der Weisung im Rahmen der Eingliederung nicht erforderlich.[15] Hinsichtlich der Sorgfaltsanforderungen gelten jedoch die Bestimmungen der §§ 309, 310 AktG gem. § 323 Abs. 1 S. 2 AktG sinngemäß.[16]
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Im faktischen Aktienkonzern und in den Fällen der bloßen Abhängigkeit gem. § 17 Abs. 1 AktG ist ein derartiges Weisungsrecht nicht vorgesehen.[17] Zwar kann das herrschende Unternehmen auch hier versuchen, Einfluss auf die Leitung des abhängigen Unternehmens zu nehmen. Allerdings ist der Vorstand der abhängigen Gesellschaft dabei nicht verpflichtet, entsprechenden Anweisungen Folge zu leisten.[18] Dem Vorstand steht es vielmehr frei, die Vorstellungen der Obergesellschaft umzusetzen.[19] Um auch im Rahmen der Begriffsverwendung diese Unterschiede zu betonen, wird im Gesetz anstelle der verbindlichen Weisung von einer Veranlassung gesprochen.[20] Der Vorstand der beherrschten Gesellschaft kann dabei auch für die eigene Gesellschaft nachteiligen Veranlassungen entsprechen, sofern die Obergesellschaft die hierdurch entstehenden Nachteile gem. § 311 Abs. 1 AktG ausgleicht.[21] Findet ein entsprechender Ausgleich nicht statt, ist die Obergesellschaft gem. § 317 Abs. 1 S. 1 AktG zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet.[22]
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Abseits der Fälle beherrschter Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien gelten für den Fall beherrschter Gesellschaften mit beschränkter Haftung wie gezeigt besondere Bestimmungen. Auch ohne dem Vorliegen eines Beherrschungsvertrages bestehen hier schon weitreichende Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter, insbesondere durch die Möglichkeiten der Weisungen im Rahmen der Gesellschafterversammlung gem. § 37 GmbHG.[23] Die damit verbundenen Rechte der Gesellschafter beziehen sich nicht nur auf generelle Weisungen, sondern können auch die Umsetzung konkreter Maßnahmen betreffen.[24] Im Falle verbundener Unternehmen stehen sie damit dem herrschenden Gesellschafter zur Verfügung.[25] Sofern ein Alleingesellschafter handelt, ist dabei auch nicht die Herbeiführung eines Gesellschafterbeschlusses erforderlich.[26] Mit den Worten des BGH wäre die Herbeiführung eines Beschlusses dann eine „nutzlose Förmelei“.[27] Die entsprechende Anwendung der §§ 311 ff. AktG scheidet insofern aus, da diese Regelungen von der grundsätzlich unabhängigen Geschäftsleitung einer Aktiengesellschaft ausgehen.[28] An die Stelle der Regelungen im Aktiengesetz treten vielmehr die durch den BGH entwickelten, mitgliedschaftlichen Treuepflichten.[29] Im Kern liegt darin vor allem ein generelles Schädigungsverbot des herrschenden Unternehmens, das jede schädigende Einflussnahme auf die abhängige Gesellschaft verbietet. In diesem Rahmen besteht auch keine Möglichkeit eines Nachteilsausgleichs analog § 311 Abs. 2 AktG, um die Zulässigkeit schädigender Einflussnahmen herzustellen.[30]
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Gleichwohl damit die Möglichkeiten der Einflussnahme bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung ohnehin weitreichend sind, werden Beherrschungsverträge damit nicht entbehrlich. Sie ermöglichen insbesondere direkte Weisungen an die Geschäftsführung und machen – jedenfalls im Falle mehrerer Gesellschafter – Umwege über Gesellschafterversammlungen überflüssig.[31] Daneben entsteht erst durch den Beherrschungsvertrag die Möglichkeit nachteiliger Weisungen analog § 308 AktG, denen sonst wie gezeigt das allgemeine Schädigungsverbot entgegensteht.[32]
2. Pflicht zur Konzernleitung
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Die geschilderten Möglichkeiten der Einflussnahme auf untergeordnete Gesellschaften begründen jedoch nicht zwingend zugleich die gleichlaufende Pflicht, die entsprechenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Bei der Beurteilung der Frage nach der Konzernleitungspflicht der Geschäftsleitung einer Obergesellschaft muss dabei unterschieden werden zwischen Pflichten der Geschäftsleitung, die ihr gegenüber den nachgeordneten Gesellschaften obliegen und solchen, die sie gegenüber ihrer eigenen – und damit der herrschenden Gesellschaft – wahrzunehmen hat.
a) Pflicht zur Konzernleitung gegenüber der abhängigen Gesellschaft
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Die Pflicht zur Wahrnehmung der Leitungsmöglichkeiten gegenüber der abhängigen Gesellschaft wird von der heute h.M. abgelehnt.[33] Offensichtlich ist dies für die Fälle, in denen auch eine rechtlich begründete Leitungsmacht der Obergesellschaft nicht gegeben ist, wie etwa bei faktischen Konzernverhältnissen. Denn wo schon kein fundiertes Recht zum Tätigwerden besteht, kann auch keine Pflicht begründet sein. Doch auch bei Vorliegen entsprechender Leitungsmöglichkeiten – wie etwa im Rahmen eines Beherrschungsvertrages – werden entsprechende Pflichten zur Erteilung von Weisungen abgelehnt.[34] Als Begründung wird insbesondere der Wortlaut des Gesetzes angeführt, der den Organen der herrschenden Gesellschaft zwar gestattet, Weisungen zu erteilen, dies aber nicht verlangt.[35]
b) Pflicht zur Konzernleitung gegenüber der eigenen Gesellschaft
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Anders wird die Frage jedoch beurteilt, sofern es um die Ausschöpfung der Leitungsmacht als Pflicht gegenüber der eigenen Gesellschaft geht. Zu den Grundpflichten der Geschäftsführungsorgane gehört die Nutzung aller Möglichkeiten, die das Wohl des eigenen Unternehmens fördern.[36] Dazu gehört auch die Möglichkeit der Nutzung der Instrumente, die hinsichtlich der Beteiligung an anderen Unternehmen bestehen.[37] Wie weit die daraus resultierenden Pflichten reichen, ist in der Literatur höchst umstritten.
aa) Keine umfassende Konzernleitungspflicht
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Die Diskussion um Bestehen und Reichweite der Konzernleitungspflicht wurde dabei maßgeblich befeuert durch die 1982 veröffentlichte Habilitationsschrift Hommelhoffs. Die Untersuchung ist noch heute Referenz für eine Ansicht, nach der aus den Möglichkeiten der Einflussnahme durch die Organe einer Konzernobergesellschaft auch parallele bzw. entsprechend weit reichende Pflichten entstehen; mit anderen Worten soll das Recht zur Konzernleitung in gleichem Ausmaß auch eine Pflicht zur Konzernleitung begründen.[38] Folgen soll diese weitgehende Pflicht aus der Regelung des § 76 Abs. 1 AktG, die vom Vorstand einer Muttergesellschaft die Ausschöpfung aller Möglichkeiten, und damit auch solche aus einer Kapitalbeteiligung verlangt.[39] Die hieraus resultierenden Pflichten sollen so weit reichen, dass der Vorstand einer Obergesellschaft die Tochtergesellschaften zu einem Konzern zusammenführen und sie bis in alle Einzelheiten zu lenken hat.[40] Gleichwohl der Arbeit Hommelhoffs bis heute große Beachtung geschenkt wird, konnte sich diese restriktive Ansicht in der Rechtswissenschaft nicht durchsetzen.[41] Verwiesen wird dabei auf die Konzeption des Aktienrechts,