Besonderes Verwaltungsrecht. Mathias Schubert
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Die Gewährleistung kommunaler Selbstverwaltung – eine institutionelle Rechtssubjektsgarantie (unten Rn 49), kein Grundrecht – ist als „Recht“ iSv § 42 II VwGO anerkannt[87]. Daher hat die Gemeinde etwa die Möglichkeit einer verwaltungsgerichtlichen Klage unter Berufung auf ihre Planungshoheit (dazu unten Rn 57), wenn die einem anderen Rechtsträger angehörende Widerspruchsbehörde unter Aufhebung eines ablehnenden gemeindlichen Bescheids ein Vorhaben zulässt. Die Klage hat Erfolg, wenn von den planerischen Festsetzungen der Gemeinde ohne Rechtfertigung abgewichen wurde[88].
Bei einer Berufung auf einfachgesetzliche Bestimmungen kommt es darauf an, ob die betreffende Norm zumindest auch den Schutz von Kommunen im Auge hat. So sollten laut OVG Rh.Pf., NVwZ 1989, 983 f = AS 22, 295 (296) gesetzlich festgelegte Ziele der Landesplanung ausnahmsweise dem Schutz der Interessen einzelner Gemeinden dienen und Abwehrrechte gegenüber der Bauleitplanung benachbarter Gemeinden begründen können, etwa bei Ausweisung als sog. Mittelzentrum in einem Landesentwicklungsprogramm gegenüber einem Einkaufszentrum in einer Nachbargemeinde ohne zentralörtliche Funktion[89]. Wehrfähig kann auch eine unter dem Schutz der Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinde stehende materielle Rechtsposition sein[90].
Die Klagebefugnis gemäß § 42 II VwGO kann einer Gemeinde auch zustehen, wenn sie durch einen gegen einen Privaten gerichteten Bescheid einer Widerspruchsbehörde unmittelbar in ihrer Finanzhoheit (s. unten Rn 56) betroffen ist[91]. Eine Gemeinde kann aber nicht etwa verwaltungsgerichtlich überprüfen lassen, ob Eingriffe in auf einem Bahngelände entstandene Biotopflächen im Rahmen eines eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahrens (vgl § 18 AEG) einen naturschutzrechtlichen Kompensationsbedarf auslösen. Lediglich das allgemeine Interesse, das Gemeindegebiet vor einem Vorhaben der Fachplanung zu verschonen, reicht für die Geltendmachung einer Verletzung der Planungshoheit nicht aus[92].
2. Rechtsschutz gegen die Gemeinde
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Gegenüber hoheitlichen Maßnahmen von Kommunen steht dem betroffenen Bürger das gewohnte verwaltungsgerichtliche Rechtsschutzinstrumentarium zur Verfügung.
– | Gegen belastende Verwaltungsakte ist die Anfechtungsklage, für begünstigende Verwaltungsakte (Genehmigungen) die Verpflichtungsklage gem. § 42 I VwGO richtige Klageart. Soweit die gemeindliche Einzelmaßnahme auf einer Satzung basiert, wird ihre Rechtmäßigkeit inzident überprüft. |
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– | Ein Normenkontrollantrag hinsichtlich der Gültigkeit kommunaler Satzungen[93] ist bundesweit durchgängig zulässig in Bezug auf solche Satzungen, die auf der Grundlage des BauGB ergangen sind (vgl § 47 I Nr 1 VwGO), im Übrigen nur nach Maßgabe des Landesrechts (§ 47 I Nr 2 VwGO). Nach früherer Abstinenz hat nach Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen und (mit Einschränkungen) Rheinland-Pfalz hat im Jahr 2018 auch NRW von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht (vgl § 109a JustG NRW). Eine Verpflichtung zur flächendeckenden Einführung einer solchen Normenkontrollklage kann jedoch aus Art. 19 IV GG nicht hergeleitet werden[94]. |
– | Die Zulässigkeit einer sog. Normenerlassklage im Kommunalrecht wird diskutiert, wenn etwa die zur Spezifizierung eines aus höherrangigem Recht abgeleiteten Zahlungsanspruchs gegen die Gemeinde erforderliche Satzungsregelung fehlt (behauptetes normgeberisches Unterlassen)[95]. |
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– | Gegenüber schlichthoheitlichem Verwaltungshandeln der Gemeinde Beispiele: Beleuchtung der innerörtlichen Straßen; Zurverfügungstellung eines öff. Bolzplatzes. kann ggf ein Unterlassungsanspruch[96] und auch ein Folgenbeseitigungsanspruch geltend gemacht werden[97]. Aber: Bei der Aufstellung und Veröffentlichung eines örtlichen Mietspiegels durch eine Gemeinde handelt es sich zwar um schlicht-hoheitliche Verwaltungstätigkeit, doch hat diese keine bindende Außenwirkung, sodass sie nicht vor den Verwaltungsgerichten zur Überprüfung gestellt werden kann; vgl BVerwGE 100, 262. Die inhaltliche Richtigkeit spielt mithin nur eine inzidente Rolle im Rahmen von vor den Zivilgerichten auszufechtenden Mietstreitigkeiten. |
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– | Bei Fehlverhalten kommunaler Amtsträger stehen uU Amtshaftungsansprüche (§ 839 BGB iVm Art. 34 GG) gegen die Gemeinde zu Gebote. Für die Durchsetzbarkeit derer ist der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten gem. Art. 34 S. 3 GG, § 40 II VwGO zu beschreiten. Zuständig dafür sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich die Landgerichte gem. § 71 II Nr 2 GVG. Beispiele: Amtshaftungsanspruch wegen fehlerhafter Auskunft des Bürgermeisters betr. Erschließungskosten eines zur Veräußerung anstehenden Baugrundstücks; vgl BGH, NVwZ 2002, 373. Danach besteht die Amtspflicht, eine Auskunft richtig, klar, unmissverständlich und vollständig zu geben, sodass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann, gegenüber jedem Dritten, in dessen Interesse oder auf dessen Antrag die Auskunft erteilt wird (BGH, aaO, S. 374)[98]. Dies gilt auch für Entscheidungen des Rates[99]. |
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– | Des Weiteren kommen ggf auch Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzungen im Rahmen eines verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses in Betracht. Hierzu gehören in erster Linie vertragliche oder vertragsähnliche Ansprüche; dazu näher unter Rn 169 ff zur Vertretung der Gemeinde gegenüber Dritten. Hinzu kommen solche aus kommunalen Benutzungsverhältnissen. Zur Benutzung eines kommunalen Kinderspielplatzes vgl etwa BGHZ 103, 3388; s. auch den Übungsfall von Ossenbühl, NWVBl. 1990, 176 ff – „Unfall im Freizeitpark“; ferner unten Rn 285. |
Wiederholungs- und Verständnisfragen
1. | Welche kommunalen Rechtssubjekte gibt es? Rn 13 |
2. |
Was unterscheidet den Zweckverband von anderen
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