Die Akzessorietät des Wirtschaftsstrafrechts. Markus Wagner

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Die Akzessorietät des Wirtschaftsstrafrechts - Markus Wagner Schriften zum Wirtschaftsstrafrecht

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      Soweit die Einheit der Rechtsordnung als Postulat verstanden wird, wird nur selten hinreichend bezeichnet, wer Adressat dieses Postulats sein soll. Dabei sind denklogisch drei Modelle möglich: die Adressierung (nur) des Rechtssetzers, (nur) des Rechtsanwenders sowie die Adressierung beider.

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      Auch im Übrigen wurde eine genellere Adressierung der rechtssetzenden Instanzen durch eine als Postulat verstandene Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung bislang – soweit ersichtlich – nicht vertreten.

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      Vielmehr wird die Forderung nach einer Harmonisierung der Rechtssätze innerhalb einer Normordnung von den Vertretern der Postulatsthese oder eines kombinierenden Ansatzes an den Rechtsanwender adressiert.

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      Entsprechend dem oben Gesagten wurde bislang auch noch nicht die These vertreten, die als Postulat verstandene Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung richte sich sowohl an den Rechtssetzer wie auch an den Rechtsanwender. Ein solcher Ansatz müsste sich zudem einen inneren Widerspruch vorwerfen lassen: Hat bereits der Rechtssetzer für die Widerspruchslosigkeit der Normen zu sorgen, dürfte für dieselbe Aufgabe auf der Ebene der Rechtsanwendung kein Raum mehr verbleiben. Falls doch, so ließe es sich vor dem Hintergrund des Gewaltenteilungsgrundsatzes nur schwer und nur in extremen Ausnahmefällen rechtfertigen, dem Rechtsanwender die Aufgabe der ihm vorgelagerten Instanz zu übertragen.

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      Ein einheitliches Verständnis einer „Einheit der Rechtsordnung“ im Sinne ihrer Widerspruchsfreiheit existiert innerhalb von Rechtsprechung und Literatur nicht; nur schwer lassen sich gewisse Strömungen ausmachen. Teilweise wird der Grundsatz vollständig abgelehnt, teilweise als vorfindlicher Zustand der Rechtsordnung und teilweise als Postulat an den Rechtsanwender verstanden. Dabei wird er aus der Rechtsidee als solcher oder aus verschiedenen Staatsstrukturprinzipien abgeleitet, wobei zwischen der Einordnung als Axiom oder Postulat und dem behaupteten Ursprung nur selten ein Zusammenhang hergestellt wird.

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      Der Hauptkritikpunkt an den literarischen und judikarischen Äußerungen zur Einheit der Rechtsordnung im Sinne ihrer Widerspruchsfreiheit ist derjenige, dass die verschiedenen sich diesbezüglich stellenden Fragen nicht hinreichend differenziert und nur zum Teil oder widersprüchlich beantwortet werden:

      Zunächst muss sich die Frage stellen, worin die Quelle eines solchen Einheitsprinzips bestehen kann; damit lässt sich zugleich auch beantworten, ob es ein solches überhaupt gibt. Lässt sich eine Quelle finden, muss sich hieraus ergeben, welcher Charakter dem Grundsatz zukommt, ob es sich also um ein Postulat oder etwas Vorgegebenes handelt. Nur wenn man zum Ergebnis kommt, dass eine Forderung vorliegt, ist die Folgefrage zu erörtern, an wen diese sich richtet. Zuletzt ist konsequent aufbauend auf die bisherigen Ergebnisse herauszustellen, welche Folgen sich daraus ergeben.

      In einem föderalen und zunehmend internationalisierten Rechtssystem sind all diese Fragen mehrfach zu stellen. Bereits die Bezeichnung als Einheit „der“ Rechtsordnung impliziert, dass auf (nur) eine Rechtsordnung Bezug genommen wird. Hinzukommen müssen aber Überlegungen, wie sich die verschiedenen (einheitlichen?) Rechtsordnungen zueinander verhalten und welche Rückwirkungen das Verhältnis auf eine einzelne Rechtsordnung hat. Auch diese Fragenkomplexe wurden nur bei wenigen Autoren hinreichend differenziert betrachtet.

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      Ist die Identität der rechtssetzenden Instanz aber das prägende Kriterium zur Begründung einer bestimmten Rechtsordnung, so muss dieser Aspekt zugleich den Ausgangspunkt für Erwägungen hinsichtlich ihrer Einheit darstellen:

      Gehen alle Normen eines Systems von ein und derselben rechtssetzenden Instanz aus, sind – grds. zunächst unabhängig vom konkreten politischen System – alle diese Normen dessen Willen zuzurechnen. Da es sich aber beim Normgeber um eine Einzelerscheinung handelt, muss dieser Wille notwendig einheitlich sein. Dies gilt jedenfalls insoweit, als der Wille in Form von Rechtssetzung geäußert wird. Durch ein Gesetz oder einen anderen Akt der Rechtssetzung bringt der dazu Berufene seinen (aktuellen) Willen bzgl. einer oder mehreren bestimmten inhaltlichen Frage(n) zum Ausdruck.

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      Ändert der Rechtssetzer seine Auffassung und möchte diese Veränderung auch mit Außenwirkung versehen, muss er dies erneut durch einen Rechtsakt deutlich machen. Dabei ist er jedoch nicht darauf angewiesen, zwangsläufig die betroffene Norm zu ändern. Hatte er beispielsweise eine bestimmte Summe gewisser Verhaltensweisen mittels einer sehr allgemein gehaltenen Formulierung umschrieben und diese für rechtswidrig erklärt, muss er, um einen bestimmten Teilausschnitt dieser Verhaltensweisen wieder vom Stigma der Rechtswidrigkeit zu befreien, nicht unbedingt den Anwendungsbereich der früheren Norm einschränken, sondern kann das betreffende Verhalten an anderer Stelle explizit für rechtmäßig erklären. Der Gesamtheit der Normen liegt damit der eine – nun aktuelle – Wille des Rechtssetzers zugrunde und ist

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