Besteuerung von Unternehmen II. Wolfram Scheffler

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dass die heranzuziehenden Rechtsmaterialien zu unbestimmt sind, um damit ein eindeutiges, allgemein anerkanntes und geschlossenes System zu entwickeln. Obwohl die teleologische Auslegung des Begriffs der GoB nicht zu intersubjektiv eindeutigen Ergebnissen führt, muss deren Inhalt konkretisiert werden, um die handels- und steuerrechtliche Rechnungslegung in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften gestalten zu können. Anhaltspunkte für diesen von jedem Rechtsanwender vorzunehmenden (subjektiven) Auslegungsprozess bilden sein Vorverständnis über den Inhalt der handelsrechtlichen Rechnungslegung sowie seine Wertentscheidungen hinsichtlich des Inhalts der einzelnen Rechtsquellen sowie des Verhältnisses zwischen sich widersprechenden Interpretationsquellen.

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      Zur Konkretisierung des Inhalts der GoB sind zahlreiche, sehr unterschiedliche Quellen auszuwerten:

Gesetze (insbesondere Handelsgesetzbuch und Einkommensteuergesetz) und die dazugehörenden Gesetzesmaterialien einschließlich der Rechtsmaterialien zum europäischen Bilanzrecht,
aus betriebswirtschaftlichen Ansätzen abgeleitete Ziele der handels- und steuerrechtlichen Rechnungslegung,
die Ansichten und praktischen Handhabungen der rechnungslegenden Unternehmen,
die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesfinanzhofs sowie des Europäischen Gerichtshofs, sofern sie die Bilanzierung und Bewertung betreffen,
Stellungnahmen von Standes- und Berufsorganisationen, wie dem Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK),
internationale Rechnungslegungsgrundsätze, insbesondere IFRS und US-GAAP,
die vom Deutschen Standardisierungsrat (DSR) verabschiedeten Deutschen Rechnungslegungs Standards (DRS),
die Stellungnahmen weiterer an der handels- und steuerrechtlichen Rechnungslegung interessierter Personen in Fachliteratur und auf Fachtagungen.

      Der Rechtsanwender hat die verschiedenen Informationsmaterialien so lange auszuwerten, bis er – zumindest aus seiner Sicht – zu einem eindeutigen Ergebnis kommt.

      Die teleologische Ermittlung der GoB lässt sich durch drei Merkmale kennzeichnen:

Bei der Ableitung des Inhalts der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung handelt es sich um einen mehrstufigen Erkenntnisprozess, der neben dem Rückgriff auf rechtswissenschaftliche Prinzipien ansatzweise auch Elemente der deduktiven Methode und der induktiven Ermittlung enthält. Abb. 5: Teleologische Ermittlung der GoB kein Alternativtext verfügbar [Bild vergrößern]
Bei der Konkretisierung der GoB handelt es sich um einen permanenten Auslegungsvorgang, da die aus dem Vorverständnis und aus Wertentscheidungen des Rechtsanwenders abgeleiteten Lösungen beim Auftreten von neuen bilanzierungsrelevanten Geschäftsvorgängen oder beim Zugang von neuen Informationen immer wieder überprüft werden müssen. Bei einer Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen oder der Auffassung der an dem Auslegungsprozess beteiligten Personen ist es nicht ausgeschlossen, dass der Inhalt der GoB modifiziert wird.
Da jeder Rechtsanwender aufgrund seines unterschiedlichen Wissens über die relevanten Einflussfaktoren und seiner durch Wertentscheidungen beeinflussten Interpretation der Materialien den Inhalt der GoB festlegt, führt der Auslegungsprozess nicht zu einem intersubjektiv einheitlichen Ergebnis, vielmehr handelt es sich (zumindest in Teilbereichen) immer auch um eine subjektive Gesetzesinterpretation. Dies ist auch der Grund dafür, dass für zahlreiche Bilanzierungs- und Bewertungsfragen unterschiedliche Lösungen vertreten werden.

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      Anmerkungen

       [1]

      Statt aller Rieger, Einführung in die Privatwirtschaftslehre, 3. Aufl., Erlangen 1984, S. 236–238.

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      Die Einblicksforderung, die in Anlehnung an den angelsächsischen Sprachgebrauch auch als Grundsatz des True and Fair View bezeichnet wird, leitet sich aus der Aussage ab, dass der Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft ein den wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens–, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln hat (§ 264 Abs. 2 HGB). Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird gefordert, dass der Jahresabschluss einen Überblick über die Lage des Unternehmens vermitteln soll (§ 238 Abs. 1 HGB).

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