Besteuerung von Unternehmen II. Wolfram Scheffler

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Besteuerung von Unternehmen II - Wolfram Scheffler Schwerpunktbereich

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in zeitlicher Hinsicht besteht darin, dass der Zeitraum, über den zu berichten ist, mit dem Zeitraum übereinstimmen muss, über den Informationen ausgewertet werden. Dies bedeutet, dass sämtliche im abgelaufenen Wirtschaftsjahr angefallenen bilanzierungs- und bewertungsrelevanten Vorgänge zu berücksichtigen sind. Informationen, die sich auf Vorgänge beziehen, die außerhalb des abgelaufenen Wirtschaftsjahres liegen, sind in dem betreffenden Jahresabschluss auszuwerten.

      Da im Regelfall der Zeitpunkt, zu dem der Jahresabschluss aufgestellt wird, nicht mit dem Ende des Wirtschaftsjahres (Abschlussstichtag) übereinstimmt, geht der Zeitraum, in dem bilanzierungs- und bewertungsrelevante Informationen gesammelt werden, über den Berichtszeitraum (das abgelaufene Wirtschaftsjahr) hinaus. Des Weiteren verfügt der Ersteller des Jahresabschlusses auch über Informationen, die sich nicht auf das vergangene Wirtschaftsjahr beziehen, sondern auf die Zukunft. Damit ergeben sich zwei Abgrenzungsprobleme:

In welchem Umfang werden Informationen über zukünftige, erst nach dem Abschlussstichtag eintretende Entwicklungen im Jahresabschluss berücksichtigt? Die Antwort ist aus dem Stichtagsprinzip abzuleiten.
Wie werden Informationen behandelt, die dem Bilanzierenden zwischen dem Abschlussstichtag und dem Zeitpunkt der Bilanzerstellung bekannt werden? In diesem Zusammenhang sind wertbegründende Informationen von werterhellenden Informationen abzugrenzen.

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      (a) Nach dem Stichtagsprinzip sind zum einen das in einer Bilanz erfasste Vermögen und die darin enthaltenen Schulden zum Abschlussstichtag zu bewerten und zum anderen die im abgelaufenen Wirtschaftsjahr entstandenen Erträge und Aufwendungen zu erfassen (§ 252 Abs. 1 Nr 3, 4 HGB). Hieraus leitet sich ab, dass Informationen, die am Abschlussstichtag vorhanden sind, insoweit nicht auszuwerten sind, als sie ein in zukünftigen Perioden zu erwartendes Ereignis betreffen.

      Der Jahresabschluss soll über die Veränderung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens im abgelaufenen Wirtschaftsjahr berichten. Der Grundgedanke einer Übereinstimmung von Berichtszeitraum und Zeitraum der Informationsauswertung bleibt nur dann gewahrt, wenn von den am Abschlussstichtag bestehenden Verhältnissen ausgegangen wird und Informationen, die in nachfolgenden Wirtschaftsjahren zu erwartende Ereignisse betreffen, erst in zukünftigen Perioden ausgewertet werden. In der für das abgelaufene Wirtschaftsjahr aufgestellten Bilanz sind die zukunftsbezogenen Informationen auch dann nicht zu verarbeiten, wenn sie sich auf ein Ereignis beziehen, das in der Zukunft mit Sicherheit eintreten wird.

      Das Stichtagsprinzip leitet sich aus der Zahlungsbemessungsfunktion ab, wonach der im abgelaufenen Jahr entstandene Gewinn zu ermitteln ist. Bezieht man die Informationsfunktion darauf, dass über die in der abgelaufenen Periode eingetretene Veränderung der wirtschaftlichen Lage zu berichten ist, besteht zwischen der Zahlungsbemessungsfunktion und der Informationsfunktion kein Zielkonflikt.

      Im Rahmen der handelsrechtlichen Rechnungslegung wird allerdings bei der Bewertung von Rückstellungen das Stichtagsprinzip in einer anderen Weise interpretiert. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind in der Handelsbilanz mit dem Erfüllungsbetrag zu bewerten (§ 253 Abs. 1 S. 2 HGB). Dies bedeutet, dass zukünftige Preis- und Kostensteigerungen werterhöhend einzubeziehen sind. Diese Vorgehensweise begründet sich damit, dass im Jahresabschluss die Höhe der voraussichtlich anfallenden Zahlungsverpflichtung offen zu legen ist. Die Informationsfunktion wird insoweit zukunftsbezogen interpretiert. Demgegenüber wird das Stichtagsprinzip in der Steuerbilanz in der Weise ausgelegt, dass eine Bewertung auf der Grundlage der am Bilanzstichtag geltenden Verhältnisse vorzunehmen ist. Damit bleiben im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung zukünftige Preis- und Kostensteigerungen unberücksichtigt (§ 6 Abs. 1 Nr 3a Buchst. f EStG). Die unterschiedliche Auslegung des Stichtagsprinzips ist wiederum auf den Objektivierungsgedanken zurückzuführen: Die am Bilanzstichtag geltenden Wertverhältnisse lassen sich leichter bestimmen als die im Zeitpunkt der Erfüllung voraussichtlich geltenden Wertverhältnisse. Zwischen der Zahlungsbemessungsfunktion und einer zukunftsbezogenen Auslegung des Stichtagsprinzips kommt es zu einem Zielkonflikt. Dieser führt dazu, dass insoweit das Maßgeblichkeitsprinzip durchbrochen wird. Handels- und steuerrechtliche Rechnungslegung fallen im Zusammenhang mit der Bewertung von Rückstellungen auseinander, weil das Stichtagsprinzip in abweichender Weise ausgelegt wird (Fall 2b des Maßgeblichkeitsprinzips).

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Eine werterhellende Information liegt vor, wenn ein buchführungspflichtiger Vorgang, der im abgelaufenen Wirtschaftsjahr eingetreten ist, dem Rechnungslegenden am Abschlussstichtag noch nicht bekannt war, er die erforderlichen Informationen aber noch vor Aufstellung seines Jahresabschlusses erhält. Das Gebot der materiellen Vollständigkeit in zeitlicher Hinsicht schreibt im Zusammenwirken mit dem Stichtagsprinzip vor, dass dieser dem vergangenen Wirtschaftsjahr zuzuordnende Vorgang bei der Aufstellung des Jahresabschlusses zu berücksichtigen ist.
Wertbegründende Informationen betreffen Geschäftsvorfälle, die erst nach dem Abschlussstichtag eintreten, die also am Bilanzstichtag objektiv noch nicht vorlagen. Bei der Aufstellung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr dürfen sie nicht berücksichtigt werden, da ihre wirtschaftliche Ursache nach dem Bilanzstichtag liegt. Sie sind in der für das nächste Wirtschaftsjahr aufzustellenden Bilanz zu erfassen.

      Beispiele:

      Am 30.12.01 platzt in einer ungeheizten Lagerhalle ein Wasserrohr. Der Betriebsinhaber entdeckt den Wasserschaden erst am Morgen des 2.1.02. Bei der Entdeckung des Wasserschadens handelt es sich um eine werterhellende Information. Der Wertverlust an den gelagerten Rohstoffen und der Gebäudeschaden sind bereits in der Bilanz zum 31.12.01 zu berücksichtigen.

      Am 3.1.02 brennt ein Produktionsgebäude aus. Der Brandschaden stellt ein wertbegründendes Ereignis dar, das in der Bilanz des Jahres 01 noch keinen Einfluss auf die Bewertung des Gebäudes hat. Allerdings liegt ein Tatbestand vor, über den Kapitalgesellschaften im Anhang bzw Lagebericht zu berichten haben.

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      Die Abgrenzung zwischen (zu berücksichtigenden) werterhellenden und (noch nicht auszuwertenden) wertbegründenden Informationen beruht auf Objektivierungsüberlegungen. Das Abstellen auf die am Abschlussstichtag geltenden Verhältnisse erleichtert die intersubjektive Nachvollziehbarkeit der Geschäftsvorfälle. Würde auf die Verhältnisse am Tag der Bilanzerstellung abgestellt, würde dem Ersteller des Jahresabschlusses ein Ermessensspielraum eingeräumt, welcher Tag für die Bilanzierung und Bewertung relevant ist. Aufgrund des Fehlens eines konkreten zeitlichen Bezugspunkts würde eine Überprüfung durch Außenstehende erschwert.

      Die Abgrenzung zwischen werterhellenden und wertbegründenden Tatsachen fällt nicht immer leicht. Ist nicht sicher, ob es sich um eine werterhellende oder um eine wertbegründende Information handelt, wird häufig ergänzend der Grundsatz der Bewertungsvorsicht herangezogen. Nach diesem zu den Kapitalerhaltungsgrundsätzen

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