Besteuerung von Unternehmen II. Wolfram Scheffler

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als werterhellend anzusehen, während Informationen über positive Entwicklungen eher als wertbegründend zu beurteilen sind.

      Beispiel:

      Am 15.2.02 wird über das Vermögen eines Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet. Die Bilanz des Gläubigers wird im März 02 aufgestellt. Offen ist, durch welches Ereignis sich die wirtschaftliche Lage des Schuldners so verschlechtert hat, dass er seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.

      Nach dem Grundsatz der Bewertungsvorsicht ist anzunehmen, dass die Ursache für die Insolvenz schon im Jahr 01 eingetreten ist. Damit ist die Nachricht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als werterhellendes Ereignis zu beurteilen. Dies bedeutet, dass der Forderungsausfall bereits im Jahresabschluss für das Jahr 01 aufwandswirksam zu erfassen ist.

      Ein seit längerer Zeit laufender Schadensersatzprozess wird am 5.1.02 durch die Rücknahme der Klage durch den Prozessgegner beendet. Bei der Klagerücknahme durch den Prozessgegner handelt es sich um ein wertbegründendes Ereignis, das erst im Jahr 02 berücksichtigt werden darf. Die für den möglicherweise zu leistenden Schadensersatz gebildete Rückstellung darf im Jahr 01 noch nicht ausgebucht werden.

      Im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung ist zusätzlich der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit und Tatbestandsbestimmtheit zu beachten. Dies bedeutet, dass bei der Abgrenzung zwischen werterhellenden und wertbegründenden Informationen dem Objektivierungsgedanken gegenüber dem Grundsatz der Bewertungsvorsicht Vorrang einzuräumen ist: Bei einer Betonung des Objektivierungsgedankens werden Geschäftsvorfälle nach dem Grad der Bestimmtheit der vorliegenden Informationen eingeordnet. Ist nicht eindeutig zu begründen, ob es sich um eine werterhellende oder eine wertbegründende Information handelt, sollte die Information im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung (noch) nicht berücksichtigt werden. Dies bedeutet, dass in den Fällen, in denen keine nachprüfbaren Argumente vorliegen, zu welchem Zeitpunkt das betreffende Ereignis eingetreten ist, eher von einer wertbegründenden Information auszugehen ist. Der betrachtete Vorgang ist nur dann bereits in der für das vergangene Wirtschaftsjahr aufzustellenden Steuerbilanz zu erfassen, wenn plausibel begründet werden kann, dass es sich um einen Vorgang handelt, der der abgelaufenen Periode zuzurechnen ist. Diese Handhabung sollte unabhängig davon gelten, ob es sich um einen ertrags- oder aufwandswirksamen Vorgang handelt. Folgt man dieser Auffassung, ist es nicht ausgeschlossen, dass die Abgrenzung zwischen wertbegründenden und werterhellenden Informationen in der Handelsbilanz anders vorgenommen wird als im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung.

      Informationen, die erst nach Aufstellung der Bilanz zugehen, können auch dann nicht mehr in dem für das abgelaufene Wirtschaftsjahr aufzustellenden Jahresabschluss ausgewertet werden, wenn es sich um werterhellende Tatsachen handelt.

      Anmerkungen

       [1]

      Zum Realisationsprinzip siehe ausführlich Kapitel V.2., Rn. 101–118.

       [2]

      Zum Grundsatz der Wirtschaftlichkeit siehe Kapitel III.5., Rn. 87–88.

       [3]

      Zum Imparitätsprinzip siehe ausführlich Kapitel VI.2., Rn. 123–135.

       [4]

      Vgl EuGH vom 7.1.2003 (BIAO), ECLI:EU:C:2003:3; BFH vom 16.12.2014, BStBl. 2015 II, S. 759.

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      Der Grundsatz der Vergleichbarkeit lässt sich in drei Unterprinzipien einteilen: Bilanzidentität, formelle Bilanzstetigkeit und materielle Bilanzstetigkeit. Der Grundsatz der Vergleichbarkeit dient dazu, einen Zeitvergleich von Jahresabschlüssen desselben Unternehmens zu erleichtern. Er leitet sich also in erster Linie aus der Informationsfunktion ab. Die folgenden Erläuterungen zeigen, dass durch den Grundsatz der Vergleichbarkeit gleichzeitig die Zahlungsbemessungsfunktion erfüllt wird. Zwischen handels- und steuerrechtlicher Rechnungslegung besteht kein Zielkonflikt.

      81

      

      (1) Grundsatz der Bilanzidentität: Nach dem Grundsatz der Bilanzidentität (Grundsatz des Bilanzzusammenhangs) muss die Eröffnungsbilanz eines Wirtschaftsjahres in allen Positionen dem Grunde und der Höhe nach mit der Schlussbilanz des unmittelbar vorangehenden Wirtschaftsjahres übereinstimmen (§ 252 Abs. 1 Nr 1 HGB). Der Grundsatz der Bilanzidentität gewährleistet, dass die Summe der ausgewiesenen Periodengewinne mit dem tatsächlich erzielten Totalgewinn des Unternehmens übereinstimmt. Die Periodisierung von Ein- und Auszahlungen in Erträge und Aufwendungen beeinflusst lediglich den Zeitpunkt, zu dem ein Geschäftsvorgang erfolgswirksam wird. Die Art und Weise der Periodisierung entscheidet nicht darüber, ob der Erfolg dem Grunde nach ausgewiesen wird, sondern nur wann.

      Der Grundsatz der Bilanzidentität stellt sicher, dass über den Zeitraum, in dem ein Unternehmen besteht, für die externe Rechnungslegung folgende Grundaussagen gelten:

Summe der Aufwendungen = Summe der Auszahlungen
und
Summe der Erträge = Summe der Einzahlungen

      82

      

      Da sich in einer Gesamtbetrachtung die Abweichungen zwischen dem Zahlungszeitpunkt und dem Zeitpunkt der Erfolgswirksamkeit ausgleichen, entspricht beispielsweise die Summe der als Aufwand verrechneten Abschreibungen eines Wirtschaftsguts den beim Erwerb angefallenen Auszahlungen. Rohstoffe gehen mit dem beim Erwerb bezahlten Preis in die Gewinn- und Verlustrechnung ein. Die Art und Weise der Bilanzierung und Bewertung in der Handels- oder Steuerbilanz beeinflusst den Gesamterfolg des Unternehmens nicht. Aufgrund des Grundsatzes der Bilanzidentität beschränkt sich der Effekt von Bilanzierungs- oder Bewertungsentscheidungen auf die Verteilung der Gewinne auf die einzelnen Perioden. Die im Rahmen der handels- und steuerrechtlichen Rechnungslegung vorgenommene Periodisierung löst also lediglich einen Zeiteffekt aus, jedoch keinen Bemessungsgrundlageneffekt.

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