Besteuerung von Unternehmen II. Wolfram Scheffler

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in vielen Fällen unvermeidlichen Ermessensspielräume sind aber der Ansatz und die Bewertung in der Bilanz niemals absolut richtig oder wahr. Um die hinter dem Grundsatz der Richtigkeit bzw Bilanzwahrheit stehenden Ziele besser verdeutlichen zu können, bietet sich an, von einem Grundsatz der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit oder der Forderung nach Willkürfreiheit zu sprechen:

Jede Bilanzierungs- und Bewertungsentscheidung muss entsprechend den gesetzlichen Vorschriften getroffen werden. Beinhaltet das Handelsgesetzbuch oder ein anderes für die Rechnungslegung zu beachtendes Gesetz oder die Satzung für die Behandlung eines bestimmten wirtschaftlichen Sachverhalts eine eindeutige Handlungsanweisung, so ist diese zu befolgen.
Legen die relevanten Rechnungslegungsvorschriften die Behandlung eines Geschäftsvorgangs nicht eindeutig fest, ist die Verbuchung so vorzunehmen, dass die vom Bilanzersteller vorgenommene Bilanzierung und Bewertung intersubjektiv nachvollziehbar ist. Dazu gehört auch eine Dokumentation der bei Ausübung von Wahlrechten und Ermessensspielräumen für zutreffend gehaltenen Annahmen.
Ist eine Nachprüfbarkeit durch Dritte nicht möglich, ist auf den Grundsatz der Willkürfreiheit zurückzugreifen, der ein Verbot von nicht begründbaren oder wissentlich falschen Bilanzansätzen vorsieht. Ansatz, Bewertung und Ausweis dürfen weder ohne Begründung noch mit Täuschungsabsicht erfolgen. Der Bilanzierende muss selbst davon überzeugt sein, dass der gewählte Bilanzansatz den tatsächlichen Gegebenheiten am besten entspricht.

      Hinsichtlich des Grundsatzes der Richtigkeit besteht zwischen handels- und steuerrechtlicher Rechnungslegung grundsätzlich Übereinstimmung. Abweichungen können sich aber insoweit ergeben, als bei der Aufstellung der Steuerbilanz der Objektivierungsgedanke stärker gewichtet wird. Der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit und Tatbestandsbestimmtheit kann im Einzelfall dazu führen, dass im Steuerrecht an den Nachweis für den gewählten Wert vom Gesetzgeber oder der Finanzverwaltung höhere Anforderungen gestellt werden.

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      Der Grundsatz der Vollständigkeit ist in § 239 Abs. 2 HGB und § 146 Abs. 1 AO für die Buchführung und in § 246 Abs. 1 HGB für den Jahresabschluss kodifiziert. Er setzt sich aus drei Teilen zusammen:

formelle Vollständigkeit,
materielle Vollständigkeit in sachlicher Hinsicht, modifiziert um das Ansatzverbot für selbst erstellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und den Grundsatz der Nichterfassung von schwebenden Geschäften,
materielle Vollständigkeit in zeitlicher Hinsicht, ergänzt um das Stichtagsprinzip sowie um die Abgrenzung zwischen wertbegründenden und werterhellenden Informationen.

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      (1) Formelle Vollständigkeit: Bezogen auf die formale Gestaltung leitet sich aus dem Grundsatz der Vollständigkeit die Forderung nach einem vollständigen Ausweis in der Bilanz sowie in der Gewinn- und Verlustrechnung ab. Zur Einhaltung der gesetzlichen Gliederungsvorschriften gehört beispielsweise auch die Angabe von Merkposten für zwar noch im Unternehmen vorhandene, aber bereits vollständig abgeschriebene Wirtschaftsgüter (Ausweis mit dem Erinnerungswert von einem Euro). Der Grundsatz der formellen Vollständigkeit gilt sowohl für die Handelsbilanz als auch für die Steuerbilanz.

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      (2) Materielle Vollständigkeit in sachlicher Hinsicht: In sachlicher Hinsicht beinhaltet das Gebot der materiellen Vollständigkeit, dass sämtliche bilanzierungs- und bewertungsrelevanten Vorgänge berücksichtigt werden müssen (§ 246 Abs. 1 HGB). Aus diesem Gebot folgt, dass in der Buchführung alle relevanten Geschäftsvorfälle zu erfassen sind, dass in der Bilanz die aktiven und passiven Bilanzposten ohne Ausnahme anzusetzen sind, dass in der Gewinn- und Verlustrechnung alle Aufwendungen und Erträge enthalten sein müssen sowie dass der unter bestimmten Voraussetzungen aufzustellende Anhang und Lagebericht die geforderten Angaben vollständig zu umfassen haben.

      Abb. 7:

      Bestandteile des Grundsatzes der Vollständigkeit

kein Alternativtext verfügbar

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      Eine Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot gilt für selbst erstellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Aufgrund der stärkeren Betonung des Vorsichtsprinzips und des Objektivierungsgedankens gilt für diese Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz ein Aktivierungsverbot (§ 5 Abs. 2 EStG). In der Handelsbilanz wird demgegenüber der Informationsfunktion stärkeres Gewicht eingeräumt. Der Zielkonflikt zwischen Zahlungsbemessungsfunktion und Informationsfunktion wird dadurch berücksichtigt, dass handelsrechtlich für selbst erstellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivierungswahlrecht eingeräumt wird (§ 248 Abs. 2 HGB), die Höhe der maximal möglichen Gewinnausschüttungen sich aber so bestimmt, als ob diese Wirtschaftsgüter nicht aktiviert worden wären (Ausschüttungssperre, § 268 Abs. 8 S. 1 HGB).

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      (3) Materielle Vollständigkeit

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