Soldatengesetz. Stefan Sohm
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Das Parteienprivileg nach Art. 21 Abs. 2 GG steht einer Verpflichtung von Soldaten zur Verfassungstreue nicht entgegen.[30] Die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei kann ein Verstoß gegen die Treupflicht begründen, selbst wenn das BVerfG die Partei nicht verboten hat.[31]
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Auch der EGMR hat anerkannt, dass von Staatsdienern die Treue zu grundlegenden Verfassungsgrds. der jeweiligen Staaten verlangt werden kann.[32]
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Rechtstatsächlich haben sich die Problemstellungen der politischen Treuepflicht in den letzten Jahren zum Teil verschoben. In den siebziger Jahren standen der Ost-West-Konflikt und die Bedrohung bzw. Infiltration durch kommunistische Regime (insbes. der DDR) und damit linksradikale Verhaltensweisen im Vordergrund,[33] obwohl in den Streitkräfte das Phänomen linksradikaler Angehöriger immer weniger ausgeprägt war als in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes. Inzwischen hat sich der Fokus allgemein eher auf die Problematik rechtsextremer Angehöriger verlagert[34] sowie im Zusammenhang damit auf Anhänger der sog. „Reichsbürgerbewegung.“[35] Eine noch relativ neue Entwicklung im Zusammenhang mit der politischen Treuepflicht, stellt der unmittelbar nicht politische, sondern religiöse Extremismus (insbes. Islamismus) dar, der – soweit er die Verfassungsordnung des GG nicht anerkennt – ohne Zweifel zu den verfassungsfeindlichen Strömungen zu rechnen ist.[36]
2. Reichweite
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§ 8 richtet sich seinem Wortlaut und seiner systematischen Stellung im SG nach an alle Soldaten, unabhängig von ihrem Status. Anders als in § 9 hat der Gesetzgeber, zumindest dem Normtext zufolge, keine Differenzierung zwischen BS/SaZ einerseits und WPfl andererseits[37] vorgenommen. Andere Aufschlüsse verschafft auch nicht die Heranziehung von § 23 Abs. 2 Nr. 2. Danach gilt als Dienstvergehen, wenn sich ein Offz oder Uffz nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst gegen die FdGO betätigt. Rechtl. unbeachtlich ist dabei, aus welchem Status dieser früh. Soldat entlassen worden und welchem Personenkreis er jetzt zuzuordnen ist, d.h. ob er der Wehrpflicht unterliegt oder nicht.
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Der 1. WDS des BVerwG[38] hatte zunächst – pauschal und ohne weitere Begr. oder Differenzierung – die Entsch. des BVerfG zum sog. Radikalenerl.[39] für den Bereich der Soldaten übernommen und damit Beamte und Soldaten im Wesentlichen ders. polit. Treuepflicht unterworfen. In einem zweiten Schritt hat der 2. WDS anschließend[40] diese Treuepflicht als solche definiert, „sich mit der Idee der freiheitlichen demokratischen(...) Ordnung der Bundesrepublik Deutschland(...) zu identifizieren(...) Identifizieren bedeutet dabei nicht nur, die Grundordnung dieses Staates anzuerkennen, sondern verlangt ein Mehr an staatsbürgerlicher Verpflichtung, das dem Soldaten, wie auch dem Richter und Beamten, auferlegt ist. Die politische Treuepflicht nach § 8, die von jedem Soldaten die Bereitschaft verlangt, sich zu der Idee des Staates, dem er dient, zu bekennen und aktiv für ihn einzutreten, gehört zu den elementarsten soldatischen Pflichten (...)“. Nahezu formelhaft finden sich diese Ausführungen in allen einschlägigen Entsch. des 2. WDS bis heute wieder.[41] Der Wortlaut von § 8 tritt dabei völlig in den Hintergrund; selbst eine nach Statusgruppen abgestufte Treueverpflichtung wird nicht mehr erkennbar.
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Diese Rspr. ist von der Lit. mit Blick auf SaZ und BS im Wesentlichen ohne Einschränkungen übernommen worden: Cuntz[42] setzt sich zwar zunächst krit. mit dem seinerzeitigen Meinungsbild auseinander und beklagt das „Abweichen“ vom „Anerkennen“ des Gesetzestextes zum „Bekennen“, ohne dass dies begründet werde. Unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte der Norm votiert er jedoch für eine Gleichsetzung von BS und SaZ mit Beamten und eine „eingeschränkte“ Verfassungstreuepflicht für wpfl Soldaten. Pieroth[43] verweist darauf, dass die polit. Treuepflicht „auch von Soldaten einschließlich Zeitsoldaten verlangt“ werde. Eine am Wortlaut orientierte Auslegung von § 8 findet in der Lit. i.d.R.[44] nicht statt.
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Gegen die insbes. vom 2. WDS aufgestellten Grds. könnte angeführt werden, dass der Wortlaut von § 8 eindeutig ist. „Soldat“ meint alle Soldaten gleichermaßen; eine rechtl. unterschiedliche Einstufung der Statusgruppen hätte analog § 9 der Gesetzgeber vornehmen müssen. Die vom VertA und Rechtsausschuss des BT – anders als vom Beamtenrechtsausschuss – während der Beratungen des Gesetzentw. angestellten Überlegungen haben sich im Wortlaut des SG nicht niedergeschlagen. „Anerkennen“ ist gegenüber „bekennen“ ein Minus. Die Soldaten müssen die FdGO als verbindlich ansehen.[45]
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Dem gegenüber argumentiert das BVerfG in mehreren Entsch.[46] mit dem Zusammenhang zwischen der „streitbaren“ oder „wehrhaften“ Demokratie und der „inneren Ordnung“ der Bw. Die Bundesrepublik Deutschland sei eine Demokratie, deren Verfassung von ihren Bürgern eine Verteidigung der demokratischen Ordnung erwarte. Dies gelte in besonderem Maße für diejenigen Bürger, die in einem Dienst- und Treueverhältnis zum Staat stünden, also Beamte, Richter und Soldaten. § 8 trage diesem Gedanken deutlich Rechnung. Es sei eine „Grundpflicht“ der Soldaten, durch ihr gesamtes Verhalten für die Erhaltung der FdGO einzutreten. Folgt man diesen Überlegungen, steht nur fest, dass sich die polit. Treuepflicht des Soldaten (irgendwie) aus dem GG ergibt. Sie wird durch § 8 auf einfachgesetzl. Grundlage konkretisiert.[47] Für die Auslegung von § 8 ist dieser Ansatz aber zumindest insoweit hilfreich, als es nicht völlig fernliegend erscheint, bei Angehörigen des öff. Dienstes die Pflichtenbindung danach zu differenzieren, ob sie auf freiwilliger Grundlage oder kraft gesetzl. Verpflichtung ihren jew. Status erlangt haben.
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Angesichts der Aussetzung des Grundwehrdienstes hat die Frage der Differenzierung der politischen Treuepflicht zwischen freiwillig dienenden und auf Grund der Wehrpflicht dienenden Soldaten an praktischer