Verkehrsunfallflucht. Carsten Krumm

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Verkehrsunfallflucht - Carsten Krumm Praxis der Strafverteidigung

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sollte sich auch nicht scheuen, gegenüber der Staatsanwaltschaft auf den Grundsatz nach § 147 Abs. 1 StPO zu verweisen, dass ein Recht zur Akteneinsicht grundsätzlich immer besteht und nach § 147 Abs. 2 Satz 1 StPO vor Abschluss der Ermittlungen nur bei Gefährdung des Untersuchungszwecks eingeschränkt ist.[1] Auch der Verweis auf § 147 Abs. 3 StPO, wonach Gutachten von Sachverständigen und Niederschriften über die Vernehmung des Mandanten als Beschuldigter immer der Verteidigung zur Verfügung zu stellen sind, sollte erfolgen.[2] Oftmals hat der/die Mandant/in mitgeteilt, dass er/sie bereits Angaben bei der Polizei gemacht habe; oder manchmal hat die Staatsanwaltschaft, ohne die Verteidigung bzw. den/die Beschuldigte/n zu informieren, bereits ein Sachverständigengutachten eingeholt. Dann sollte man immer darauf bestehen, zumindest diese Teile der Ermittlungsakte zur Akteneinsicht übermittelt zu bekommen. Ein Einsichtsrecht in die vollständigen Akten steht der Verteidigung zwar erst nach Abschluss der Ermittlungen zu; zuvor kann eine teilweise Akteneinsicht rechtlich unbedenklich sein.[3]

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      Nach der Gewährung von Akteneinsicht, der Besprechung des Akteninhalts und der Entwicklung der Verteidigungsstrategie ist der Zeitpunkt gekommen, Staatsanwaltschaft oder Gericht gegenüber die Verteidigungsstrategie offen zu legen, wenn überhaupt. Die Übermittlung einer Verteidigungsschrift (auch „Schutzschrift“ oder „Einlassung“) an die Staatsanwaltschaft sollte baldmöglichst nach Akteneinsicht erfolgen. Die von der Staatsanwaltschaft gesetzten Fristen zur „Einlassung“ oder „Stellungnahme“ sind teilweise knapp bemessen und nicht oder nur unter Schwierigkeiten einzuhalten. Es empfiehlt sich, schon bei Rückgabe der Strafakte an die Staatsanwaltschaft immer mitzuteilen, „unbedingt auf den Eingang einer Verteidigungsschrift zuzuwarten“. Dabei handelt es sich um die Aufforderung, dem/der Beschuldigten rechtliches Gehör zu gewähren, was von der Staatsanwaltschaft regelmäßig beachtet wird und eine überraschende Entscheidung „nach Aktenlage“ verhindern kann.

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      Strebt die Verteidigung eine Einstellung des Strafverfahrens an, sollte sorgfältig geprüft werden und realistisch entschieden werden, ob eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdacht oder nach § 153 StPO (ohne Auflagen) oder § 153a StPO (mit Geldauflage oder Weisungen) zu erreichen ist. Dabei ist an einen möglichen Regress der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung (vgl. dazu Rn. 34, 100) zu denken.

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      Oft ist es hilfreich, mit der Staatsanwaltschaft telefonisch – schon vor Übermittlung einer Verteidigungsschrift (auch „Schutzschrift“ oder „Einlassung“) – Kontakt aufzunehmen und die Möglichkeiten einer eventuellen Einstellung zu erörtern. Dieses hängt natürlich auch von der örtlichen Übung der zuständigen Staatsanwaltschaft ab. Strebt der Verteidiger eine Einstellung entweder gegen Geldauflage oder Weisungen gem. § 153a StPO an, so sollten zugleich auch die wirtschaftlichen Verhältnisse mitgeteilt werden können, also berufliche Tätigkeit – die sich möglicherweise durch die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis verändert haben kann –, aber auch die persönlichen Verhältnisse (Familienstand, Unterhaltspflichten etc.) und das erzielte durchschnittliche Monats-Netto-Einkommen. Nach diesen Angaben wird sich dann die Höhe der Geldbuße richten. Auch eine Verfahrenseinstellung gem. § 153b StPO i.V.m. einer „tätigen Reue“ (§ 142 Abs. 4 StGB) sollte in Erwägung gezogen werden (vgl. dazu Rn. 317 ff.).

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      Das Verteidigungsziel einer „Einstellung“ des Verfahrens bedarf manchmal einer intensiven Überzeugungsarbeit gegenüber dem/der eigenen Mandanten/in. Diese/r hat oftmals die Erwartungshaltung, man werde selbstverständlich einen Freispruch oder zumindest eine Einstellung des Verfahrens mangels Tatverdacht gem. § 170 Abs. 2 StPO erzielen.

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      Eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO oder § 153a StPO sollte die Verteidigung immer als eine sichere und vorzugswürdige Beendigung des Strafverfahrens ohne das Risiko einer Hauptverhandlung ansehen und dem/der Mandanten/in dieses auch so vermitteln. Vor allem dann, wenn eine solche Anregung schon vorab z.B. im Anschreiben zur Gewährung von Akteneinsicht von Seiten der Staatsanwaltschaft selbst gegeben wird, sollte diese Frage sorgfältig, jedoch in der Regel mit einer eigenen (positiven) Empfehlung, erörtert werden.

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      Die positive Argumentation der Verteidigung im Hinblick auf eine Einstellung nach § 153a StPO ist demgegenüber weitaus schwieriger, da diese Möglichkeit den/die Mandanten/in finanziell belastet, von ihm/ihr die Zahlung einer Geldauflage als Schuldeingeständnis gewertet wird und natürlich auch die Feststellung beinhaltet, dass der Tatbestand des § 142 StGB verwirklicht wurde, wenn auch „bei geringer Schuld“. Auch hier hilft oftmals der Hinweis auf den Gesetzestext, der vorsieht dass „die Schwere der Schuld nicht entgegensteht“. In der Beratung ist abzuwägen das Risiko einer eventuell ungünstigeren Entscheidung im Hauptverfahren (mit Gerichtstermin) gegen den finanziellen Nachteil einer Geldauflagenzahlung, verbunden mit der Feststellung eines – wenn auch geringen – Verschuldens. Eine kleine Entscheidungshilfe kann hier z.B. der Umstand sein, dass die mit dem Vorwurf der Verkehrsunfallflucht meist verbundene Verkehrsordnungswidrigkeit

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