Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?. Charlotte Schmitt-Leonardy
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![Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht? - Charlotte Schmitt-Leonardy Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht? - Charlotte Schmitt-Leonardy Schriften zum Wirtschaftsstrafrecht](/cover_pre1014685.jpg)
Vgl. hierzu nur Kelsen Reine Rechtslehre, S. 1.
So in Bezug auf das Wirtschaftsstrafrecht Hassemer in: Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 29 (32).
Hassemer bezeichnet sogar ein gerechtes Wirtschaftsstrafrecht ohne Bezug zur Wirklichkeit der Wirtschaft als puren Zufall; vgl. Hassemer in: Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 29 (32).
Stuckenberg Vorstudien zu Vorsatz und Irrtum im Völkerstrafrecht, S. 46.
So formuliert Luhmann Rechtssoziologie 2, S. 210 mit Bezug auf Kraft.
Stuckenberg Vorstudien zu Vorsatz und Irrtum im Völkerstrafrecht, S. 47.
Vgl. den Literaturbericht von Kudlich/Wohlers ZStW 2009, 711 (712).
Gómez-Jara Díez ZStW 2007, 290 (291 f.) weist darauf hin, dass es auch für Deutschland eine Zeitfrage sein wird, bis neue legislatorische Vorschläge für eine Unternehmensstrafbarkeit diskutiert werden – sei es aufgrund nationaler Bedürfnisse, sei es wegen europäischer Verpflichtungen. Jakobs kommentiert den verbreiteten internationalistischen Positivismus m. E. treffend damit, dass auch Unsitten international verbreitet sein können. (Jakobs in: FS f. Lüderssen, S. 559 (Fn. 6)) Dem schließt sich auch v. Freier GA 2009, 98 (100) an.
In dieser Hinsicht ebenfalls kritisch v. Freier GA 2009, 98 (98).
Hefendehl JZ 2004, 18 (18) mit Nachweisen zur generalpräventiven (Nicht-)Wirkung von Strafen in Fn. 1.
Teil 1 Interdisziplinäre Grundlagen der Unternehmenskriminalität › B. „Unternehmen“
B. „Unternehmen“
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Zunächst ist die semantische Hürde zu nehmen. Wenn von Volkswagen die Rede ist, sind die Konnotationen vielfältig: Manch einer wird an das eben erworbene Auto denken, ein anderer an die Kapitalanlage, der Politiker an eine Steuereinnahmequelle, der Angestellte an seinen Arbeitgeber und der Manager an eine Organisation, für die er verantwortlich ist. Die Konnotationen sind so unterschiedlich, wie die Begriffsverständnisse im Recht, in der Ökonomie und in der Soziologie es sind und wenn man die Möglichkeit der strafrechtlichen Haftung eines Unternehmens, wie Volkswagen eines ist, überhaupt in Betracht zieht, muss der abstrakte Begriff „Unternehmen“ so genau wie möglich eingegrenzt werden.
Teil 1 Interdisziplinäre Grundlagen der Unternehmenskriminalität › B › I. Begriffliche Distinktion
I. Begriffliche Distinktion
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Es ist zu beobachten, dass die rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit Kriminalität aus dem Unternehmensbereich auf einem unübersichtlichen semantischen Feld geführt wird. Die Begriffe Unternehmen, Verband, Unternehmensträger, Körperschaft, Organisation und juristische Person werden nebeneinander oder synonym verwendet und selten ist dabei zu erkennen, inwiefern sie voneinander abgegrenzt werden oder jeweils begrifflich konturiert sind. Diese Entwicklung der Diskussion ist insofern folgenreich, als die hier genannten Begriffe als Ausgangspunkte dogmatischer Überlegungen m. E. in vollkommen unterschiedliche Richtungen führen.[1] Erwägt man die Strafbarkeit juristischer Personen, entfernt man sich von einem empirischen Bezugspunkt, der jedoch für das Verständnis der Kriminalität, auf die das Strafrecht eine Antwort finden will, unerlässlich ist. Eine rein theoretische Auseinandersetzung mit der Frage, ob juristische und natürliche Personen im Strafrecht gleichgestellt sind oder eine Analogie konstruierbar ist, erscheint erschöpfend erwogen und angesichts des oftmals apodiktisch angeführten gewichtigen Kriminalitätsproblems,[2] das die Unternehmenskriminalität darstellen soll, zumindest auch „l'art pour l'art“ zu sein. Es ist eine rechtlich spannende Auseinandersetzung mit einem möglichen Unternehmensträger, aber es bleibt eine rein rechtliche Diskussion.
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Fällt die Begriffswahl auf Kollektive, Körperschaften oder Verbände,[3] wird zwar an die soziale Einheit – und damit auch an die kriminologisch relevante Grundlage – angeknüpft, jedoch wird damit das Problem sogleich am Spezifikum Organisation verortet. Dies mag eine abstraktere, und damit weite, Herangehensweise sein, die den Blick sogleich auf Mechanismen der Verantwortungsdiffusion lenkt. Ihr ist auch abzugewinnen, dass sie die Metaebene strafrechtlich zu greifen versucht und rechtliche Überlegungen an den Besonderheiten einer Entität anknüpfen und damit an Plausibilität und Konsistenz gewinnen. Allerdings wird dadurch der Blick von wesentlichen Aspekten der Wirtschaftskriminalität abgewendet, die – auch für die abstrakt anknüpfenden Ansätze[4] – a priori als übergeordneter oder zumindest involvierter Topos gilt. Insbesondere der Aspekt der Profitmaximierung oder Gewinnerzielungsabsicht geraten dann als vorpositive Momente in den Hintergrund. Dies mag innerhalb eines Ansatzes, der konsequenterweise von Verbandskriminalität in gleicher oder ähnlicher Form im Wirtschafts- wie im non-profit-Bereich ausgeht,[5] kohärent sein, jedoch bleiben jedenfalls der Einzelunternehmer und die Zwei-Personen-Konstellationen außer Betracht. Zudem ist diesen Überlegungen zur Verbands- und Kollektivstrafbarkeit gemeinsam, dass sie die Kriminalität ausschließlich als aus der Entität als solcher herrührend betrachten und damit nicht offen sind für Differenzierungen, die sich daraus ergeben, dass Entitäten auch ein Kontext für Mikrokriminalität sein können bzw. es schlicht Gruppenprozesse sein könnten, die Rechtsverletzungen bedingen und diese womöglich nicht dem Kollektiv zuzurechnen sind.
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Aus diesen Gründen wird für die vorliegende Untersuchung das Unternehmen als Ausgangspunkt gewählt und damit einerseits das Kollektiv