DS-GVO/BDSG. David Klein
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Fraglich ist zudem, ob Art. 6 Abs. 4 durch seine Formulierung eine eigenständige Öffnungsklausel enthält, durch die die Mitgliedstaaten die Zulässigkeit von Zweckänderungen gesetzlich normieren können.[450] Hierbei stellt sich insbesondere die Frage des Verhältnisses zu Art. 6 Abs. 2 und 3. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Mitgliedstaaten die Zulässigkeit einer Datenverarbeitung im Hinblick auf die Zweckbindung nur dann im Rahmen einer Öffnungsklausel ausgestalten können, wenn ihnen bereits die inhaltliche Regelungsbefugnis für die ursprüngliche Datenverarbeitung zukommt.[451] Andernfalls bestünde die erhebliche Gefahr der Absenkung des Schutzstandards der DS-GVO, wenn extensiv auf mitgliedstaatlicher Ebene zulässige Zweckänderungen (etwa auch im nichtöffentlichen Bereich) festgelegt werden könnten.[452] Das Zusammenspiel der Öffnungsklauseln zeigt § 9 Abs. 2 DSG NRW: Die Regelungsbefugnis für den öffentlichen Bereich folgt aus Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e, Abs. 2 bis 4 und nicht bloß aus Art. 6 Abs. 4.[453] Offensichtlich geht der Gesetzgeber im Rahmen von §§ 23, 24 BDSG davon aus, dass Art. 6 Abs. 4 eine eigenständige Öffnungsklausel darstellt.[454] Dafür spricht auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.[455] Dies läuft gleichwohl dem Ziel der Harmonisierung des Datenschutzrechts durch die DS-GVO entsprechend ErwG 3 und der Systematik von Art. 6 zuwider und überdehnt die Regelungsbefugnis des nationalen Gesetzgebers.[456] Vielmehr treten die Normen stets neben Art. 6 Abs. 4 und dessen Voraussetzungen (vgl. dazu auch Rn. 224 und Rn. 258 f.).[457]
a) Allgemeines
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Der Wortlaut der Vorschrift ist etwas unglücklich formuliert und lässt ihren Gehalt erst nach genauer Analyse erkennen:[458] Sofern eine Datenverarbeitung nicht auf der Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer Rechtsvorschrift der Union oder der Mitgliedstaaten beruht, kann ein Verantwortlicher eine Verarbeitung zu einem anderen Zweck als zu demjenigen durchführen, zu dem die personenbezogenen Daten erhoben wurden – vorausgesetzt, er stellt fest, dass die Verarbeitung zu einem anderen Zweck mit dem ursprünglichen Zweck vereinbar ist. Dies bedeutet zum einen, dass eine Zweckänderung bereits durch eine Einwilligung oder gesetzliche Vorschrift zulässig sein kann.[459] Erst wenn weder eine entsprechende Einwilligung noch eine gesetzliche Erlaubnis für die zweckändernde Weiterverarbeitung besteht, findet Art. 6 Abs. 4 Anwendung.
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Kerninhalt der Vorschrift ist demnach die Prüfung der Vereinbarkeit von ursprünglichem und neuem bzw. späterem Zweck im Rahmen einer Weiterverarbeitung von Daten. Der Wortlaut des ErwG 50 gibt weiter Aufschluss über den Inhalt der Norm. Ein Verantwortlicher muss demnach schrittweise vorgehen, indem er zunächst prüft, ob eine Einwilligung für die zweckfremde Verarbeitung vorliegt oder eine Rechtsvorschrift der Union oder der Mitgliedstaaten die Verarbeitung rechtfertigen würde. In diesem Fall ist es auch möglich, dass die Verarbeitung trotz nicht miteinander zu vereinbarender Zwecke durchgeführt wird.[460] Dies unterstreicht auch ErwG 50 S. 7: Hat die betroffene Person ihre Einwilligung erteilt oder beruht die Verarbeitung auf einer gesetzlichen Erlaubnis, dann sollte der Verantwortliche die personenbezogenen Daten ungeachtet der Vereinbarkeit der Zwecke verarbeiten dürfen. Es bedarf dann keiner Prüfung der Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 4 mehr. Wenn indes keine Einwilligung oder gesetzliche Erlaubnis vorliegt, muss der Verantwortliche die Vereinbarkeit der Zwecke der Datenverarbeitung entsprechend den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 4 prüfen.
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Eine Definition der Vereinbarkeit der Zwecke liefert die DS-GVO nicht. So bleibt offen, was eine Vereinbarkeit der Zwecke bedeutet und wann diese gegeben ist.[461] Vielmehr