DS-GVO/BDSG. David Klein
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![DS-GVO/BDSG - David Klein DS-GVO/BDSG - David Klein Heidelberger Kommentar](/cover_pre1014730.jpg)
b) Allgemeines zu §§ 23 ff. BDSG n.F.
260
Die Regelungen entsprechen im Wesentlichen oder orientieren sich zumindest an den vergleichbaren Vorschriften des BDSG a.F. Hierauf wird in der folgenden Kommentierung der jeweiligen Vorschrift gesondert hingewiesen. Insofern kann zur Orientierung auch auf die hierzu bestehende Kommentarliteratur zurückgegriffen werden.
aa) Allgemeines
261
Die Vorschrift orientiert sich an den Regelungen des § 13 Abs. 2 und des § 14 Abs. 2–5 BDSG a.F.[533] Sie dient dazu für öffentliche Stellen im Rahmen der jeweiligen Aufgabenerfüllung eine nationale Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch denselben Verarbeiter zu einem anderen Zweck als zu demjenigen, zu dem er sie ursprünglich erhoben hat, zu etablieren. Die Vorschrift stellt damit die zentrale Norm für die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten durch nationale öffentliche Stellen dar. Sie gilt ausweislich der Gesetzesbegründung explizit unabhängig davon, ob die Zwecke der Weiterverarbeitung mit den Zwecken, für die die Daten ursprünglich erhoben wurden, nach Art. 6 Abs. 4 VO (EU) Nr. 2016/679 (DS-GVO) vereinbar sind.[534] Zur Notwendigkeit der Rechtmäßigkeit des der Datenverarbeitung zugrunde liegenden Verwaltungshandelns vgl. oben Rn. 121 die Ausführungen zu § 3 BDSG.
bb) Norminhalt des § 23 Abs. 1 BDSG
262
Die Norm richtet sich allein an öffentliche Stellen i.S.d. § 2 Abs. 1 und 2 BDSG n.F. Öffentliche Stellen dürfen eine zweckändernde Weiterverarbeitung überhaupt nur dann durchführen, sofern dies „im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung“ geschieht. Hiermit ist das Erfordernis der Zuständigkeit reguliert, so dass jede Weiterverarbeitung außerhalb der Zuständigkeit einer Behörde nicht durch die Norm gerechtfertigt werden kann. Es muss ferner einer der im Gesetz explizit vorgesehenen Tatbestände einschlägig sein. Die Tatbestände sind recht konkret gefasst und haben daher einen zwar beschränkten aber gleichwohl bewusst spezifischen Anwendungsbereich. Da es sich um Ausnahmetatbestände handelt, sind die Voraussetzungen grundsätzlich eng auszulegen.
(1) Interesse der betroffenen Person (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 BDSG)
263
Der Erlaubnistatbestand entspricht § 14 Abs. 2 Nr. 3 BDSG a.F. Hiernach muss offensichtlich sein, dass die Weiterverarbeitung zu einem anderen Zweck im Interesse der betroffenen Person liegt und kein Grund zu der Annahme besteht, dass die betroffene Person in Kenntnis des anderen Zwecks ihre Einwilligung verweigern würde. Das ist der Fall, wenn z.B. der Aufenthalt des Betroffenen unbekannt oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand feststellbar ist.[535]
264
Fraglich ist, wie der Wortlaut „ihre Einwilligung verweigern würde“ zu verstehen und praktisch umzusetzen ist. Nach dem reinen Wortverständnis müsste der Verantwortliche sich eine hypothetische Situation vorstellen, in der eine betroffene Person nach ihrer Einwilligung für die zweckändernde Weiterverarbeitung gefragt wird, und einschätzen, ob die betroffene Person (wohlgemerkt: hypothetisch) ihre Einwilligung zu dieser Verarbeitung erteilen würde. Dies ist mit erheblicher Rechtsunsicherheit für den Verantwortlichen verbunden und wird auch kaum objektiv feststellbar sein. Daher sollte vielmehr darauf abgestellt werden, ob die zweckfremde Verarbeitung der Daten mit Einwilligung des Betroffenen zulässig wäre. Dies wäre jedoch in den allermeisten Fällen so, sofern jedenfalls die sonstigen Voraussetzungen der Einwilligung eingehalten wären. Insofern sollte dieses Tatbestandsmerkmal höchstens korrektive Wirkung entfalten. Im Wesentlichen sollte auf das Interesse des Betroffenen abgestellt werden, was regelmäßig dann zu bejahen ist, wenn die Verarbeitung zu seinem Vorteil gereicht oder sonst für ihn förderlich ist. In einem solchen Fall würde – zumindest objektiv – der Betroffene unter normalen Umständen regelmäßig auch eine Einwilligung erteilen. Hierbei sollte jedenfalls einbezogen werden, ob der Betroffene schon früher einmal seine Einwilligung zu einer vergleichbaren Verarbeitung verweigert hat.
(2) Überprüfung von Angaben der betroffenen Person (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 BDSG)
265
Der Erlaubnistatbestand entspricht § 14 Abs. 2 Nr. 4 BDSG a.F. Danach ist die Weiterverarbeitung zu einem anderen Zweck zulässig, sofern Angaben der betroffenen Person überprüft werden müssen, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen.
266
Angaben der betroffenen Person werden in der Regel nur zu bestimmten Zwecken der Aufgabenerfüllung der Verwaltung erhoben (zum Beispiel Bearbeitung eines bestimmten Antrags, Treffen einer spezifischen Verwaltungsentscheidung). Sofern jedoch im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltungstätigkeit Tatsachen bekannt werden, die auf eine Unrichtigkeit der Daten schließen lassen, stellt die Vorschrift einen gesonderten Erlaubnistatbestand dar, um die Angaben zu überprüfen und gegebenenfalls zu berichtigen. Daraus lässt sich zweierlei schließen: Erstens muss es einen konkreten Anhaltspunkt geben, aus dem geschlossen werden kann, dass Daten unrichtig sind (z.B. bei Vergleich zweier Formblätter mit Daten der betroffenen Person, oder differierende Angaben über die betroffene Person durch diese in demselben Sachzusammenhang). Eine anlassunabhängige Datenprüfung erlaubt die Vorschrift damit nicht. Zweitens wird die Verwaltung damit in die Lage versetzt, ihre Tätigkeiten effizient und zielführend zu erledigen. Dies sollte als Maßstab bei der Frage herangezogen werden, ob der Tatbestand einschlägig ist und eine entsprechende (zweckfremde) Verarbeitung vorgenommen werden darf.
(3) Gefahrenabwehr (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 BDSG)
267
Gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 BDSG n.F. ist eine zweckändernde Weiterverarbeitung erlaubt, wenn sie zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung oder die nationale Sicherheit, zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls oder zur Sicherung des Steuer- und Zollaufkommens erforderlich ist. Der Erlaubnistatbestand entspricht § 14 Abs. 2 Nr. 6 BDSG a.F.
268
Als Gemeinwohlinteressen sind nach verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung z.B. die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Fernrufnetzes, ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung, Sicherung eines geordneten Arbeitsmarktes oder die Verhütung einer Störung der auswärtigen Beziehungen anerkannt.[536] Es reicht bereits, dass „erhebliche Belange“ dieses Gemeinwohls gewahrt werden sollen. Der Tatbestand ist daher äußerst weit. Einschränkend wirkt insoweit das Kriterium der Erforderlichkeit. Dieses gilt für sämtliche hierin genannten Zwecke. Im Rahmen der allgemeinen verfassungsrechtlichen Angemessenheitsprüfung wirkt dieses Korrektiv daher in der bekannten Manier, dass grundsätzlich kein milderes, aber gleich effektives Mittel als die zweckändernde Datenverarbeitung zur Erfüllung der Verwaltungsaufgaben in Betracht kommt. Auch hier wird es jedoch regelmäßig ferner auf eine