Kommunikationswissenschaft. Roland Burkart

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Kommunikationswissenschaft - Roland Burkart

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Medien der Kommunikation gegenüber unendlich überlegen“ (Döhn 1979: 206). Diese Überlegenheit kommt u. a. darin zum Ausdruck, dass sie uns ermöglicht, „aus einer begrenzten Anzahl von Lauten eine praktisch unbegrenzte Anzahl von Sätzen hervorzubringen“ (ebd.). Erst dadurch können wir „verschiedenartige Informationen übermitteln und miteinander verknüpfen“ (ebd.).

      Das Interesse an Sprache konzentriert sich im vorliegenden Kapitel auf ihre kommunikative Leistung. Es geht also weniger um Sprache „an sich“, sondern um die Sprachlichkeit menschlicher Kommunikation. In ihrer Eigenschaft als Medium symbolisch vermittelter Interaktion kann Sprache als eine Instanz gesehen werden, mit deren Hilfe wir Inhalte (Gegenstände, Gedanken, Ideen, Gefühle etc.) anderen Menschen zugänglich machen können. Diese „dialogische Funktion“ (Kainz 1954: 172) gilt als die Hauptfunktion der Sprache.3 Damit steht Sprache als ein Instrument zur zwischenmenschlichen Verständigung im Mittelpunkt. Es gilt daher zunächst klarzustellen, wie sich Verständigung über den Weg sprachlicher Kommunikation überhaupt vollzieht.

      Verständigung liegt (wie im Kap. 2 ausführlich diskutiert wurde) dann vor, wenn die Kommunikationspartner im Rahmen ihrer kommunikativen Interaktionen die zu vermittelnden Bedeutungen (wenigstens annäherungsweise) „miteinander teilen“. Mit Blick auf Sprache bzw. die sprachlichen Zeichen bedarf dieses Verständigungsereignis allerdings einer Präzisierung mit Hilfe der Semiotik4, der Lehre von den sprachlichen Zeichen.

      Im Anschluss an Charles S. Peirce (1839–1914) kann man mit Morris (1938) bei sprachlichen Zeichen folgende drei Dimensionen unterscheiden:

      Abb. 8: Dimensionen sprachlicher Zeichen (eigene Darstellung)

      Die semantische Dimension meint die Beziehung zwischen den sprachlichen Zeichen und den außersprachlichen „Gegenständen“ (Personen, Dingen, Zuständen, Ereignissen, Ideen etc.), auf die sie verweisen, die sie „bezeichnen“ sollen. Die Semantik untersucht demgemäß die Bedeutung sprachlicher Zeichen und Zeichenfolgen (vgl. Pelz 2013: 181 ff.). Die syntaktische Dimension meint die Beziehung der Zeichen untereinander. Der Untersuchungsgegenstand der Syntaktik sind die grammatikalischen Regeln, nach denen sprachliche Zeichen miteinander verknüpft werden können (vgl. Pelz 2013: 147 ff.). Die pragmatische Dimension schließlich meint die Beziehung zwischen den Zeichen und ihren Benützern. Die Pragmatik als „Lehre von der Zeichenverwendung“ (Schlieben-Lange 1975a: 10) fragt nach der Art und Weise des Gebrauchs sprachlicher Zeichen und Zeichenfolgen; sie untersucht, was mit sprachlichen Zeichen(-Kombinationen) „gemacht“ wird, wozu sie benützt werden.

      Sprache ist ohne Sprachbenützer nicht denkbar. Sätze – also nach bestimmten syntaktischen Regeln kombinierte, bedeutungsvolle sprachliche Zeichen – gewinnen erst dann (sinnlich wahrnehmbare) Realität und können daher erst dann eine kommunikative (Mitteilungs-)Funktion erfüllen, wenn sie zu Äußerungen eines Sprechers werden. Diese Tatsache macht die Bedeutung der pragmatischen Dimension sprachlicher Zeichen für sprachliche Kommunikationsprozesse erkennbar: Gesprochene (und natürlich auch geschriebene oder in irgendeine andere Form transponierte) Sprache ist stets eine zu irgendetwas „benützte“ Sprache. Diese Einsicht geht auf den englischen Sprachphilosophen John Langshaw Austin zurück, der als einer der ersten die Frage stellte, was wir mit Worten eigentlich tun.5 Austin erkannte, dass die Bedeutung einer sprachlichen Äußerung nicht schon allein dadurch feststellbar ist, „dass man die ‚Bedeutung’ der einzelnen Wörter ermittelt und sie zu einer Gesamtbedeutung der Wörter addiert“ (Hennig/Huth 1975: 114).

      Diese Tatsache kann man sich an einer ganz alltäglichen Äußerung vergegenwärtigen: „Betrachten wir also Franz, der zu Fritz sagt: Morgen komme ich. Wie gebraucht er seine Äußerung? Was tut er damit, dass er den Satz äußert? Erstens, und das ist schon einmal wichtig, äußert er einen deutschen Satz, der sprachlich bedeutungsvoll ist und den jeder versteht, der nicht weiß, wann er geäußert wird, und nicht weiß, wer ihn äußert, und der vor allem nicht weiß, wozu der Sprecher ihn äußert, wie er ihn gebraucht. Ja mehr als das: Auch wer den Sachverhalt, um den es geht, genau kennt, wer z. B. weiß, dass Franz den Satz äußert, und zwar am Donnerstag, so dass es um den Sachverhalt geht, dass Franz am Freitag kommt, weiß noch nicht, was er mit der Äußerung tut. Franz kann mit der Äußerung ganz verschiedene Dinge tun: Er kann Fritz mitteilen, dass er morgen kommen werde. Er kann Fritz versprechen zu kommen. Er kann Fritz warnen oder drohen, indem er das sagt. Und so weiter. All das ist noch in keiner Weise bestimmt, wenn die sprachliche und inhaltliche Bedeutung der Äußerung schon längst festliegt“ (Savigny 1972: 8).

      Die Bedeutung einer Äußerung wird also erst dann erkennbar, wenn man weiß, was der Sprecher mit den sprachlichen Zeichen eigentlich beabsichtigt, was er mit ihnen tut, d. h., wozu er die geäußerten Worte benützen will. Die von Austin (1972) begründete Sprechakttheorie basiert auf eben dieser Erkenntnis. Sie geht davon aus, dass das Sprechen einer Sprache eine Form des menschlichen Handelns darstellt.6 „Eine Sprache sprechen bedeutet, Sprechakte auszuführen – Akte, wie z. B. Behauptungen aufzustellen, Befehle zu erteilen, Fragen stellen, Versprechungen machen usw. […] Sprechakte […] sind die grundlegenden oder kleinsten Einheiten der sprachlichen Kommunikation“ (Searle 1971: 30).

      Die Konsequenzen des bisher Gesagten für den hier zur Diskussion stehenden Verständigungsbegriff liegen auf der Hand: Das Verstehen einer sprachlich vermittelten Aussage, also das Erkennen dessen, was mit einer sprachlichen Äußerung tatsächlich gemeint ist, hängt sowohl vom Erkennen des Bedeutungsgehaltes der sprachlichen Zeichen(-folge) als auch von einer kommunikator·innengerechten Interpretation der gesetzten Sprechakte ab.

      Verständigung zwischen zwei Gesprächspartner·innen setzt somit nicht nur eine Übereinstimmung von Sprecher·in und Hörer·in in Bezug auf den semantischen Gehalt sowie die syntaktischen Kombinationsmöglichkeiten sprachlicher Zeichen voraus; Verständigung erfordert auch eine Einigung über den pragmatischen Verwendungssinn der jeweils geäußerten Zeichenkombinationen. Eine Verständigung zwischen Sprecher·in und Hörer·in erfordert also eine Begegnung auf zwei „Ebenen“ der Kommunikation (Habermas 1971: 105):

      •auf einer Ebene der Gegenstände7, über die man sich verständigt. Hier wird Verständigung über den mitzuteilenden Sachverhalt herbeigeführt,

      •auf einer Ebene der Intersubjektivität, auf der die Sprecher·innen/Hörer·innen miteinander sprechen. Hier wird Verständigung über den Typus des gesetzten Sprechaktes hergestellt.

      Nur wenn beide Kommunikationspartner·innen im Moment der Kommunikation in gleicher Weise beide Ebenen betreten, kommt Verständigung zustande.

      Zur Verdeutlichung diene die Äußerung: „Ich verspreche dir, dass ich morgen komme.“ Analysiert man diese Äußerung im Hinblick auf die beiden soeben eingeführten Ebenen der Kommunikation, so gelangt man zu folgendem Ergebnis: Mit dem Satzteil „Ich verspreche dir, dass …“ wird die intersubjektive Ebene betreten. Sprecher und Hörer stellen wechselseitig Klarheit darüber her, wie sie miteinander sprechen; d. h., sie einigen sich über den Typus des gesetzten Sprechaktes (hier: ein Versprechen) und damit über den pragmatischen Verwendungssinn der Äußerung. Im Fall von Verständigung besteht also Klarheit darüber, was der·die Sprecher·in mit den noch folgenden Worten tut, wozu er·sie die Worte benützt. Mit dem Satzteil „… ich morgen komme“ wird die gegenständliche Ebene betreten. Sprecher·in und Hörer·in stellen wechselseitig Klarheit

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