Kommunikationswissenschaft. Roland Burkart

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Kommunikationswissenschaft - Roland Burkart

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zu machen. Gleiches gilt für die Inuit und ihre verschiedenen Bezeichnungen für Schnee.

      Mit Blick auf das symbolische Netz, das wir mit Sprache über die Wirklichkeit werfen, weisen diese Beispiele somit darauf hin, dass für jene Lebensbereiche, die in einem Kulturkreis von zentraler Bedeutung sind, auch entsprechende sprachliche Differenzierungen entstanden sind, die sich für die jeweiligen Lebensumstände als passend erwiesen haben.15 Der Zusammenhang zwischen Sprache und Realität16 scheint sich nun, nach Kenntnis des Prinzips der sprachlichen Relativität, als ein wechselseitiger zu erweisen:

      Abb. 12: Sprachliche Relativität (eigene Darstellung)

      Einerseits prägen Umwelt und Erfahrung die Sprache. Eine Sprache stellt nicht zufällig vorhandene Differenzierungsmöglichkeiten von Realität bereit. Vielmehr entwickelt sich ein sprachliches Symbolsystem, das diejenigen Aspekte der Wirklichkeit rekonstruiert, die den Erfordernissen der jeweiligen menschlichen Umwelt entsprechen. Andererseits beeinflusst aber auch die Sprache die menschliche Erfahrung und damit das Erkennen der Umwelt. Damit ist gemeint, dass eine bestimmte Sprache stets auch eine bestimmte Perspektive auf die Realität in sich trägt. Mit dem Erlernen einer Sprache erwirbt man also auch einen ganz bestimmten „Zugang“ zur Wirklichkeit.

      Eine weitere für Verständigung relevante Besonderheit der menschlichen Sprache besteht in ihrer „Selbstreflexivität“:17 Man kann mit Sprache über Sprache sprechen, d. h., man kann sprachliche Aussagen selbst wieder zum Gegenstand von Aussagen machen. Für diese beiden Arten von sprachlichen Aussagen sind auch die Bezeichnungen „Objektsprache“ und „Metasprache“ gebräuchlich.

      Unter Objektsprache versteht man die Ebene der Sprache, „in der Aussagen zu außersprachlichen Gegenständen und Sachverhalten (Objekten) gemacht werden“ (Glück/Rödel 2016: 477).

      Z. B.: „Dem Gemeinderat von Siebenkirchen gehören zwölf Mitglieder an.“

      Als Metasprache gilt dagegen die Ebene der Sprache, in der etwas über objektsprachliche Sätze gesagt wird. Gegenstand der Aussage ist also nicht die außersprachliche Realität, sondern die Sprache selbst (vgl. ebd.: 429).

      Z. B.: „Der Satz: ‚Dem Gemeinderat von Siebenkirchen gehören zwölf Mitglieder an’, ist richtig.“

      Freilich kann auch dieser metasprachliche Satz abermals Gegenstand einer Aussage werden, die dann als „metametasprachliche“ Aussage zu bezeichnen wäre.

      Z. B.: „Der Satz, in dem festgestellt wird, dass die Aussage: ‚Dem Gemeinderat von Siebenkirchen gehören zur Zeit zwölf Mitglieder an’, richtig ist, stellt nur ein Urteil über dessen grammatikalische Richtigkeit“ dar.“

      Manche Sprachwissenschaftler·innen sehen in der sprachlichen Reflexivität eine Grundfunktion der Sprache überhaupt, weil sie deren zentrale Bedeutung in sprachlichen Grenzsituationen zu erkennen glauben: So vollzieht sich beispielsweise der Spracherwerb beim Kleinkind „weithin metasprachlich, nämlich durch Feststellungen der Art, dass Verfahren und Bedeutungen im eigenen Gebrauch nicht mit dem der Erwachsenen übereinstimmen“ (Schlieben-Lange 1975b: 192).18 Sprachliche Kommunikation selbst wird danach eigentlich erst durch grundsätzliche metasprachliche Fähigkeiten der Beteiligten möglich; dieses „Wissen“ der Sprecher·innen (und Hörer·innen) um ihre Sprache (das sogenannte „metasprachliche Begleitbewusstsein“) besteht in der impliziten Einsicht, dass Sprache etwas ist, das jederzeit Gegenstand einer Reflexion werden kann. Explizit wird dieses Wissen eben dann in metasprachlichen Äußerungen (vgl. ebd.: 193 f.).

      Dieses Reflexivitätspotential der menschlichen Sprache, welches in Form von metasprachlichen Aussagen manifest wird, besitzt v. a. für nicht erfolgreich ablaufende kommunikative Interaktionen besondere Bedeutung: Gerade dann, wenn Verständigung ausbleibt, d. h., wenn ein Missverständnis als Konsequenz kommunikativen Handelns zu diagnostizieren ist, erwächst aus der Fähigkeit des Menschen, über seine Sprache und sein Sprechen sprechen zu können, die Möglichkeit, Metakommunikation in Gang zu bringen.

      Metakommunikation ist Kommunikation über bereits stattgefundene oder soeben stattfindende Kommunikation. Als Kommunikation über Kommunikation unterscheidet sie sich von anderen Formen der Kommunikation nur durch ihren Gegenstand: „Metakommunikation ist die Form menschlicher Kommunikation, die sich selber thematisiert, und zwar auf der Inhalts- und Beziehungsebene“ (Bock 1978: 207).

      Gerade die Fähigkeit zur Metakommunikation versetzt uns also in die Lage, missverständliche bzw. missverstandene sprachliche Äußerungen (sowie deren nonverbale Begleitphänomene) selbst zum Gegenstand einer Aussage und damit zum Objekt einer kommunikativen Interaktion zu machen. Dies gilt sowohl für die gegenständliche als auch für die intersubjektive Ebene von Kommunikation: Man kann die Metakommunikation als Mittel einsetzen, um Verständigung über den mitzuteilenden Sachverhalt herbeizuführen; man kann Metakommunikation aber auch einsetzen, um Verständigung über den Verwendungssinn der geäußerten Sätze (d. h. zumeist über die Art des Sprechaktes) herbeizuführen.

      In Anlehnung an den vorher verwendeten Demonstrationssatz gehen wir von folgender Äußerung eines Siebenkirchner Gemeindrates aus: „Ich finde den Bürgermeister nicht länger tragbar.“

      Hier könnte z. B. klärungsbedürftig sein, welcher Bürgermeister denn gemeint sei. Eine eventuelle Frage an den Sprecher „Meinst du den Bürgermeister von Siebenkirchen?“ wäre dann ein metakommunikativer Versuch, Verständigung auf der gegenständlichen Ebene der Kommunikation (also über den mitzuteilenden Sachverhalt) herbeizuführen.

      Klärungsbedürftig könnte aber auch die Art des Sprechaktes sein. Eine eventuelle Frage an den Sprecher könnte daher lauten: „Ist das eine Feststellung, oder kündigst du damit einen Misstrauensantrag an?“ und wäre ein metakommunikativer Versuch, Verständigung auf der intersubjektiven Ebene der Kommunikation (über den pragmatischen Verwendungssinn der mitgeteilten Aussage) herbeizuführen.

      Institutionalisierte Versuche, Missverständnisse zwischen Kommunikationspartnern zu verhindern oder wenigstens zu minimieren, sind in praktisch allen Wissenschaftssprachen anzutreffen. Die Sprache einer Wissenschaft unterscheidet sich von der gängigen Alltagssprache vor allem dadurch, dass sie über eine sogenannte Terminologie verfügt, d. h. über eine Anzahl von Symbolen (Termini), deren Bedeutung möglichst eindeutig feststeht. Auf diese Weise wird versucht, insbesondere jene Sprachbarrieren, die auf der gegenständlichen Ebene von Kommunikation anzusiedeln sind, zu vermeiden bzw. gering zu halten. „Die Termini einer Wissenschaft sind Wörter oder zusammengesetzte Ausdrücke, die der eigenen oder einer fremden natürlichen Sprache entnommen oder künstlich geschaffen sind und deren Bedeutung und Gebrauch innerhalb dieser Wissenschaft durch Festsetzungsdefinitionen eindeutig festgelegt ist“ (Segeth 1972: 1082).

      Sieht man von den Formalwissenschaften ab (wie Logik, Mathematik, Informatik), die sich einer künstlich entwickelten Zeichen- bzw. Formelsprache bedienen, dann begegnet man – insbesondere in den Sozialwissenschaften – recht häufig dem Umstand, dass ein und dasselbe Wort (das womöglich auch noch aus der Alltagssprache stammt) in verschiedenen Disziplinen als „Terminus“ für ganz unterschiedliche Bedeutungen anzutreffen ist.

      So bedeutet etwa das aus der deutschen (Alltags-)Sprache stammende Wort Arbeit

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