Kommunikationswissenschaft. Roland Burkart

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Kommunikationswissenschaft - Roland Burkart

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eine Trägersubstanz innerhalb chemischer Prozesse bezeichnet, so versteht man darunter in der Kommunikationswissenschaft das Ausdrucksmittel einer kommunikativen Aktivität.

      In solchen und ähnlichen Fällen wurde also ein und dasselbe Wort mit unterschiedlichen Bedeutungen belegt und repräsentiert daher auch unterschiedliche Begriffe (und natürlich auch verschiedene Realitäten). Das Verfahren, mit dem derartige Bedeutungszuweisungen erfolgen, nennt man den Vorgang des Definierens. Eine Definition „ist eine Entscheidung darüber […], dass ein bestimmtes sprachliches Zeichen nur noch in einer bestimmten Weise verwendet werden soll“ (Prim/ Tilmann 1997: 28) – also eine „Konvention über die Verwendung von Zeichen“ (Opp 2014: 121). Mit einer Definition wird ein Wort (oder Zeichen bzw. eine Zeichenkombination) einer Summe von Vorstellungsinhalten (einem Begriff) zugeordnet. Damit wird nicht nur für intersubjektiv klare Begriffe gesorgt, es werden dadurch in der Regel auch kürzere Aussagen möglich, denn eine Reihe von Vorstellungsinhalten oder Einzelmerkmalen (= Definiens) werden auf ein Symbol bzw. eine Symbolkombination (= Definiendum) übertragen. Üblicherweise beansprucht das Definiendum eine geringere Zeichenanzahl als das Definiens.

      So wurde z. B. im Rahmen dieses Buches der komplexe Begriff von dem zwischen (mindestens) zwei Menschen ablaufenden Prozess, in dem diese unter Benützung eines Mediums Bedeutungsinhalte miteinander teilen (= Definiens), mit dem Terminus Kommunikation (= Definiendum) gleichgesetzt.

      Eine Frage, die sich im Zusammenhang mit Definitionen immer wieder stellt, ist die Frage nach ihrer Gültigkeit. Worin bestehen die Kriterien, nach denen diese Gültigkeit beurteilt werden kann, oder (genauer gefragt) wie kann man entscheiden, ob eine Definition zu akzeptieren oder zu verwerfen ist? Insbesondere in den Sozialwissenschaften ist mit dieser Frage ein wichtiger Aspekt wissenschaftlichen Arbeitens angesprochen, weil wir es in der Regel mit Begriffen zu tun haben, die nur über einen indirekten empirischen Bezug verfügen. Vielfach handelt es sich um theoretische Konstrukte, die nicht unmittelbar beobachtbar, sondern nur über Indikatoren empirisch erfassbar sind.19 Die Auffassungen zur Beantwortung dieser Frage sind zwei grundsätzlich divergente.

      •Zunächst gibt es die Befürworter·innen der sogenannten Realdefinition. Realdefinitionen zielen darauf ab, „das ‚Wesen’ oder die ‚Natur’ von irgendwelchen Tatbeständen zu beschreiben“ (Prim/Tilmann 1997: 30) und können her wahr (wenn diese Beschreibung auf die Realität voll zutrifft) oder falsch (wenn dies nicht der Fall ist) sein.

      •Im Gegensatz dazu stehen die Befürworter·innen der sogenannten Nominaldefinition. Nominaldefinitionen nehmen nicht für sich in Anspruch, das Wesen einer Sache, eines Prozesses (etc.) voll darzustellen, sondern sind bloß eine Festsetzung über die Verwendung eines sprachlichen Ausdrucks (Prim/ Tilmann ebd.: 31). Nominaldefinitionen behaupten also nichts über die Realität (Opp 2014: 121), denn sie sind nichts anderes als Konventionen, von nun an mit bestimmten Symbolen bestimmte Begriffe zu verbinden. Nominaldefinitionen können daher weder wahr noch falsch sein. Die Beurteilung ihrer Gültigkeit hängt davon ab, ob man sie als angemessen (auch: zweckmäßig) oder unangemessen (unzweckmäßig) betrachtet.

      So wäre etwa die oben angeführte Definition von Medium als Trägersubstanz innerhalb chemischer Prozesse für die Kommunikationswissenschaft nicht angemessen, weil sie für ihr Untersuchungsobjekt (die zwischenmenschliche oder auch die öffentliche Kommunikation) unzweckmäßig ist, d. h. ihren Forschungsperspektiven nicht entspricht. Die chemische Definition von Medium ist deswegen aber nicht als falsch zu bezeichnen, sie entspricht vielmehr einem anderen Realitätsbereich und erscheint daher wieder für die Forschungsinteressen der Chemie zweckmäßig, weil sie ihrem Untersuchungsobjekt (den chemischen Vorgängen) gerecht wird. Hier insgesamt nach dem Wesen des Mediums zu fragen, scheint irrelevant zu sein.20

      In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass sämtliche in diesem Buch präsentierten Begriffsbestimmungen als Nominaldefinitionen zu begreifen sind. Sie wollen also ausschließlich für den kommunikationswissenschaftlichen Forschungsbereich angemessen bzw. zweckmäßig sein und beanspruchen nur für diesen Gültigkeit.

      1Eine systematische Auflistung nichtsprachlicher Momente von Kommunikation gibt Graumann (1972: 1219 ff.). Er zählt zum Bereich außersprachlicher Medien neben den körperbezogenen Ausdrucksmitteln auch Kommunikationsräume (wie die Landschaft, das Klima, die Stadt, das Gebäude) und Kommunikationsobjekte (etwa alltägliche Gegenstände wie einen Tisch, Blumen, ein Streichholz usw.). Alles, was uns umgibt, kann als Medium auftreten und damit Bedeutungen vermitteln. – Als ein Standardwerk zur nonverbalen Kommunikation gilt: Argyle (2013), vgl. aber auch: Röhner/Schütz (2012: 57 ff.).

      2Merten (1977: 122 ff.) zeigt anhand vieler Befunde auf, dass sich die verbale Kommunikation aus der nonverbalen Kommunikation entwickelt haben muss, wobei diese durch die verbale Kommunikation allerdings „nicht abgelöst, sondern nur ergänzt worden ist“ (ebd.: 82).

      3Es soll nicht übersehen werden, dass Sprache auch andere Funktionen als die des Mitteilens erfüllen kann. So lässt sich dieser dialogischen z. B. eine monologische Sprachfunktion (ebd.: 185, Pelz 2013: 29) gegenüberstellen: Gemeint ist die Leistung der Sprache als Denkhilfe oder auch als Möglichkeit, eigene Gefühle vor sich selbst manifest werden zu lassen (= emotionell-expressive Leistung). Zu denken ist z. B. an einen spontanen „Au-Schrei“ oder an einen im Affekt geäußerten Fluch. Erwähnt sei außerdem die phatische Sprachfunktion: Sie besteht im bloßen Kontakthalten oder auch im „Herstellen, Verlängern oder Unterbrechen eines sprachlichen Kontakts“ (Pelz ebd.). Sie ist z. B. als small talk auf Partys und in vielen Alltagssituationen beobachtbar, wenn „Geräusch um des Geräusches willen“ gemacht wird – in Äußerungen wie: „Schöner Tag heute“, „Na, auch mal wieder in der Stadt?“ etc. Hier geht es also weniger um mitzuteilende Inhalte, vielmehr um die Kontaktfunktion von Sprache: um das Herstellen oder Aufrechterhalten von Gemeinsamkeit oder auch um „das Vermeiden von Schweigen“ (ebd.: 30).

      4Zur Semiotik vgl. u. a.: Bentele/Bystrina 1978, Eco 2002, Glück/Rödel 2016: 609 ff., Pelz 2013: 39 ff.

      5Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang freilich das von Karl Bühler (1934) noch früher entwickelte „Organon-Modell“ der Sprache, das auch bereits neben der Darstellungs- bzw. Symbolfunktion eine (auf den Sender bezogene) Ausdrucks- bzw. Symptomfunktion und eine (auf den Empfänger bezogene) Appell- bzw. Signalfunktion unterscheidet (vgl. oben: Kap. 2.5).

      6Die Lehre vom sprachlichen Handeln – daher oft auch: Sprechhandlungstheorie – entwickelte Austin in seinen berühmten Vorlesungen an der Harvard University im Jahre 1955, die erst nach seinem Tode veröffentlicht wurden (in deutscher Übersetzung: Austin 1972). Eine knappe Einführung in sprechakttheoretisches Denken bzw. eine Darstellung der verschiedenen Sprechhandlungstypen geben Hennig/Huth (1975: 112–129). Als wichtige Vertreter der Sprechakttheorie sind v. a. John Searle (1971), ein Schüler Austins, und Dieter Wunderlich (1976) zu nennen.

      7Als „Gegenstände“ werden hier sowohl Dinge, Ereignisse, Zustände, Personen, als auch Äußerungen oder Zustände von Personen verstanden (vgl. Habermas ebd.).

      8Zum Zeichenbegriff siehe Kap. 2.5.

      9Zum Symbolischen Interaktionismus vgl. ausführlich weiter oben (Kap. 2.5) die Überlegungen anlässlich der Klärung des Symbolbegriffes sowie dessen breitere Darstellung als Sozialisationskonzept weiter unten (Kap. 4.2.3).

      10Ein

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