Grundwissen Kommunikation. Группа авторов

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am Beispiel der Vernehmung verdeutlicht werden. Im Normalfall der Beschuldigten- oder Zeugenvernehmung kommt es sowohl nach dem PEACE-Modell (Weber & Berresheim, 2001) als auch nach der Sondierungsmethode (Sticher, 2007a) zu einem Auftaktgespräch mit der zu vernehmenden Person. Bereits durch die Art und Weise, wie die bzw. der Vernehmende die erste Sachinformation im kurzen Vorgespräch gestaltet, werden zusätzlich die drei anderen Ebenen bedient (s. Abb. 6): „Ein und die selbe Nachricht enthält viele Botschaften; ob er will oder nicht – der Sender sendet immer gleichzeitig auf allen vier Seiten“ (Schulz von Thun, 2008, S. 31).

       Abbildung 6

      Im Idealfall gestaltet der bzw. die Vernehmende die erste Nachricht so, dass die weitere Vernehmung in einer vertrauensvollen, möglichst angstfreien Beziehung stattfinden kann. So zeigen empirische Ergebnisse zur Beschuldigtenvernehmung, „(…) je positiver und angenehmer die Atmosphäre und damit die Beziehung zwischen Beschuldigtem und Vernehmer, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit eines Geständnisses“ (Klein, Berresheim & Weber, 2005).

      Ein Beispiel für einen solchen Auftakt im Sinne von Abbildung 6 könnte folgendermaßen lauten (s. Schaukasten 4):

       Schaukasten 4

       Die vier Seiten einer Nachricht beim Vorgespräch einer Vernehmung

       Guten Tag, Frau …, vielen Dank, dass Sie meiner Einladung zur Vernehmung gefolgt sind. Bitte setzen Sie sich doch. Ich bin KHK … und werde heute mit Ihnen das Gespräch führen.

       Zunächst interessiert mich, ob Sie gut hergefunden haben? Bei den vielen Räumen hier ist das ja gar nicht so leicht.

       Der Grund für Ihre Vorladung besteht darin, dass Sie Zeugin des Vorfalls … wurden, zu dem die Polizei mittlerweile ermittelt. Da Ihre Beobachtung wichtig für das weitere Ermittlungsverfahren sein kann, möchte ich Sie diesbezüglich befragen. Der Ablauf der Vernehmung gestaltet sich folgendermaßen: … Dann möchte ich Sie zunächst über Ihre Rechte und Pflichten als Zeugin belehren und anschließend Ihre Personalien aufnehmen.

      Vielen Dank für Ihre Angaben. Wenn Sie mir gleich das von Ihnen Erlebte schildern, dann berichten Sie bitte alles, was Ihnen dazu einfällt und warten nicht darauf, dass ich nachfrage. Ich weiß ja noch nicht, was genau überhaupt vorgefallen ist.

      Würde die Ermittlungsbeamtin/der Beamte den Auftakt des Gesprächs mit den Sätzen „Guten Tag. So, hoffentlich das letzte Gespräch vor Dienstschluss. Dann erzählen Sie mal.“ beginnen, können (müssen nicht) die vier Ebenen wie folgt interpretiert werden:

       • Der Sachinhalt: Es ist wahrscheinlich das letzte Gespräch in meinem heutigen Dienst.

       • Die Beziehung: Ich interessiere mich wenig für Dich und Deine Aussage. Du bist einer von vielen, die ich befragen muss und mir damit nicht wichtig.

       • Die Selbstoffenbarung: Ich will Feierabend haben und das zählt.

       • Der Appell: Bitte schnell machen und zur Sache kommen, damit ich hier rechtzeitig rauskomme.

      Es ist offensichtlich, dass zahlreiche Störungen der Kommunikation ihren Ursprung auf der Senderseite haben. So können implizite Botschaften, das heißt nicht eindeutig ausgedrückte aber doch mitschwingende Teile der Nachricht in ihrer Uneindeutigkeit zu Missverständnissen führen: Ist das eine Luft hier kann, muss aber nicht bedeuten, dass jemand das Fenster öffnen soll. Ebenso wie inkongruente Nachrichten zu Irritationen führen können: Ich freue mich, Sie begrüßen zu dürfen mit ausdruckslosem Tonfall und gelangweilter Miene.

       Abbildung 7

      Einige Probleme menschlicher Kommunikation können direkt einer der vier Seiten einer Nachricht zugeordnet werden (Hesener, 2008):

       1. Sachebene: Unsachlichkeit, Unklarheit, vorgeschobene Sachlichkeit

       2. Beziehungsebene: Unterschiedliche Beziehungsdefinition, Statusempfindlichkeit

       3. Selbstkundgabeebene: Imponiertechniken, Fassadentechniken, Selbstverbergung

       4. Appellebene: Widerstand/Reaktanz, Paradoxe Appelle (Doppelbindung), Heimliche Appelle

      Um die Kommunikation vollständig analysieren zu können, ist es unbedingt notwendig, auch die Empfängerseite einzubeziehen. Die Herausforderung für den Empfänger besteht darin, die vier Seiten in ihrer Gänze zu berücksichtigen und damit auf allen vier Ohren zu hören (Schulz von Thun, 2008, S. 45; s. Abb. 7).

       • Der Sachinhalt: Wie ist der Sachinhalt zu verstehen?

       • Die Beziehung: Wie redet der Sender eigentlich mit mir? Wen glaubt er/sie vor sich zu haben?

       • Die Selbstoffenbarung: Was ist das für eine Person? Was ist mit ihr/ihm?

       • Der Appell: Was soll ich tun, denken, fühlen auf Grund seiner/ihrer Mitteilung?

      Werden bestimmte Komponenten der Nachricht vernachlässigt, ist das die Hauptursache für Kommunikationsstörungen.

      So kann die freie Auswahl des Empfängers, auf welche Seite der Nachricht sie/er antwortet, dann zu einer misslingenden Kommunikation führen, wenn der Sender eigentlich den Schwerpunkt auf einer anderen Seite der Nachricht gelegt hat. Die Aussage eines verängstigten Bürgers, hier hat es geknallt und dann haben viele Menschen geschrieen, kann seitens des Senders als Appell gemeint sein, ihm zu helfen und beizustehen (Appellebene). Die Nachfrage seitens der ermittelnden Beamtin, um wie viel Uhr ist das genau passiert, zeigt ein Empfangen auf der Sachebene, da weitere Informationen erfragt werden.

      Eine weitere Kommunikationsstörung, die ihre Ursache auf der Empfängerseite hat, sind einseitige Empfangsgewohnheiten. So steht bei bestimmten Menschen das Sachohr im Vordergrund, auch wenn die Problematik von der Beziehungsseite herrührt (Vorgesetzter in einer Einsatznachbesprechung: Bitte jetzt sachlich bleiben und persönliche Dinge weglassen.). Der gegenteilige Fall, bei dem das Beziehungsohr überbetont wird, ist ebenfalls ein Hinderungsgrund für erfolgreiche Kommunikation. Hier wird die Klärung von Sachverhalten dadurch blockiert, dass eigentlich beziehungsneutrale Botschaften doch auf sie bezogen werden. So wird die kollegiale Einsatzkommunikation, schnell vier Leute zur Unterstützung, von einem Kollegen (Empfänger) dahingehend diskutiert, wer denn hier wem was zu sagen hat.

      Im Zusammenhang mit erfolgreicher Kommunikation im Kontext des psychologischen Modells von Schulz von Thun sind zwei Begriffe von Bedeutung: Empfängerorientierung und Metakommunikation.

      Die zentrale Anforderung an eine erfolgreiche Kommunikation besteht in der Empfängerorientierung und sollte sich in dem Wunsch ausdrücken, wirklich von der Zuhörerin bzw. vom Zuhörer verstanden werden zu wollen (Sticher, 2012; Nettelnstroth,

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