SELBST-geführte Psychotherapie. Uta Sonneborn

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SELBST-geführte Psychotherapie - Uta Sonneborn

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sie würden uns schaden, wir oder die Menschen um uns herum würden sie nicht ertragen oder sie würden uns überfluten. Wie andere Menschen um uns herum vielleicht auch raten diese Beschützer: Vergiss es, Vergangenes kannst du nicht ändern, Schwamm drüber, schau nach vorn. Unangenehmes ­wegzusperren ist eine erprobte Überlebensstrategie, in manchen Situationen durchaus hilfreich für den Augenblick.

      Therapeuten fallen hier natürlich alle möglichen Abwehrmechanismen ein. Die Identifikation mit dem Aggressor und die Wendung gegen das Selbst zeigen besonders plastisch, wie die Teile in uns agieren. Was im eigenen Erleben oder Verhalten in Familie, Kultur, Gesellschaft oder Religion von den Eltern oder der Institution entwertet wurde oder keine Akzeptanz fand, wird von den Kindern beziehungsweise ihren Beschützerteilen in Identifikation mit den Eltern, den Autoritätspersonen oder der Institution (in diesem Falle mit dem Aggressor) in die eigene Abwertung übernommen. Diese klugen Teile entwickeln sich, weil die Kinder in Abhängigkeit von den Eltern noch nicht zu eigenen Wünschen und Strebungen stehen können und sie in ihrer Existenz auf das Wohlwollen und die Anerkennung der Eltern angewiesen sind. In jungen Jahren ist das Selbst noch nicht so stark, dass es ständige Ablehnung, Bestrafung oder Entwertung der Eltern ertragen könnte. Hier entwickeln sich also angepasste Teile, die sich in Identifikation mit den Eltern gegen das Selbst wenden. Sie sind überzeugt, dass nur ihre Strategie ihrem Menschen Kummer und Sorgen ersparen wird. Sie machen in Identifikation mit den Eltern oder einem Aggressor die verletzen Teile für den Konflikt, das Drama, das Trauma verantwortlich. »Du bist selbst dran schuld, du bist schlimm, schlecht, eklig, nichts wert, du bist zu dick, zu dünn, zu hübsch, zu hässlich etc.«. Diese ganzen Überzeugungen und Glaubenssätze mit den dazugehörigen Gefühlen, Gedanken und (Körper-)Empfindungen hängen als Last auf dem Verbannten. Aber um diesen Preis bleibt das innere und äußere System stabil – zunächst. Das Kind hat in seinem System »logische« Zusammenhänge für das schlimme Geschehen gefunden. Sehen die verzweifelten Verbannten dieses Menschen jedoch irgendwie die Möglichkeit, sich aus dem Keller der Verbannung zu befreien, drängen sie ans Licht und drohen damit, das ganze System zu überrollen, was alle Beschützer natürlich verstärkt auf den Plan ruft und in ihren Augen ihre Daseinsberechtigung zementiert. Wer kennt das nicht als Therapeutin – die Erstverschlimmerung nach Öffnung der ­Klienten und ihrer Geschichte, Rückschritte nach Therapieerfolgen, regressive Wünsche verhindern die Bewältigung des Alltags, Intrusionen bei posttraumatischen Belastungsstörungen mit Überflutungen des Systems und entsprechenden »Gegenmaßnahmen« der Manager und Feuerbekämpfer (depressive Stimmungen, Ängste, Selbstverletzungen, Dissoziationen, Suizidalität, Verstärkung der Süchte u. a. m.) Allesamt »altbewährte« Muster. Verbannte werden umso heftiger, je extremer die Situation war, in der sie ins Exil geschickt wurden. Sie tragen die vom Bewusstsein abgespaltenen schmerzhaften Gefühle, Überzeugungen und Lasten der Verletzungen, die oftmals verleiblicht sind. Sie werden umso drängender und verzweifelter, weil sie gehört, geheilt und integriert werden wollen.

      Manager

      Manager sind die Beschützer des Systems. Sie tun alles, um das Individuum vor Schmerz und Ablehnung zu bewahren, sodass die Person in jeder Beziehung und Situation die Kontrolle behalten kann. Nie wieder soll ihr Mensch Gefühle von Zurückweisung oder Erniedrigung spüren. Dies erreichen sie durch ein unbewusstes, ausgeklügeltes System des Zusammenspiels mehrerer Teile. Sie können auch (zunächst) absolut nichts Positives darin sehen, dass in einer Psychotherapie die Aufarbeitung der persönlichen Geschichte geschehen soll. Sie möchten die alten Sachen lieber ruhen lassen, wehren sich heftig dagegen (Widerstände). Sie haben Angst, dass ihre Person in ein schwarzes Loch gezogen wird, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt; Angst, dass die Verbannten die Führung übernehmen und das System mit Inhalten aus dem Erleben der Verbannten überschwemmt wird. Sie befürchten, dass Grausiges zutage kommt, (Familien-)Geheimnisse aufgedeckt werden könnten, Verrat an geliebten Personen begangen werden muss. Ihre Person könnte abhängig, bedürftig oder verletzlich werden, ohne die schützende Hülle der Manager, und ihren Alltag nicht mehr bewältigen. (Was tatsächlich gar nicht so selten geschieht, wenn einem Klienten bei einem stationären Aufenthalt seine organisatorischen, selbstverantwortlichen Beschützerteile »abgenommen« werden und/oder ein Teil von ihm sich danach sehnt, von anderen versorgt zu werden. Oder auch wenn die psychischen Beschützer bei zu schnell aufdeckender Therapie und/oder bei herausdrängenden Verbannten ausgeschaltet werden. Dann überfluten die Verbannten schnell das innere System – mit der Folge von noch stärker auftretenden Beschützern.)

      Auch könnte jede Berührung mit dem Schmerz ohne die Manager heftigste, zerstörerische Feuerbekämpfer-Anteile (selbstverletzende, suizidale, dissoziative Suchtanteile) auf den Plan rufen, was noch gefährlicher wäre (und auch nicht unrealistisch ist). Außerdem befürchten sie, dass der Therapeut mit den Verbannten nicht klarkommt, sie nicht aushält, angeekelt oder ebenfalls überschwemmt werden könnte und dann den Klienten ebenfalls im Stich lassen würde. Eine weitere große Sorge ist, dass sie ihre Aufgabe verlieren, in der Bedeutungslosigkeit versinken oder gar vernichtet werden sollen. Daher ist es unabdingbar, den Beschützern (das gilt für Manager und Feuerbekämpfer) mit Wahrhaftigkeit, Ernsthaftigkeit, Interesse, Achtsamkeit und Absichtslosigkeit zu begegnen. Das ist für die Therapeutin nicht immer leicht, springen doch gerade hier die bewertenden Therapeuten-Teile an). Als Therapeutin weckt man das eigene Interesse und das der Klienten (Selbsteigenschaften), um die Ängste, Bedenken und Befürchtungen der Beschützer kennenzulernen und um herauszufinden, wie sie denn ihre Aufgabe tun und was sie beschützen wollen. Ehrliche Verhandlungsangebote vom Selbst der Therapeuten und des Klienten an die Beschützer sind hilfreich. Jegliches Manipulieren, was vielleicht von einem Teil des Therapeuten oder des Klienten ausgehen könnte, der schnelle Veränderung möchte, wird sofort durchschaut und ist daher nutzlos. Aber Beschützer sind offen für Veränderung, wenn sie nicht befürchten müssen, ausgestoßen zu werden, und wenn sie die Hoffnung haben, dass ihrem Menschen anderweitig geholfen werden könnte. Sobald sie die Präsenz des SELBST spüren können, sind sie zur Kooperation bereit und übernehmen gerne ihnen entsprechende andere Aufgaben für das System – in Kooperation mit dem SELBST. Manager sind auch diejenigen Anteile, die unser Leben in Ordnung halten und dafür sorgen, dass wir gut funktionieren. Sie können sich in unterschiedlichsten Verhaltensweisen und Systemen zeigen. In entlasteter Form arbeiten sie gerne dem SELBST zu. Arbeite ich viel aus Therapeuten-Manager-Teilen heraus, werde ich am Abend k.o. sein, müde und erschöpft. Arbeite ich jedoch mit viel SELBST-Qualität, wird mich die gleiche Arbeit nicht anstrengen.

      Feuerbekämpfer

      Feuerbekämpfer beschützen ebenfalls das System, jedoch in einer ihnen spezifischen Art und Weise. Feuerbekämpfer heißen sie deswegen, weil sie das emotionale Feuer (wie verletzte Gefühle und Entwertungen) der Verbannten löschen wollen, sobald dieses droht, ausgelöst zu werden, oder die Manager mit ihrer Arbeit in ihren Augen den Schutz nicht mehr gewährleisten können. Feuerbekämpfer schützen das System auf heroische, impulsive, machtvolle, reaktive und spontane Art und Weise und gehen dabei, ohne Rücksicht auf Verluste, oftmals zerstörerisch oder selbstzerstörerisch vor. Sie zeigen sich in Süchten und Exzessen aller Art, in Suizidalität oder Gewalt, in einem übererregten oder komplett abgestumpften Nervensystem sowie in foudroyant verlaufenden Krankheiten. Sie geben so lange keine Ruhe, bis das emotionale Feuer gelöscht ist. Dafür ist ihnen jedes Mittel recht. Ablenkung und Dissoziation gehören ebenfalls zu ihren Strategien. Für die Feuerbekämpfer-Beschützer gilt im Prinzip das Gleiche wie für die Manager, und mit ihnen ist im Wesentlichen ebenso respektvoll umzugehen wie mit Managern. Sie sind hochsensibel für jegliche Art der Unaufrichtigkeit, der Verharmlosung, der Manipulation. Von ihrer Art her aktivieren sie im Therapeuten leicht ängstliche, bewertende oder den Klienten retten wollende Teile. Hier müssen die Therapeuten zuerst mit ihren eigenen Teilen arbeiten, um eine echte Anerkennung und Wertschätzung für die Feuerbekämpferteile des Klienten entwickeln zu können. Mit Feuerbekämpfern zu verhandeln erfordert viel Selbst vonseiten des Therapeuten. Ist der Feuerbekämpfer im Kontakt mit dem Selbst des Therapeuten und dem des Klienten, dann ist er bereit zu sagen, wen er wie beschützt und wofür er diese schwere Rolle trägt.

      Wenn wir

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