SELBST-geführte Psychotherapie. Uta Sonneborn

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SELBST-geführte Psychotherapie - Uta Sonneborn

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recht machen wollen. Diese wollen erkannt sein – sie sollten nicht die Richtung bestimmen. Die Klientin darf aus der Behandlung keine (Re-)Traumatisierungen mitnehmen. Körpertherapeutinnen benötigen daher auch immer eine ausführliche Psychotherapieausbildung. Alle seriösen Körperpsychotherapien basieren auf humanistischen Psychotherapien und ihren Grundsätzen. Sie bieten daher auch nur mehrjährige Ausbildungen mit einem hohen Anteil an Selbsterfahrung, Lehrtherapie und Supervision an, um diese sorgfältige Psychotherapieausbildung zu gewährleisten.

      3 Damasio, Antonio (2000). Ich fühle, also bin ich. München, List

      5

      Traumatherapie

      Im Körpergedächtnis können Erinnerungen aller Art gespeichert sein, wunderbare, alltägliche und schreckliche, die dem Bewusstsein nur partiell zugänglich sind. Die schrecklichen erleben wir stark bei Klienten mit traumatischen Erfahrungen. Van der Kolk spricht von dem »verkörperten Schrecken«. Patienten erleben diese alten, traumatischen, sie überflutenden Erinnerungen häufig fraktioniert, teils als Körpergefühle wie körperliche Schmerzen oder Reaktionen, teils als schreckliche Gefühle, Gedanken, Bilder mit negativen Kognitionen. Die alte Realität wird dann fraktioniert im Hier und Jetzt erlebt und ist mit der aktuellen Realität nicht kongruent. Das kann zu großer Verwirrung und zu Ängsten führen, sich selbst und seiner Wahrnehmung nicht mehr trauen zu können. Es kann sogar die Angst hervorrufen, verrückt zu sein. Das wiederum zieht große Unsicherheit und Verlust von Stabilität nach sich. Hier ist es eine wesentliche Aufgabe der Traumatherapie, eine verlässlich spürbare körperliche Identität und Stabilisierung im Hier und Jetzt zu festigen, bevor man sich den traumatischen Inhalten zuwendet. Eine Psychoedukation hinsichtlich der Bewältigung von Trauma ist von Vorteil, da sie den Klient*innen die Handlungshoheit anvertraut. Ungebetene Überflutungen gilt es zu vermeiden, da diese retraumatisierend wirken können. Im nächsten Schritt geht es darum, diese traumatischen Erinnerungen als solche zu identifizieren, sie als in der Vergangenheit leider geschehen anzunehmen, sie zu bezeugen und zu neuen, teils imaginativen, teils auf die aktuelle, nicht traumatisierende Realität bezogenen Bahnen im Gehirn zu leiten (PITT, EMDR), und dies ins neue Erleben zu bringen. Es wird der Klient gleichzeitig zum Erlebenden und zum Beobachter seiner eigenen Geschichte, der mit etwas Abstand seine jüngeren Persönlichkeitsanteile zum Zeitpunkt der Traumatisierung betrachtet. Schaut er diese aus sich SELBST heraus mit den Augen des Mitgefühls und nicht bewertend an, kann er eine wohlwollende Verbindung zu dem Menschen mit seinen Anteilen, der er mal war, schaffen. Eine intrapersonelle Verbindung entsteht. Er erkennt körperlich, mit einem Fühl-Sinn und mit dem Verstand, den Unterschied zwischen früher und jetzt. Das Geschehene kann er nun als Teil seiner Geschichte integrieren. Die Vergangenheit kontrolliert ihn nicht mehr. Sie ist narrativer Teil seiner Geschichte geworden. Die drei Phasen der Trauma-Therapie: Stabilisierung, Konfrontation und Integration sollten eingehalten werden.

      Teil 2

      IIFS – Die Integrative Systemische Therapie mit der Inneren Familie

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      Eine kompakte Zusammenfassung

      Die Systemische Therapie mit der Inneren Familie (IFS) wurde Mitte der 80er-Jahre von Richard Schwartz in den USA entwickelt. Er übertrug die systemische Sichtweise auf die Innenwelt und betrachtete die innere Multiplizität als etwas Natürliches statt als Störung. Die IFS ist zugleich Haltung und Methode. Sie ist ein Weg, mit sich selbst, mit Einzelnen, Paaren und Gruppen so zu arbeiten, dass jeder lernt, sein »Selbst«, den Kern eines jeden Menschen mit wertvollen, nicht bewertenden Führungseigenschaften aufzufinden, auszudifferenzieren und die eigenen Persönlichkeitsanteile und die der anderen Menschen empathisch zu verstehen, zu bezeugen, zu entlasten und so ein neues Gleichgewicht zu ermöglichen. Menschliche Probleme werden auf selbstbefähigende Weise verstanden und behandelt. IFS stellt einen humanistischen und ökologischen Ansatz für tiefe Heilung dar und findet in einer breiten Palette von Selbsterfahrung bis zur Therapie von psychischen und psychosomatischen Erkrankungen seine Anwendung, ebenso auch in Konfliktlösungsprozessen und im Alltag. »Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust«, beklagte nicht nur Faust in Goethes Werk. In jeder Brust wohnt eine Vielzahl von inneren Anteilen. Innere Ambivalenzen und Konflikte sind natürlich. Sie machen menschliche Grundprobleme einerseits aus und tragen andererseits die Chance auf innere Vielfalt, Wachstum, persönliche Entwicklung und Heilung in sich.

      Entstehung der Methode und das Innere System

      Als ursprünglich systemisch ausgebildeter Therapeut wurde Richard Schwartz immer neugieriger, mehr über die Innenwelt seiner Patienten und Klienten zu erfahren. Er stellte sich dem Experiment, über Jahre hinweg ausschließlich zuzuhören, zu sehen, zu beobachten, empathisch und neugierig seine Patienten zu begleiten, und versetzte sich mehr und mehr in die Lage, das in der Ausbildung Erlernte – Psychopathologie, Lehrmeinungen über Persönlichkeit und Therapie, Annahmen über Zusammenhänge, Hypothesenbildung – eher in die zweite Reihe zu stellen, um sich der inneren Welt seiner Patienten widmen zu können, ihnen wirklich zuzuhören, offen, interessiert und mit viel Empathie.

      So erfuhr er von den sich in seinen Klienten widerstreitenden Anteilen, die wie richtig echte (Teil)Persönlichkeiten ihre Konflikte miteinander und gegeneinander austrugen, was heftigen inneren Kämpfen entsprach, solange die Klienten mit dem jeweiligen Anteil identifiziert sind. Sobald jedoch die Klienten die Anteile mit ein wenig Abstand sehen und erleben konnten, hörten, was diese Anteile dachten, fühlten, taten, die Situation, in der sie entstanden waren, würdigen konnten, kam eine veränderte Stimmung, Haltung, Mimik in diesen Klienten zum Vorschein, die sich mit liebevoller und ruhiger Stimme den Anteilen zuwandten. Diese »Des­identifikation« (Externalisierung, Separierung, Distanzierung, Entschmelzung, Abgrenzung) des Selbst von dem Persönlichkeitsanteil (»Teil x« genannt) konnte Richard Schwartz einladen, wenn er die Klienten bat, den Teil x etwas beiseitetreten zu lassen, damit sie ihn besser sehen und wahrnehmen könnten. Mit der Frage, was die Klienten für den Teil x fühlten, bekam er Antworten vom Selbst, die von tiefem Verständnis, Mitgefühl, Liebe, Dankbarkeit oder Wertschätzung geprägt waren, einhergehend mit einem veränderten Seinszustand. Oder es wurden neue Teilpersönlichkeiten deutlich, die mit Bewertung, Ablehnung, heftigen Gefühlsausbrüchen, Ablehnung, Hass, Identifizierung reagierten.

      Diese inneren Persönlichkeitsanteile kann man sich als reale Persönlichkeiten vorstellen. So gibt es in uns Menschen Teile, die ­Perfektionisten und Schlamper sind, Organisatoren und Chaoten, Kritiker und Schönredner, Streber und Faule, Multitasker und Monotasker, Besserwisser und Sein-Licht-unter den-Scheffel-Steller, Draufgänger und Schüchterne, Kontrolleure und Laissez-fairerer, Schweiger und Quasselstrippen, Entwertete und Entwerter, Verletzte und Angreifer, zu Beschützende und Beschützer der harmloseren Art und auch der gewalttätigen oder (selbst-)destruktiven Art wie Furien, Süchtige und Zerstörer und u.v.a.m. in allen Geschlechtern.

      Er fand heraus, dass die unterschiedlichen Anteile bestimmte Funktionen in der Geschichte eines Menschen übernahmen, die er in beschützte (Verbannte) und zu beschützende Anteile (Manager und Feuerbekämpfer) unterteilte. Das Selbst unterscheidet sich durch andere Qualitäten; es ist kein Teil.

      Schwartz entdeckte, dass Teile bei verschiedenen Personen vergleichbare Rollen übernehmen und dass sich die Beziehungen zwischen den Rollen immer wieder ähnlich entwickeln. Diese inneren Rollen und Beziehungen waren nicht festgefahren, solange achtsam und wertschätzend mit ihnen umgegangen wurde. Dann waren sie sogar bereit, oft erstaunliches, bisher noch nicht bekanntes Material preiszugeben,

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