Der Nerd und sein Prinz. B.G. Thomas
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Das regte ihre kindliche Fantasie natürlich nur umso mehr an.
»Was, wenn Mama wirklich eine Waldnymphe ist?«, grübelte Jason laut, wenn er mit Daphne am Bach hinter ihrem Haus saß oder spät abends mit einer Taschenlampe unter der Bettdecke.
»Oder eine Wassernymphe!«, schlug Daphne vor.
»Nein. Eine Waldnymphe«, meinte Jason. »Sie liebt den Wald, aber sie schwimmt nicht so gern.«
»Vielleicht, weil sie sich im Wasser in eine Nymphe zurückverwandeln würde?«, konterte Daphne.
»Warte!«
Daphne wartete.
»Was, wenn Papa in Wirklichkeit ein Satyr ist?«, fragte Jason und bei der winzigen Chance, dass es so etwas vielleicht geben könnte, weiteten sich seine Augen.
Solche Ideen brachten sie zum Kichern, denn es war eine Sache, sich ihre Mutter als irgendeine Art von Naturgeist vorzustellen, doch eine gänzlich andere, ihren Vater, sei er auch noch so ausgelassen, als betrunkenen, lüsternen Gott des Waldes.
Allerdings stellten er und Mama gerne Honigwein her und manchmal, wenn sie ihn tranken, fingen auch sie an zu kichern und sahen sich so an, wie seine Schwester und er die großen Gläser voller Süßigkeiten oder die dreifachen Eisbecher in der Eisdiele in der Stadt ansahen. Das brachte Jason und Daphne noch mehr zum Lachen.
»Ohhh…! Ich hab eine gute Idee! Was, wenn Papa gar nicht unser Papa ist! Was, wenn Zeus Mama als silberner Schwan oder Goldregen erschienen ist und er unser richtiger Vater ist?«
Die Vorstellung, dass sie, zwei dürre kleine Kinder aus Buckman, Missouri, vielleicht – wie Amphion und Zethos – die Nachkommen des Königs der Götter sein könnten, war einfach wunderbar und bezaubernd. Aber sie fühlten sich auch schuldig, weil sie ihren Vater liebten und nicht wirklich zu jemand anderem gehören wollten. Nicht mal zu einem Gott.
Die Vorstellung, dass sie Wunder waren, wie ihre Mutter sie nannte, gefiel ihnen deutlich besser. »Meine kleinen Wunder«, denn ihre Mutter hatte sie spät bekommen. Ihr Arzt hatte ihr sogar gesagt, dass sie wahrscheinlich nie Kinder bekommen würde. »Also haben wir nie verhütet«, sagte sie, allerdings verstanden Jason und Daphne erst, als sie etwas älter waren, was das bedeutete. »Und ich habe gebetet. Um ein Wunder gebetet. Und Diana hat mir zwei geschenkt!«
Mit solchen schönen Erinnerungen glitt Jason an diesem Abend in den Schlaf, bevor das Gewitter vorüberzog. Er schlief wie ein Baby. Der nächste Morgen graute und brachte einen herrlich sonnigen Frühlingstag mit sich. Daphne rief ihn an, als er nach unten kam, um den Kaffee aufzusetzen (den alle haben wollen würden). Sie ließ ihn wissen, dass einer der großen Bäume im Park, die es schon gegeben hatte, als ihre Großeltern noch Kinder gewesen waren, vom Sturm gefällt worden war.
»Oh… wie schade«, sagte er und versuchte, sich den Anblick vorzustellen. Ins Auto springen und selbst nachsehen konnte er nicht, denn er musste das The Briar Patch öffnen. Deshalb hatte sie ihn auch angerufen.
»Aber zumindest war es nicht der an der Ecke im Südwesten«, sagte sie.
Auf diesen Baum konnten die Kinder nicht klettern, weil er einen glatten Stamm hatte und seine niedrigsten Äste mehr als drei Meter über dem Boden hingen.
»Ich bin so froh, dass es nicht der Freigiebige Baum war«, sagte Jason und dachte an den Baum, den sie so genannt hatten, weil er mit seinen ausladenden, tief hängenden Ästen, auf die jeder leicht klettern konnte, Generationen von Kindern so viel Spaß bereitet hatte. Und natürlich bezog sich der Name auch auf das Buch von Shel Silverstein, das ihre Mutter ihnen unzählige Male vorgelesen und das sie beide so sehr gemocht hatten. Er mochte es immer noch und hatte sogar ein signiertes Exemplar in seinem Regal stehen, das er auf eBay gefunden und im Kopfende seines Bettes verbaut hatte.
Oh, seine Mutter liebte Bücher. Sie war ihr ganzes Leben lang leitende Bibliothekarin gewesen, bis sie sich schließlich letztes Jahr auf Vaters Drängen hin zur Ruhe gesetzt hatte. Er wollte reisen. Natürlich bedeutete das nicht, dass sie nicht trotzdem andauernd in der Bibliothek war. Sie konnte nicht anders. Und sie hatte ihre Liebe zu Büchern an ihre Kinder vererbt. Auch Dad liebte Bücher und damit auch The Briar Patch, Jasons Laden für gebrauchte Bücher, der gleichzeitig ein Diner war und an sechs Tagen die Woche Frühstück und Mittagessen servierte.
Lesen und Kochen waren zwei von Jasons größten Leidenschaften.
Kochen! Alle möglichen Omeletts, dazu Frühstücks-Burritos, mit Obst gefüllte Pfannkuchen, Brötchen mit Hackfleischsoße (Oma Higgs hatte ihm beigebracht, wie man die machte) und Sandwiches mit Chicken Salad (natürlich selbst gemacht) oder Thunfischsalat (der kam aus der Dose) oder gegrillte Hackfleischsandwiches mit geschmolzenem Käse und Zwiebeln – oder natürlich göttliche Reuben-Sandwiches. Und das waren nur seine Standardgerichte.
Mindestens einmal die Woche gab es frittiertes Huhn (die Mutter seines Dads hatte Jason ihre Version davon gezeigt; diese war besser als Oma Higgs‘, aber das würde er seiner Mutter niemals sagen) oder einen großen Eintopf oder einen schönen Braten mit allen Schikanen. Manchmal experimentierte er auch und probierte neue Rezepte aus dem Internet aus. Ein süßer Typ namens Todd hatte ihm in der Highschool mal gezeigt, dass das Netz eine Fülle an Rezepten bereithielt.
Irgendwie schon komisch, dass er zwar wusste, wie man im Internet herausfand, wie man den Staub von den Lüftern des Laptops bläst und dass die Göttin Febris die Kraft hatte, Fieber zu verursachen oder zu verhindern, er es aber nie für die Rezeptsuche benutzt hatte. Aber damals hatte er auch noch nicht gewusst, dass er gerne kochte.
Manchmal beneidete er Todd. Als sein Freund sein Glück in Kansas City gesucht hatte, war Jason mit dem Internet als Gesellschaft geblieben. Todd war an der Leitung eines berühmten Restaurants namens Izar’s Jatetxea beteiligt, während Jason in Buckman für seine Quiche berühmt war. Zu Recht, wie er fand – süße Backwaren allerdings waren nicht seine Stärke. Vor allem Kuchen und Torten. Er kam einfach nicht dahinter, warum ihm seine Schinken-Käse-Quiche, die Texmex-Quiche und sogar seine Birnen-Roquefort-Quiche immer perfekt gelangen, seine Kürbiskuchen dagegen immer suppig, steinhart oder gummiartig wurden. Von der Zitronen-Baiser-Torte ganz zu schweigen.
Deswegen wurden die frischen Torten, die er auf der Karte hatte, auch von Wilda Chandler, einer Freundin der Familie, gebacken.
Noch größer als seine Vorliebe fürs Kochen war natürlich seine Liebe zu Büchern. Er liebte es zu lesen. Alles, was er finden konnte.
Fantasy wegen der Göttergeschichten, die seine Mutter in seine kindlichen Ohren geflüstert hatte. Und wegen J.R.R. Tolkiens Herr der Ringe-Trilogie, die ihm nur ein klitzekleines bisschen besser gefiel als C.S. Lewis‘ Die Chroniken von Narnia. Dann gab es noch die Deryni-Serie von Katherine Kurtz, die Belgariad-Saga von David Eddings und Outlander von Diana Gabaldon.
Und natürlich Science-Fiction. Dune von Frank Herbert. Den Foundation-Zyklus von Isaac Asimov, Arthur C. Clarkes Odyssee im Weltraum-Serie oder fast alles von Ray Bradbury oder Connie Willis.
So viele Autoren! Guy de Maupassant,