Der Nerd und sein Prinz. B.G. Thomas

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Der Nerd und sein Prinz - B.G. Thomas BELOVED

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      »Hast du noch was anderes in der Art?«, fragte der Junge. »Das war so echt.«

      Zum Glück glaubte Jason, trotz seiner begrenzten Regalflächen etwas anbieten zu können, und machte ein, zwei Vorschläge. Den preisgekrönten Entwicklungsroman Monster! Monster? von Walter Dean Myers über einen Jungen im Jugendarrest, der vor Gericht stand, und Sprich von Laurie Halse Anderson, obwohl die Hauptfigur weiblich war. Er glaubte, dass der Junge das wohl aushalten würde. Dafür hatte Jason ein gutes Gespür.

      Dann gab zu seiner Überraschung der andere Junge zu, dass ihm Wer die Nachtigall stört gefallen hatte, und wollte wissen, ob von der Autorin noch etwas anderes zu haben sei. Leider musste Jason gestehen, dass Harper Lee sonst nur Gehe hin, stelle einen Wächter geschrieben hatte, was aber eher eine frühe Version der Nachtigall war. Der Junge war trotzdem interessiert, also fasste Jason einen schnellen Entschluss und lief in den ersten Stock, um seine eigene Ausgabe zu holen. Er konnte sich ja eine neue besorgen.

      Und er hatte jemanden zum Lesen gebracht… Diese Neuigkeiten verlangten ein Telefonat mit Daphne.

      »Das ist mein Bruder«, sagte sie. »Bekehrt die Massen zum Nerdtum.«

      »Ich bin einfach nur froh, dass die Leute überhaupt noch Bücher lesen.«

      Das war ihm wichtig. The Briar Patch war anfangs ein Laden für gebrauchte Bücher gewesen. Aber Daphne hatte recht gehabt. Nicht genug Leute in Buckman lasen. Nicht mal in den Nachbargemeinden. Doch Daphne hatte auch vorgeschlagen, dass das Patch ein Teilzeitrestaurant werden könnte. Also hatte er dem Ganzen eine Chance gegeben – schließlich gab es schon eine Küche an der Seite des Ladens und er hatte ohnehin fast mehr Kaffee und Muffins von Wilda verkauft als Bücher. Zu seiner Überraschung kamen die Leute. Die Bücher und das Essen sorgten dafür, dass er seine Rechnungen bezahlen konnte und der Laden geöffnet blieb.

      Die Mittagszeit ging an diesem Tag schnell und problemlos vorüber. Er hatte ja sogar noch seine Schwester losgeschickt, um mehr Eier zu holen.

      Beim Mittagessen fragte ihn Mrs. Halliburton, die locker achtzig Jahre alt war, ob er wusste, wer das Haus hinter dem Patch gekauft hatte.

      Er musste darum kämpfen, dass ihm die Kinnlade nicht herunterklappte. »Was?« Jemand war in das Haus hinter seinem eingezogen? Aber es hatte doch schon so lange leer gestanden. Mindestens zwei Jahre. Nach Kathy und Melissa, einem lesbischen Paar, mit dem er sich angefreundet hatte, hatte dort niemand mehr gewohnt. Sie hatten ihn mindestens einmal die Woche zum Kartenspielen, Filmeschauen und manchmal auch zum Grasrauchen eingeladen. Na ja, sie hatten geraucht, er nicht. Drogen waren ihm noch nie ganz geheuer gewesen. Er hatte sie zu viele Leute zugrunde richten sehen. Aber er hatte gern ein Bier mit seinen Nachbarinnen getrunken. Oder ein paar mehr.

      Aber dann hatten sie sich recht heftig gestritten und allen Ernstes versucht, sich gegenseitig umzubringen, und die Polizei war gekommen, weil eine von ihnen ins Gefängnis musste (wegen etwas völlig anderem). Die andere war weggezogen, hatte in einem Krankenhaus angefangen, war Medizinische Fachangestellte geworden und hatte einen Mann kennengelernt – einen Chirurgen sogar. Das Letzte, was Jason gehört hatte, war, dass sie geheiratet hatten.

      Es machte ihn traurig, dass es für seine Nachbarinnen kein Happy End gegeben hatte. Die Jahre, in denen sie zusammen gewesen waren, hatten ihn von etwas anderem träumen lassen als von alten Göttern oder der Möglichkeit, ein berühmter Autor zu werden. Ihre Liebe hatte ihm Hoffnung gegeben, dass auch er die Liebe mit einem Mann finden könnte. Ihr schrecklicher Streit und das zerstörerische Ende der Beziehung – das alle Nachbarn in einem Umkreis von mehreren Straßen miterlebt und verurteilt hatten – hatten diese Hoffnung fast gänzlich erstickt.

      Als wäre es verflucht, hatte das Haus seitdem leer gestanden.

      Mrs. Halliburton und ihre zwei Freunde sahen ihn über Teller voller Brötchen mit Soße und großen Tassen Kaffee mit echter Sahne und Rohrzucker hinweg an.

      »Ich – ich hab gar nichts davon gewusst.«

      Wie konnte er nichts davon wissen?

      »Ich habe gehört, dass, wer auch immer es ist, schon eingezogen ist«, sagte Mr. Ainsley, der Witwer von Mrs. Halliburtons bester Freundin, Ella Ainsley. Ein Gerücht besagte, dass Mr. Ainsley Mrs. Halliburton den Hof machte, aber Jason war sich nicht sicher.

      Er blickte Richtung Osten, als könne er durch die fensterlose Wand des Gastraums das kleine Häuschen hinter dem The Briar Patch sehen. Wie um alles in der Welt hatte er nicht mitbekommen können, dass dort jemand eingezogen war? Was gab es hier denn schon für ihn oder sonst jemanden zu sehen? Wurde er nicht gerade deswegen nach dem Haus gefragt? Es war immer eine Neuigkeit, wenn jemand nach Buckman zog, aber wenn jemand heimlich still und leise in ein lange leer stehendes Haus zog? Das war hier eine Sensation.

      Er wandte sich wieder seinen drei Gästen zu. »Ich… ich…« Er wurde rot und vermutete, dass er bestimmt recht dämlich aussah. »Ich habe nichts mitbekommen. Mein Schlafzimmer liegt in dieser Richtung, aber ich habe keine Lichter gesehen.«

      Mrs. Halliburton verdrehte demonstrativ die Augen. Als hielte sie ihn wirklich für dumm. Zumindest sahen ihn Mr. Ainsley und ihre Begleiterin, Ethaline Merton, die locker alt genug war, um die Mutter der anderen beiden zu sein, nur traurig und ohne Verurteilung an. Oder vielmehr: Mrs. Merton blickte in eine Ecke nahe der Zimmerdecke. Die Andeutung eines Lächelns lag auf ihren Lippen, als sähe sie etwas, das sonst niemand sehen konnte. Vielleicht tat sie das auch. Wer wusste das schon?

      »Hey, Jason«, rief jemand hinter ihm. Es war Sheriff Ryan – natürlich inklusive seines Cowboyhuts. »Kann ich noch Kaffee haben?«

      »Sicher, Sheriff. Sehr gerne.« Er wandte sich wieder dem Rentnertrio zu. »Ich halte die Augen offen und lasse Sie wissen, wenn ich etwas herausfinde. Kann ich Ihnen auch noch Kaffee bringen?«

      Sowohl Mrs. Halliburton als auch Mr. Ainsley schüttelten den Kopf. Mrs. Merton murmelte etwas, das nach sehen oder Szene klang, und lächelte glückselig. Jason wusste nicht, was er dazu sagen sollte und holte einfach den Kaffee aus der Küche.

      Er war zu beschäftigt, um lange darüber nachzudenken, wer in das kleine Haus gezogen war.

      Aber er wurde den Gedanken auch nicht los.

      Zum Glück ging das Aufräumen nach dem Mittagessen schnell. Fast alle hatten das Tagesgericht, den Hackbraten mit Käse und selbst gemachtem Kartoffelpüree, oder natürlich eine seiner Quiches gewollt. Bereits während des Kochens hatte er mit dem Abwasch begonnen, also hatte er nicht mehr viel Arbeit mit den Töpfen und Pfannen. Und er hatte eine Spülmaschine, deren Anschaffung sich nur für ihn nie gelohnt hätte, doch im Restaurant war sie ein Geschenk des Himmels. Sein Dad hatte sie ihm günstig bei einer der vielen Versteigerungen im Ort besorgt. Kaum zu glauben, dass so eine kleine Stadt so viel Zeug produzierte.

      Nachdem er zugesperrt hatte, ging er nach oben und nahm in seiner geliebten, altmodischen und ziemlich großen Wanne mit den Löwenfüßen ein langes Bad. Dabei las er den neuesten Liebesroman von Jude Parks. Er fragte sich, warum seine Großtante, die eine überaus zierliche Person gewesen war, so eine große Badewanne eingebaut hatte, doch er liebte sie, obwohl er selbst eher klein war.

      Timothy Jeske, der Highschool-Quarterback, hatte ihm – als niemand in der Nähe gewesen war – gesagt, dass er so schlank war wie Sally, Tims… Freundin? Jason hatte nie herausfinden können, wie Sally und Tim zueinander standen: Mal waren sie zusammen, dann wieder nicht. Er vermutete, dass Ersteres damit zu tun hatte, dass Sally so hübsch und Tim so heiß war und natürlich alle erwarteten, dass sie miteinander ausgingen. Aber wenn

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