Der Nerd und sein Prinz. B.G. Thomas
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Er öffnete die Tür.
Timothy Jeske war nicht über vierzig, kaute keinen Tabak und trug auch kein Flanellhemd, sondern ein schwarzes T-Shirt, auf dessen Brust der mysteriöse Schriftzug 5FDP prangte. Adam hatte nicht den blassesten Schimmer, was das bedeuten könnte. Und er bekam auch nicht Timothys Pospalte zu sehen, als er sich unter das Spülbecken beugte.
Adam schätzte, dass er Mitte zwanzig war und sich wahrscheinlich seit mehreren Tagen nicht rasiert hatte. Er war nicht wirklich übergewichtig, eher stämmig, vielleicht zehn Kilo zu viel. Er sah ganz gut aus, fand Adam. Aber er war nicht sein Typ.
Er stand auf schlanke Männer, schlank und beinahe mädchenhaft, aber trotzdem männlich. Keine Körperbehaarung. Wahrscheinlich war sein Geschmack, was Männlichkeit anging, von einer Kindheit geprägt worden, in der die einzigen nackten Männer, die er gesehen hatte, antike Statuen von mythischen Helden gewesen waren. Schlank wie Hermes, Discobolus, Achilles oder manchmal – überraschenderweise – sogar Apollo. Oder natürlich Ganymed. Nicht wie die Statuen von Herkules, Zeus oder Atlas. Schmal, aber trotzdem muskulös, mit straffen, runden Hintern. Vielleicht lag es auch an diesen Statuen, dass ihm ein hübscher, runder Po viel wichtiger war als die Größe des Penis eines Mannes.
Kaum hatte er entschieden, dass er sich nicht wirklich von Mr. Jeske angezogen fühlte, bemerkte er, dass der Handwerker ihn offenbar interessiert musterte. Sexuell interessiert.
Nicht mein Typ, erinnerte er sich, obwohl es lang her war, seit er etwas mit einem Mann gehabt hatte, und ein Morgen, an dem man sich liebte, wundervoll sein konnte.
Aber sie würden sich nicht lieben, nicht wahr? Es wäre kaum mehr als eine Tändelei. Und ein Grund für seine Flucht nach Amerika war, dass er mehr als das wollte. Sich nach mehr sehnte. Er war flüchtige Begegnungen in den dunklen Gassen von Paris oder Rom (oder während seiner geheimen Reisen nach Amsterdam) leid. War die Männer leid, deren Gesichter er in den Schatten kaum sehen konnte und bei denen er sich Sorgen machen musste, sich zum Dank noch irgendetwas einzufangen.
Das könnte dazu führen, dass er erklären musste, wo und bei wem er sich mit einer solchen Krankheit angesteckt hatte, und dabei könnte herauskommen, dass es sich um einen Mann gehandelt hatte. Und Amadeo war noch nicht bereit, seiner Familie zu eröffnen, dass er schwul war. Er war sich ziemlich sicher, dass seine Familie auch nicht bereit dafür war, und hatte keine Ahnung, wie sie reagieren würde. Sicher, sein Vater hatte seine Unterstützung für LGBT-Rechte verkündet und sich bereits vor dem Parlament für die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen. Aber wäre er auch dieser Meinung, wenn es um seinen ältesten Sohn ging? Angesichts Amadeo Montefalcones Verpflichtungen – deren geringste es war, einen Erben zu zeugen – vermutete er, dass sein Vater weit weniger entgegenkommend sein dürfte.
Also hatte er sein ganzes Erwachsenenleben so getan, als wäre er das, was sein Vater und sein Land wollten und brauchten. Obwohl es ihn kalt und einsam gemacht hatte. Die Liebe, die er so verzweifelt brauchte, hatte er nur einmal im Auslandsstudium erlebt und die Berührungen, die er wollte, bekam er nur selten und gleichsam im Geheimen.
Oh, wie er sich nach menschlichen Berührungen sehnte. Selbst Timothys anhaltender Handschlag, als sie sich begrüßten, entzündete etwas in ihm.
Timothy wirkte muskulös, er hatte breite Schultern. Seine Jeans spannte sich vielversprechend über die volle Rundung seines Hinterns. Wäre es so schlimm, sich seinen Gelüsten hinzugeben? Ein avventura?
Vielleicht nicht...
Aber erst, nachdem die Arbeit beendet war. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Er traf diese Entscheidung, während der Handwerker unter dem Haus war und ihn nicht mit seinen wissenden, hungrigen Augen ansah.
Es stellte sich heraus, dass der Zustand nicht so schlimm war. Timothy musste den morschen Teil herausreißen, bevor sich der Schaden bis ins Schlafzimmer ausbreitete, und danach diesen Teil des Hauses anheben und einen Pfeiler ersetzen. Alles, was er brauchte, war leicht zu bekommen.
»Ich kann das meiste davon bei Burstyn Lumber besorgen, das liegt keine halbe Meile weiter an der Hauptstraße. Den Rest bekomme ich auch in der Nähe, wahrscheinlich sogar das Stück Boden mit 10 mal 30.« Timothy wischte sich ein wenig Dreck von der Wange. »Ich kann auch neuen Teppich vom Home Depot in der Nachbarstadt verlegen, damit du den Schimmel loswirst und es nicht mehr so schlimm riecht.«
»Wie lange?«, fragte Adam und fürchtete die Antwort. Wo würde er unterkommen? Im hiesigen Best Western? Wo jemand aus der Highschool an der Rezeption sitzen würde, der oder die ständig in den sozialen Medien unterwegs wäre und ihn somit viel wahrscheinlicher erkennen würde als Kunden im Walmart oder Timothy zur Stelle, der lächelnde Handwerker, der bereit war, sein kleines Zuhause mit einem neuen Teppich auszustatten.
»Ich bin mir sicher, dass ich den Boden und vielleicht auch den Teil des Dachs bis morgen Abend fertig haben kann.«
Adam machte große Augen. Morgen schon? Er war fest davon ausgegangen, dass Timothy Wochen brauchen würde.
»Es ist nicht gerade der Buckingham Palace.«
Adam fehlten die Worte. Nein. In der Tat nicht.
»Ich meine, es ist ein kleines Haus. Echt klein.«
Es war auch nicht das Schloss von Monterosia.
»Und«, Timothy drehte sich um und deutete zur Veranda, »es gibt zwei Eingangstüren.«
Die gab es tatsächlich und er verstand nicht so ganz, wozu sie gut waren. Da war die offensichtliche Tür zur Straße hin. Aber wenn man sich vor sie hinstellte und sich dann um neunzig Grad nach links drehte, hatte das Haus einen Vorsprung, an dem es eine weitere, nach Süden ausgerichtete Tür gab, die zum Schlafzimmer führte. »Ja«, sagte Adam. »Ungewöhnlich, nicht wahr? Warum braucht ein so kleines Haus zwei Eingangstüren?«
»Keine Ahnung«, sagte Timothy und blinzelte in die Morgensonne.
Dann stellte Adam die Frage schlechthin, Timothy nannte ihm einen Betrag und Adam stimmte zu, ohne zu wissen, ob es sich um einen fairen Preis handelte. Warum hatte er überhaupt gefragt?
»Du bist nicht von hier, oder?«, fragte Timothy zur Stelle.
Adam sah ihn an und schüttelte den Kopf.
»Wegen deinem Akzent.«
Natürlich. Gott.
»Du bist aus Boston, oder?« Timothy zwinkerte ihm wissend zu. »Mit Akzenten kenne ich mich aus.«
Ma dai. Offensichtlich nicht, dachte Amadeo und wäre beinahe in Gelächter ausgebrochen. Von dem Landstrich, dem er seinen Akzent zu verdanken hatte, war Boston über sechstausend Meilen entfernt.
Fast hätte er Timothy gesagt, dass er tatsächlich aus Boston stammte. Dort aufgewachsen war. Doch Lügen hatten bekanntlich kurze Beine. Er entschied, dass er besser Cristianos Rat befolgte und bei der Rolle blieb, die für ihn geschaffen worden war. Je weniger Lügen, desto besser.
»Rom«, sagte er.
»Frankreich?«, fragte Timothy und wurde immer unattraktiver, selbst für ein avventura.
»Italien«, entgegnete Adam.
Timothy zwinkerte ihm zu. »Wollte dich nur testen.«
Adam