Transzendierende Immanenz. Manfred Bös

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Transzendierende Immanenz - Manfred Bös Orbis Romanicus

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Es könne „nur die Art und Weise sein, in welcher sowohl Psychisches als Physisches objektiv gegenständlich existieren.“3 Zum einen komme Materie in den „Qualitäten der Sinne“4 gegenständlich zur Darstellung, zum anderen werde einem Subjekt etwas gegenständlich nur als sinnvolles Verhältnis, als ein vom „Geist als der Einheit der Möglichkeiten“5 Gegebenes:

      Wenn aber das Wort Geist überhaupt eine Berechtigung haben soll, so muss es, da es umfassender ist als Verstand und Vernunft im theoretischen-diskursiven Sinne, die Einheit aller Auffassungsweisen bedeuten, in denen wir verstehen, nach denen wir etwas zum Ausdruck bringen können.“6

      Der Mensch und sein Milieu

      In den drei Modi des Optischen, Akustischen und Zuständlichen werden sowohl physische wie psychische Gegenstände für ein Bewusstsein erfahrbar. Die Gegenwart der Erfahrung des Bewusstseins spielt sich im Körperleib ab. Und wieder erkennen wir die zentrale Rolle des Körperleibes bei Plessners erkenntnistheoretischen Überlegungen. Denn jeder Bewusstseinsinhalt besitzt danach zwingend „eine Materie, Physisches sowohl wie Psychisches.“1 Nur wird physische Materie durch die Sinne erfahrbar, bzw. präsentabel, psychische jedoch zeigt sich dem Bewusstsein durch die innewerdende Betrachtung:

      Dieses treffen wir an als darstellbaren Gehalt […] als Ding von der Struktur eines Kerns, den Eigenschaften umschließen. Jenes finden wir innewerdend als präzisierbaren Gehalt, als Ineinander von Bestimmbarkeiten. Beide Materien, physische wie psychische, aber unterstehen gleichermaßen der Prägnanz als Inhalte überhaupt.2

      In der Beschreibung des Dinges von der Struktur eines Kernes, den Eigenschaften umschließen finden wir die phänomenologische Objektbeschreibung eines Husserl aufgenommen. Sie wird uns, bereichert um den Plessnerschen Begriff der Grenze, in den ersten Kapiteln der Die Stufen des Organischen und der Mensch3 wieder begegnen und dann zur Bestimmung des Lebendigen grundlegend werden. Hier bildet der optische Modus die Möglichkeitsbedingung für das In-Erscheinung-Treten des äußeren Gegenstandes – weder subjektiv noch absolut, sondern objektiv.

      Unsere Theorie rettet die Erscheinung davor und begründet die Objektivität der Modalitäten, die Wirklichkeit des Aussehens der Dinge, die Wahrheit des Antlitzes der Natur. Die Qualitäten sind nicht absolute Seinszustände und sie sind keine subjektiven Zustände. Sie sind vielmehr die Weisen, in denen absolutes, das heißt vom Bewusstsein losgelöst beharrendes Sein, der Stoff, die Materie gegenständlich: für ein Bewusstsein wirklich werden kann. Als solche ermöglichen sie die Natur, während die anderen Theorien sich damit beschäftigen, sie als Bestandteile der Natur, als Produkte der Einwirkung von Dingen auf Seelen zu erklären. Der Modalität nach ist Wahrnehmung für ein leibliches Wesen a priori.“4

      Mit dieser materiellen Objekterkenntnistheorie stellt Plessner der von Galilei initiierten Methode der quantitativen Erforschung der Dinge eine qualitative mit dem Ziel zur Seite, dass die „Erkenntnis der Natur auch im Bilde ihrer Erscheinung, als objektives Milieu des Menschen“5 verständlich werde. Plessner legt damit eine Theorie vor, welche nicht vor dem Angesicht der Welt verzweifeln muss, sondern diese in ihren Qualitäten erkennbar werden lässt. Aufschlussreich scheint hier der Begriff des Milieus zu sein, denn er verweist auf eine dem Menschen angemessene Welt hin. Es handelt sich um die Welt, in der er lebt und der er entspricht. Weder geht es um die Welt als Makro- noch als Mikrokosmos, welche die Wissenschaft mit ihren Apparate bedürftigen Hilfsmitteln erforscht, sondern um einen Mesokosmos. Nur diese mittlere Welt bringt sich das Lebewesen Mensch mit seiner spezifischen organischen Ausstattung zur Gegenständlichkeit. Der Mesokosmos ist jener Ausschnitt Welt, welcher ihm die am besten gesicherte Erfahrungsbasis bietet. Dieser Welt entspricht er bestens. Jenes Milieu als seine objektive Welt ist das Angesicht der Welt für den Menschen.

      Resümee

      Plessners Ästhesiologie des Geistes ist eine Objekterkenntnistheorie auf phänomenologisch-hermeneutischer Basis sowie eine Werttheorie als Theorie der Bedingungen der Möglichkeiten des Objekts bzw. seiner Gegenständlichkeit im Bewusstsein als eines qualitativ Gegebenen. Als geltungstheoretische Überlegungen stehen ihre Thesen außerhalb der Anwendung und Anatomie des natürlichen Bewusstseins. Die von Plessner vorgeschlagene Systematik schuldet ihr Dasein einer ästhesiologischen Untersuchung des Geistes, deren Zuordnungen sie zwischen geistigen Gehalten (Kunst, Sprache und Wissenschaft) und den Arten ihrer Versinnlichung in notwendig diesen und nicht anderen sinnlichen Materialien durchführt.

      Nicht in Raum und Zeit als Formen der äußern bzw. inneren Anschauung, sondern in den Modi der Sinnlichkeit nach unterschiedlicher Art der aufmerksamen Zuwendung konstituiert sich Natur. Und da Fühlen, Haltung und Handlung als konkordante Entsprechungen des Leibes den Modi korrespondieren, gilt: „daß der Leib als Einheit der Haltung die qualitative Form und Gestalt ist, in welcher Körper und Seele ineinander verankert existieren.“1

      Res cogitans und res extensa finden sich im Körperleib verschränkt und vermöge der drei sinnlichen Modi, des optischen, akustischen und zuständlichen Modus, materiell wie formal vermittelt. Die Konstitution des Menschen aus seinem Milieu und ohne Rückgriff auf metaphysische Annahmen findet in ihrem theoretischen Zentrum den menschlichen Körperleib. Plessner widmet sich also jenem Problem der Theorie von Leib und Seele, dessen Lösungsvorschlag die Ästhesiologie des Geistes enthält.

      Helmuth Plessner: Die Stufen des Organischen und der Mensch. Einleitung in die philosophische Anthropologie1

      Unter den seienden Dingen, das Lebendige

      Um unter den seienden Dingen das Lebendige zu bestimmen, zieht Plessner den Begriff der “Grenze”1 heran. Lebendigem Sein, behauptet er, gehöre seine Grenze an, nichtlebendigem Sein sei sie äußerlich und Rand. Das nichtlebendige Sein stoße dort an, wo Anderes beginne. Lebendigem Sein vermittle seine ihm angehörige Grenze das Äußere und diesem das lebendige Sein. Es sei eine gegensinnige Vermittlung, welche sich an und vermöge der Grenze ergebe. Sie verhalte sich wie eine Membran, ein Organ der vermittelnden Trennung. Mit dieser Bestimmung jedoch, wechselt Plessner die Kategorie seiner Betrachtung. Aus einer Idee, der Grenze als doppelter Begriff, einmal als Rand, ein anderes Mal als vermittelnde Trennung, wird ein in der Welt der Dinge bestehender Sachverhalt behauptet, eine Konzeption in einen ontologischen Tatbestand verwandelt. Plessner selbst meint dazu, dass der Grenz-Sachverhalt nicht zu beobachten sei, er bleibe Konzept, biete sich jedoch als schlüssig wie grundlegend für die Konstitution eines ontologischen Sachverhaltes an. Dies müsse sich im Laufe der Untersuchung entsprechend erweisen. Der Fortgang bedarf jedoch noch einer weiteren methodischen Vorüberlegung: Leiht sich die phänomenologische Methode der Betrachtung der Gegenstände, ihrer Vergegenwärtigung und Annäherung an ihren Kern über seine Aspekte, so bleibt ihr jedoch weitgehend der Zugang zur Beschreibung dynamischer Prozesse verwehrt. Aus diesem Grunde wählt Plessner einen methodisch gemischten Zugang zu seinem Gegenstand, dem Lebendigen Ding in der Welt, seiner Entwicklung und zu seinem Unterschied zu den nichtlebendigen Dingen.

      Eine derartige apriorische Theorie des Organischen hat, so scheint es, mehr Verwandtschaft mit einer Dialektik als mit einer Phänomenologie. Sie geht von einem Grundsachverhalt, dessen Realität sie durchaus hypothetisch behandelt, aus und gelangt Schritt für Schritt von einer Wesensbestimmung zur anderen.“2

      Die Dialektik, die Plessner hier anspricht, ist durch das Wesen des Lebendigen selbst als ein Sich-Veränderndes bestimmt. Ein Gegenstand, welcher sich dem Beobachter als ein solcher darbietet, braucht für die theoretische Beschreibung notwendig eine Methode, welche sich ihm auch anzupassen weiß. In der Kombination von phänomenologisch-hermeneutischer Betrachtung und Dialektik ensteht der theoretische – der erschaute – Gegenstand: das lebendige Ding.

      Die Stufen basieren als Ontologie des Lebendigen also auf der Funktion

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