Das Neue Testament und sein Text im 2. Jahrhundert. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das Neue Testament und sein Text im 2. Jahrhundert - Группа авторов страница 10

Das Neue Testament und sein Text im 2. Jahrhundert - Группа авторов Texte und Arbeiten zum neutestamentlichen Zeitalter (TANZ)

Скачать книгу

…). Dass Euseb hier die „kanonische“ katholische Siebenbriefesammlung vor Augen hat, bezeugt h. e. 2,23,24f.17 Da nach Euseb auch schon Origenes18 von einem zweiten, allerdings in seiner Authentizität bezweifelten Petrusbrief spricht (ἔστω δὲ καὶ δευτέραν: ἀμφιβάλλεται γάρ h. e. 6,25,8), ist es durchaus wahrscheinlich, dass auch dieser schon die Diskussion um die Zugehörigkeit zu der von Trobisch postulierten katholischen Briefsammlung reflektiert.19 Es stellt sich nämlich die Kontrollfrage, wie Origenes und Euseb darauf kommen konnten, 2Petr als zweiten Brief zu bezeichnen, wenn er nicht als solcher in einer Sammlung gekennzeichnet gewesen wäre. Im Referenzrahmen der These Trobischs wird die Debatte um die Zugehörigkeit von 2Petr zum Neuen Testament gerade deshalb so stark geführt, weil er in einer Sammlung von sieben katholischen Briefen überliefert wird und die deutlichen Differenzen zwischen den beiden Petrusbriefen wahr- und ernstgenommen werden.20

      Im Anschluss an Klauck vermutet Grünstäudl, dass der „aufgrund seiner elaborierten Sprachgestalt an seine Leser durchaus Ansprüche stellende 2 Petr […] in einem Zirkel gebildeter Christen, die auch seine Verfasserfiktion durchschauten, entstanden“ und rezipiert worden und „dann im weiteren Raum der weniger Gebildeten als Testament des Petrus zur Geltung gekommen“21 sei. Die Schwäche seines Modells zur Erklärung, wie dieses Pseudepigraphon im zweiten Jh. entstanden und Teil der katholischen Briefsammlung wurde, bringt er selbst zum Ausdruck: „Wie dann dieser testamentarische Text des Petrus rund 100 Jahre nach dem Tod des Petrus in Umlauf kam und so rezipiert wurde, dass er zur Zeit des Origenes bereits eine gewisse Akzeptanz als Text des Apostels Petrus erlangt hatte, lässt sich schlicht nicht sagen“.22 Hier ist zu fragen, ob nicht der Erklärungswert von Trobischs Modell, Fälschungen durch die Integration in Sammlungen zu verschleiern, höher anzusetzen ist.

      Die These Trobischs dispensiert jedoch nicht davon, pseudepigraphe Schriften, die nicht auf die editio princeps zurückgehen (können), historisch plausibel zu erklären. Das bedeutet nicht zuletzt, dass die „vorkanonische“ Geschichte der katholischen Briefesammlung im Referenzrahmen der These einer editio princeps noch zu erforschen und plausibel zu begründen wäre. Eine Fälschung der kompletten katholischen Briefsammlung durch den Herausgeber der editio princeps erscheint sowohl angesichts des Quellenbefundes als auch im Blick auf die Verschiedenheit der beiden Petrusbriefe als unwahrscheinlich.23

      Zuletzt hat sich W. Grünstäudl in zwei Beiträgen ausführlich mit der These Trobischs auseinandergesetzt.24 Im Folgenden sind nun die Argumente, die über das oben Genannte hinausgehen, abschließend kurz zu diskutieren. Grünstäudls Gegenargumentation kondensiert in seiner Feststellung, dass die katholische Siebenbriefesammlung aus der Sicht sowohl der altkirchlichen Quellen (a) als auch der hss. Evidenz (b) sehr spät entstanden sein müsse – eine frühe Edition aller von Trobisch postulierten Sammlungseinheiten also nicht im 2. Jh. stattgefunden haben könnte:

      a) Grünstäudl behauptet, Eus. h. e. 2,23,24f25 wäre der erste Beleg für diese Schriftengruppe als klar umrissene Größe.26 Er stellt allerdings auch fest, dass „[d]ie Existenz aller sieben Katholischen Briefe […] doch spätestens in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts vorausgesetzt werden“27 darf. Da u. a. bei Clemens von Alexandrien und Origenes die „Gesamtheit dieser sieben Texte in keiner Weise in den Blick kommt“28, könne man jedoch noch keine Sammlung dieser sieben Briefe annehmen.29 Ausgehend von diesen Beobachtungen datiert er die Entstehung der Siebenbriefesammlung in die zweite Hälfte des 3. Jh.30 Die Sicherheit dieser Schlussfolgerung ist jedoch mindestens in zweifacher Hinsicht zu hinterfragen.

      Erstens kann man die Quellen, die Grünstäudl anführt, durchaus als Beleg für die Existenz einer katholischen Briefammlung werten. Es ist zwar richtig, dass die Bezeichnung ἐπιστολὴ καθολική in der frühchristlichen Literatur nicht exklusiv für die in der Siebenbriefesammlung enthaltenen Texte verwendet wird, alle frühen Belege stehen jedoch in einem signifikant engen Zusammenhang mit den katholischen Briefen im Neuen Testament bzw. lassen sich plausibel aus den paratextuellen Informationen einer Sammlung von „katholischen Briefen“ ableiten.

      Die meisten Belegstellen finden sich bei Origenes. Dieser bezeichnet sehr häufig den 1Joh,31 außerdem den 1Petr als „katholischen Brief“,32 an einer Stelle (nur in der lateinischen Überlieferung) auch den Jud.33 Gerade einem Brief wie dem 1Joh, der ausweislich seines Inhalts an eine exklusive Gruppe gerichtet ist, als „katholisch“ zu bezeichnen, ist am einfachsten dadurch zu erklären, dass diese Attributierung die paratextuellen Informationen in den Hss. referenziert. Dass Origenes trotz mutmaßlicher Existenz der beiden kleinen Johannesbriefe (in der Sammlung) von dem einen katholischen Brief des Johannes sprechen kann, ist darauf zurückzuführen, dass er die anderen beiden wie Euseb34 einem anderen Verfasser, nämlich dem in den Briefen genannten Presbyter zugeschrieben haben könnte. Dies deckt sich mit der Beobachtung, dass zu einem späteren Zeitpunkt, als die Siebenbriefesammlung definititv mit allen drei Johannesbriefen existierte, der 1Joh noch analog zu Origenes als der eine katholische Brief des Johannes genannt wird.35 Analoges gilt interessanterweise auch für den 1Petr.36 Dass Clemens von Alexandrien, der die „katholischen Briefe“ lt. Eus. h. e. 6,14,6 in seinen Hypotyposeis kommentiert hat,37 das sog. Aposteldekret in Apg 15,23–29 als „katholischen Brief“ bezeichnet, ist angesichts der engen intratextuellen Verflechtungen zwischen den Verfassern der Briefe in der Siebenbriefesammlung und den namentlich erschließbaren Verfassern des Aposteldekrets (vgl. insb. Apg 15,13.22; Gal 2,9) nicht erstaunlich. Diese erzählte Situation in „kanonischer“ Perspektive im Hintergrund könnte auch für Origenes den Ausschlag gegeben haben, an einer Stelle (Orig. Cels. 1,63) den Barn als „katholischen Brief“ zu bezeichnen.38

      Zweitens übergeht Grünstäudl die Evidenz für eine katholische Siebenbriefesammlung, die im Zusammenhang mit der Apostelgeschichte steht, in Orig. Hom. in Jos 7,1 und hom. in Gen 13,2, da er diese im Anschluss an die traditionelle Kanonforschung für eine Interpolation Rufins hält. Diese Bewertung jener nur im Lateinischen überlieferten Stellen in Origenes’ Werk ist jedoch in der jüngeren Forschung fraglich geworden und basiert zuletzt auf einem Zirkelschluss, da die Hauptargumente für die Interpolationsthese vor allem kanongeschichtliche sind (s. o., insb. Anm. 89). Grünstäudl begründet die sukzessive Entstehung der Siebenbriefesammlung u. a. auf der Grundlage des lateinischen Origenes, den er für interpoliert (und spät) hält, und begründet die Interpolation von Origenes mit der Entstehungsgeschichte der Sammlung der 27 neutestamentlichen Schriften.

      b) Grünstäudl stellt anhand eines Vergleichs der drei großen Kodizes ‎‏א‏‎ 01, A 02 und B 03 gegen die gängige Einschätzung in der Textkritik39 die These auf, dass man im 4. Jh. noch nicht von einer Einheit von Apg und Katholischen Briefen sprechen könne, sondern dass diese erst für das 5. Jh. durch ein Kolophon im Alexandrinus (f. 84v) sicher bezeugt wäre. Als Argument führt er im Rahmen einer ausführlichen kodikologischen Betrachtung der Übergänge zwischen den Schriften an, dass „[a]m Ende der Apostelgeschichte (L 88/B 1r [dritte Spalte]) […] eine ganze Spalte freigelassen [ist], sodass der Jakobusbrief auf L 88/B 1v (erste Spalte) beginnt und die Lücke zwischen Apostelgeschichte und Jakobusbrief somit den Umfang einer ganzen Spalte – wie zwischen Barnabasbrief und Hirt des Hermas – umfasst,“40 wodurch Apg und Katholische Briefe optisch voneinander getrennt würden.41 Bei seiner Argumentation fehlt die Feststellung, dass dieser Einschnitt optisch weniger markant ist als die anderen Vergleichststellen, die er anführt. Zudem implizierte die Logik des Arguments, dass auch die vier Evangelien nicht als Einheit wahrgenommen worden wären; wobei der Einschnitt dort noch viel deutlicher gestaltet ist (durch ein gänzlich unbeschriebenes Blatt zwischen Lk und Joh), auf den Grünstäudl selbst hinweist. An dieser Stelle fällt der methodische Vorwurf auf Grünstäudl zurück, den er gegenüber D. C. Parker erhebt,42 dass man die Ebene der redaktionellen Strategien im Hintergrund einer einzelnen Hss. und die textkritische Argumentation sauber trennen muss.

      Grünstäudl führt aus, dass es rein rechnerisch acht Varianten gäbe, Apg, die Paulusbriefe und die Katholischen Briefe zwischen den vier Evangelien und der Johannesoffenbarung anzuordnen und in den zwei erhaltenen Unzialhandschriften

Скачать книгу