Gesammelte Werke. Sinclair Lewis

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Gesammelte Werke - Sinclair Lewis

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      Frau Leonard Warren, eine zierliche, graue, nervöse Dame, Präsidentin des Thanatopsis und Frau des Kongregationalisten-Pastors, berichtete über die Geburts- und Todesdaten Byrons, Scotts, Moores und Burns; sie schloß mit den Worten:

      »Burns war ein ganz armer Junge und genoß nicht die vorteilhaften Gelegenheiten, die wir heute genießen, er hatte nur die schöne alte schottische Kirche, in der er das Wort Gottes furchtloser predigen hörte, als es heute auch in den schönsten großen Ziegelkirchen in den großen und sogenannten fortgeschrittenen Städten geschieht, aber nicht die Vorzüge unserer Erziehung und des Lateinischen und der anderen Geistesschätze, die heute vor die, leider! zu oft unaufmerksamen Füße unserer Jugend gestreut werden, die nicht die Vorrechte zu schätzen weiß, die in so großzügiger Weise allen amerikanischen Knaben, reich und arm, gewährt sind. Burns mußte angestrengt arbeiten und wurde manchmal von schlechter Gesellschaft zu niedrigen Gewohnheiten verführt. Aber es ist moralisch lehrreich zu wissen, daß er ein guter Student war und sich selbst erzog, in schreiendem Gegensatz zu den lockeren Pfaden und dem sogenannten aristokratischen Gesellschaftsleben Lord Byrons, von dem ich eben gesprochen habe. Und wenn auch die Lords und Earls seiner Tage sicherlich auf Burns als einen niedrigen Menschen herabblickten, viele von uns haben sich an seinen Sachen über die Maus und andere ländliche Gegenstände mit ihrer Botschaft von demütiger Schönheit höchlichst erfreut – und es tut mir leid, daß ich nicht genug Zeit habe, einige davon zu zitieren.«

      Frau George Edwin Mott widmete Tennyson und Browning zehn Minuten.

      Frau Nat Hicks brachte die schwere Aufgabe des Tages mit einer Vorlesung über »Andere Dichter« zu Ende. Die anderen beachtenswerten Dichter waren Coleridge, Wordsworth, Shelley, Gray, Frau Hemans und Kipling.

      Fräulein Ella Stowbody hatte die Liebenswürdigkeit, »Die Abschiedshymne« und Auszüge aus »Lalla Rookh« zu rezitieren. Auf Wunsch gab sie »Mein süßes Lieb« zu.

      Gopher Prairie war mit den Dichtern fertig. Es war bereit für die Arbeit der nächsten Woche: Die belletristische und essayistische Literatur Englands.

      Frau Dawson sagte: »Jetzt folgt eine Diskussion über die Vorträge. Ich bin sicher, es wird uns allen eine Freude sein, jemand zu hören, den wir bald als neues Mitglied zu begrüßen hoffen, Frau Kennicott, die mit ihrer glänzenden literarischen Vorbildung und so in der Lage sein wird, uns viele Winke und – viele hilfreiche Winke zu geben.«

      Carola hatte sich eingebläut, nicht so »eklig hochnäsig« zu sein. Sie hatte sich eingeredet, das späte Streben dieser abgearbeiteten Frauen sei eine Anstrengung, die sie zu Tränen rühren müsse. »Aber sie sind so zufrieden mit sich. Sie glauben, daß sie Burns einen Gefallen tun. Sie halten es nicht für ein ›spätes Streben‹. Sie sind überzeugt, daß sie die Bildung eingesalzen und in den Rauchfang gehängt haben.« Aus diesen lähmenden Zweifeln wurde sie durch Frau Dawsons Worte aufgeschreckt. Sie wußte nicht, was sie tun sollte. Wie konnte sie sprechen, ohne sie zu verletzen?

      Frau Champ Perry beugte sich zu ihr, streichelte ihr die Hand und flüsterte: »Sie sehen müde aus, mein liebes Kind. Wenn Sie nicht wollen, reden Sie nicht.«

      Zärtlichkeit durchdrang Carola; sie stand auf, suchte nach Worten und Komplimenten:

      »Das einzige, was ich vielleicht vorschlagen möchte – Ich weiß, daß Sie ein bestimmtes Programm verfolgen, aber ich würde wünschen, daß Sie jetzt nach dieser wunderschönen Einleitung nicht zu einem anderen Thema übergehen, sondern auch im nächsten Jahr wieder darauf zurückkommen und die Dichter mehr im einzelnen durchnehmen. Besonders aktuelle Zitate – obwohl natürlich die Lebensbeschreibungen so interessant und, wie Frau Warren sagte, moralisch lehrreich sind. Und vielleicht gibt es auch noch einige Dichter, von denen heute nicht gesprochen wurde, die aber doch beachtenswert sind – Keats zum Beispiel, und Matthew Arnold und Rosetti und Swinburne. Swinburne wäre so – also, das wäre ein solcher Kontrast zu dem Leben, das wir alle an unserem schönen Mittelwesten so lieben –«

      Sie sah, daß Frau Leonard Warren mit ihr nicht einverstanden war. Sie gewann sie, indem sie unschuldig fortfuhr:

      »Obwohl Swinburne vielleicht eine Tendenz hat, äh, freimütiger zu sein, als uns wirklich lieb ist. Was meinen Sie, Frau Warren?«

      Die Pastorsfrau meinte: »Ja, Sie haben wirklich meine Gedanken erraten, Frau Kennicott. Natürlich hab' ich Swinburne nie selber gelesen, aber seinerzeit, wie er in Mode war, hat Herr Warren, ich erinnere mich noch ganz genau, gesagt, daß Swinburne (oder war's Oscar Wilde? auf jeden Fall:) er hat gesagt, wenn auch viele sogenannte intellektuelle Leute posieren und vorgeben, Schönheit in Swinburne zu finden, daß es doch niemals wirkliche Schönheit ohne die Botschaft des Herzens geben kann. Aber trotzdem glaube ich, Ihre Idee ist ausgezeichnet, und obwohl wir schon Innenarchitektur und Porzellan für das nächstjährige Programm vorgesehen haben, denke ich, es wäre nett, wenn der Programmausschuß einen anderen Tag, der ganz der englischen Poesie gewidmet ist, ausfindig machen könnte! Ja, Frau Vorsitzende, ich stelle den Antrag.«

      Als Frau Dawsons Kaffee und Backwerk den Damen geholfen hatte, sich von der Niedergedrücktheit zu erholen, die durch Gedanken an Shakespeares Tod hervorgerufen worden waren, teilten alle Carola mit, daß es ihnen ein Vergnügen wäre, sie hier zu sehen. Der Aufnahmeausschuß begab sich auf drei Minuten in ein anderes Zimmer und wählte sie zum Mitglied.

      Und sie hörte auf, zu begönnern.

      Sie wollte zu ihnen gehören. Sie waren so freundlich und lieb. Sie würden ihren Plan ausführen. Ihr Feldzug gegen die Dorfträgheit hatte wirklich begonnen! Mit welcher Spezialreform sollte sie ihre Armee zuerst betrauen? Während der Unterhaltung nach dem ernsten Teil machte Frau George Edwin Mott die Bemerkung, das Rathaus entspreche nicht dem prächtigen und modernen Gopher Prairie. Frau Nat Hicks äußerte den schüchternen Wunsch, daß man die jungen Leute dort tanzen lassen solle, ohne Eintrittsgeld zu erheben – die Logenbälle seien so exklusiv. Das Rathaus. Das war es! Carola eilte heim.

      Sie hatte noch nicht gewußt, daß Gopher Prairie Stadt sei. Von Kennicott erfuhr sie, daß es einen Bürgermeister, einen Stadtrat und Wahlbezirke hatte. Sich selbst zu einer Metropole zu ernennen, die Einfachheit dieses Vorgangs entzückte sie. Warum nicht?

      Den ganzen Abend über war sie stolze und patriotische Bürgerin.

      2

      Am nächsten Vormittag besichtigte sie das Rathaus. Sie hatte es nur als etwas düster Unansehnliches im Gedächtnis. Sie fand, einen halben Block von der Hauptstraße entfernt, einen leberfarbenen Hühnerstall. Die Front war eine langweilige Mauer mit Schindeln und schmutzigen Fenstern. Das Gebäude hatte ungehemmte Aussicht auf eine unbebaute Parzelle und auf Nat Hicks Schneiderwerkstatt. Es war größer als die Zimmermannswerkstatt daneben, aber nicht so gut gebaut.

      Kein Mensch war in der Nähe. Sie ging in den Korridor. Dieser hatte auf der einen Seite das Stadtgericht, das wie eine Landschule aussah, auf der anderen den Raum der freiwilligen Feuerwehrgesellschaft mit einem Fordschen Spritzenauto und den Prunkhelmen für die Paraden; am Ende ein schmutziges Zweizellengefängnis, das jetzt leer war, aber nach Ammoniak und altem Schweiß roch. Das ganze zweite Stockwerk war von einem großen unvollendeten Raum eingenommen, in dem Stapel von Klappstühlen, eine kalkverschmierte Mörteltrage und das Gestell für die Dekoration am 4. Juli herumlagen, alles unter zerfallenden Gipswappenschildern und verschossenem roten, weißen und blauen Fahnentuch. Am Ende des Raums befand sich das Rudiment einer Bühne. Der Saal war groß genug für die Gesellschaftstänze, die Frau Nat Hicks befürwortete. Aber Carola war auf etwas Größeres als Bälle aus.

      Am Nachmittag suchte sie die städtische Bibliothek auf.

      Die

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