Evangelisch für Dummies. Marco Kranjc
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Man merkt schon hier, dass Luther großen Respekt vor jeder Regierung – in seinen Worten »Obrigkeit« – hatte. Jede Form von Unordnung oder Aufstand gegen eine Autorität oder einen Herrscher schien ihm Angst zu machen. Am Anfang in Wittenberg und auch später erhob er seine Stimme immer wieder da, wo sich Menschen gegen ihre »Herren« und Regenten (gegen die Obrigkeit) auflehnten. Ein manchmal seltsamer Widerspruch für einen Mann, der aufgrund seines Gewissens gerade den mächtigsten Männern der Welt die Stirn geboten hatte. In den folgenden Jahren seines Lebens traf Martin Luther einige Entscheidungen, die den Lauf der Reformation und die entstehenden evangelischen Kirchen entscheidend prägten.
Luthers zukunftweisende und fragwürdige Entscheidungen
Bis zu seiner Rückkehr nach Wittenberg hatte Luther bereits bedeutende Entscheidungen getroffen: gegen die Kirche und den Papst, für das Wort Gottes und sein Gewissen. Doch das war erst der Beginn der Reformation. Auf Martin Luther warteten noch viele Herausforderungen und viele Entscheidungen standen an. Zunächst einmal zog er Ende 1524 die Mönchskutte aus. Mönch zu sein hatte für ihn und viele andere Mönche und Nonnen nun keinen Sinn mehr.
Dann schrieb er wieder.
Gegen Erasmus von Rotterdam
Wer die Geschichte der Reformation ein wenig kennt, der wird langsam den Namen Erasmus von Rotterdam vermissen. Als Geert Geerts 1466 oder 1469 in Rotterdam geboren, gilt er heute als bedeutendster Vertreter des christlichen Humanismus. Im Rückblick auf die Antike stand für die Humanisten der Mensch im Mittelpunkt des Interesses. Er sollte eine umfassende Bildung in Sprache und Literatur erwerben und sich künstlerisch entfalten.
Auch Erasmus kritisierte die Kirche, war aber immer ein vorsichtiger Mann geblieben und scheute den offenen Konflikt. Dafür stand er mit vielen bedeutenden Gelehrten der Zeit in ständigem Briefkontakt, ab 1519 auch mit Martin Luther. Außerdem gab er das griechische Neue Testament heraus, nach dem Martin Luther die deutsche Übersetzung anfertigte. Erasmus war nach erster Zustimmung unsicher über die Reformation. Über Erasmus’ Schrift Vom freien Willen (1524) und Luthers Antwort Vom unfreien Willen (1525) zerstritten die beiden sich.
Mächtige Unterstützung: Fürsten für Luther
Ein großer politischer Erfolg in jenen Jahren war es, dass sich Landgraf Philipp von Hessen (1504–1567) der Reformation anschloss. Zwischen ihm und Johann dem Beständigen von Sachsen kam es zu einem Bündnis (1526), dem sich später weitere Fürsten anschlossen. Die Fürsten der einzelnen Länder fühlten sich zunehmend unabhängiger von Kaiser und Papst.
Gegen die Bauern
Kleinere, begrenzte Bauernaufstände hatte es seit Jahrhunderten gegeben. Ab Sommer 1524 bekamen sie aber eine neue Qualität: Die Anliegen der Bauern (meist forderten sie weniger Abgaben und weniger Arbeitsdienst) wurden mit den Schlagworten der Reformation angefeuert. Luther hatte dem »kleinen Mann« gezeigt, wie man sich gegen die Mächtigen behauptet. Im ganzen Land erhoben sich die Bauern und bildeten Heere. Kaiser Karls Armeen waren derweil noch in Frankreich beschäftigt und konnten nicht eingreifen. Im April 1525 erschien Luthers Schrift Ermahnung zum Frieden, in der er an beide Seiten appellierte, Frieden zu schließen. Dann aber forderte er in der geradezu blutrünstigen Schrift Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern die Fürsten zu hartem Durchgreifen auf.
Luthers Aufforderung hätten sie nicht gebraucht: Die Fürsten von Hessen und Sachsen hatten den Kampf schon begonnen. Und als Kaiser Karls gut ausgebildete Truppen aus Frankreich nach Deutschland kamen, war das Schicksal der Aufständischen besiegelt. Wie aber kam Luther dazu, von den Fürsten zu fordern, die Bauern ohne Rücksichten zu erschlagen? Sicher wäre es auch ohne Luther zu Bauernaufständen gekommen. Und doch fühlte Luther sich zum einen verantwortlich, zum anderen aber auch missverstanden und missbraucht. Mit seiner Unterstützung der Fürsten verspielte Luther sich aber viel Zuneigung der einfachen Menschen.
Ein bisschen Frieden …
Im Jahre 1526 tagte der Reichstag in Speyer. Mittlerweile hatten sich schon einige Fürsten auf die Seite der Reformation geschlagen. Kaiser Karl V. war zwar nach wie vor entschlossen, die evangelische Bewegung zu vernichten. Doch war er in Kriege verwickelt, die seine Kräfte woanders banden. Er hatte also weder die Zeit noch die Mittel, gegen die Evangelischen vorzugehen. Daher wurde beschlossen, dass die Fürsten das »Wormser Edikt« (Luthers Auslieferung und Vernichtung der Reformation) von 1521 so erfüllen sollten, wie sie es vor Kaiser und Papst verantworten könnten. Was für ein Freibrief! Evangelische Fürsten gründeten evangelische Landeskirchen und verbanden geschickt Religion und Geografie miteinander nach dem Prinzip »cuius regio, eius religio«, zu Deutsch »wessen Land, dessen Religion«. Die Fürsten bestimmten also, was bei ihnen im Land geglaubt wurde. Daher kann man auch heute noch in Deutschland die Bundesländer und einzelnen Regionen leicht der katholischen oder der evangelischen Kirche zuordnen.
Gegen die Schweizer
Recht unabhängig von Martin Luther hatte sich in Zürich unter Huldrych Zwingli (und später in Genf unter Johannes Calvin) eine eigene Reformationsbewegung entwickelt. Aber man respektierte einander und wollte nun sehen, ob man sich nicht zusammentun könnte. Luther, Zwingli und einige ihrer Begleiter trafen sich vom 1. bis 4. Oktober 1529 in Marburg (das sogenannte Marburger Religionsgespräch). Man wollte sich über 15 Punkte, die Glauben und Theologie betrafen, einig werden. 14 dieser Punkte konnte man auch lösen. Aber dann kam es zum Thema Abendmahl. Und darüber erzielte man tatsächlich keine Einigung und trennte sich. Die Reformation blieb und ist bis heute gespalten: In einen lutherischen und einen reformierten Zweig (mehr zum Streit um das Abendmahl dann in Kapitel 17).
Die Evangelischen werden »Protestanten«
Im Jahre 1529 wurde der zweite Reichstag in Speyer einberufen. Kaiser Karl war zwar nicht anwesend, aber da er gerade einige Kriege gewonnen hatte, konnte er sich die Reformation wieder vornehmen. Die Freiheiten des ersten Speyrer Reichstags wurden zurückgenommen, die Reformation durfte nicht weiter ausgebreitet werden. Da die Katholiken im Reichstag die Mehrheit bildeten, wurden die Beschlüsse angenommen. Für die evangelischen Fürsten waren diese Beschlüsse untragbar. Am 19. oder 20. April gaben sie ihren Protest dagegen bekannt. Diese »Protestation von Speyer« verlieh bald den »Protestanten« ihren Namen.
Für die Ehe: Katharina von Bora
Katharina von Bora (1499–1552) war schon als Kind zur Erziehung in ein Kloster gebracht worden. Unter dem Eindruck von Martin Luthers Schriften beschloss sie, aus dem Kloster zu fliehen. Dafür bat sie Martin Luther um Hilfe. Der schickte ihr einen Wagen, mit dem sie und acht andere Nonnen hinter Heringsfässern versteckt fliehen konnten. Katharina von Bora fand bei Freunden von Luther Zuflucht (unter anderem bei dem Maler Lukas Cranach, der sowohl Martin Luther als auch Katharina von Bora porträtierte). Aber natürlich musste Katharina von Bora auch bald verheiratet werden, damit sie versorgt war. Allerdings stellte sich heraus, dass es nicht so einfach war, einen Mann für sie