Internationales Strafrecht. Robert Esser
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Die allgemeinen formalen Anforderungen an schriftliche Erklärungen gegenüber dem Gerichtshof (PD-W) gelten auch für solche Schriftsätze, die bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingehen, nachdem dieser die Beschwerde für zulässig erklärt hat (Rn. 303). Siehe insoweit bereits Rn. 279 ff.
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Bevor die Beschwerde dem betreffenden Vertragsstaat mitgeteilt worden ist (Rule 54 Abs. 2 lit. b), muss der Bf. nicht notwendig die Amtssprachen (Englisch, Französisch) benutzen. Vielmehr kann er auch in einer der Amtssprachen eines Vertragsstaats kommunizieren (Rule 34 Abs. 1).
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Nachdem die Beschwerde dem betreffenden Vertragsstaat mitgeteilt worden ist, muss die Kommunikation mit dem Gerichtshof allerdings grundsätzlich in einer seiner beiden Amtssprachen geführt werden (Rule 34 Abs. 2). Das gilt insbesondere für Schriftsätze in Vorbereitung der späteren mündlichen Verhandlung. Der Kammerpräsident kann jedoch ausnahmsweise den weiteren Gebrauch der in der Beschwerdeschrift verwendeten (oder einer anderen) Sprache gestatten (Rule 34 Abs. 3 lit. a), wenn es sich dabei um die Sprache eines Vertragsstaates handelt. Für die notwendige Übersetzung von Schriftsätzen und mündlichen Erklärungen sorgt dann die Kanzlei. Der Gebrauch einer anderen Sprache kann davon abhängig gemacht werden, dass der Bf. (teilweise) die für die Übersetzung anfallenden Kosten trägt (Rule 34 Abs. 3 lit. b, c). Diesbezüglich sollte eine frühzeitige Absprache mit dem Kammerpräsidenten erfolgen.
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Die Kommunikation des Gerichtshofs mit dem Vertragsstaat und Drittbeteiligten sowie die Einreichung von Schriftsätzen von Vertragsparteien oder Drittbeteiligten erfolgen grundsätzlich in einer der beiden Amtssprachen des Gerichtshofs (Rule 34 Abs. 4 lit. a). Der Kammerpräsident kann allerdings auch hier den Gebrauch einer anderen Sprache genehmigen. In diesem Fall muss die Vertragspartei für die Übersetzung ihrer schriftlichen Stellungnahmen in die englische oder französische Sprache sorgen bzw. – soweit die Übersetzungen durch die Kanzlei veranlasst werden – die hierfür anfallenden Kosten tragen. Gleiches gilt für die Übersetzung der Erklärungen in der mündlichen Verhandlung (Rule 34 Abs. 4 lit. b). Dasselbe gilt für Drittbeteiligte.
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Der Bf. hat demzufolge keinen Anspruch darauf, dass der beklagte Vertragsstaat seine Stellungnahmen und Erklärungen in einer seiner Amtssprachen, geschweige denn in der vom Bf. in der Beschwerdeschrift gewählten Sprache abgibt. Selbst der Gerichtshof kann die beklagte Vertragspartei lediglich bitten (invite), eine Übersetzung ihrer schriftlichen Stellungnahmen in einer ihrer Amtssprachen vorzulegen, um dem Bf. das Verständnis dieser Stellungnahmen zu erleichtern (Rule 34 Abs. 5). Einfordern kann der Bf. – gegenüber dem Gerichtshof, der sich dann an den Staatenvertreter wendet – allerdings nur die Übersetzung sämtlicher (mündlicher und schriftlicher) Erklärungen des Vertragsstaates ins Englische oder Französische.[94] Selbst auf die Festlegung einer der beiden Amtssprachen für die Kommunikation mit dem Gerichtshof hat der Bf. keinen Anspruch. Falls er nur in einer der beiden Amtssprachen über ausreichende Kenntnisse verfügt, so sollte der Bf. dies gegenüber der Kanzlei anzeigen, die diesem Umstand nach Möglichkeit Rechnung tragen wird.
6. Antrag auf Festsetzung einer gerechten Entschädigung
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Neben der Feststellung eines eingetretenen Konventionsverstoßes kann der Gerichtshof in seinem das Verfahren abschließenden Urteil eine dem Bf. vom verurteilten Vertragsstaat zu gewährende gerechte Entschädigung festsetzen (Art. 41 EMRK; zu den ersatzfähigen Schäden und zum Kostenersatz siehe noch Rn. 481 ff). Dies erfolgt jedoch nicht automatisch, sondern nur in den Fällen, in denen das nationale Recht eine vollständige Wiedergutmachung der eingetretenen Schäden nicht ermöglicht und sich der Ausspruch einer Entschädigungsleistung durch den Gerichtshof als notwendig erweist („if necessary“). Die näheren Einzelheiten ergeben sind aus Rule 60 und der Practice Direction – Just Satisfaction Claims (PD-JS).
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Für die Festsetzung einer solchen Entschädigung ist grundsätzlich ein spezieller Antrag des Bf. erforderlich (specific claim for just satisfaction, Rule 60 Abs. 1). Ausnahmsweise kann der Gerichtshof eine Entschädigung gemäß Art. 41 EMRK auch von sich aus festsetzen;[95] darauf darf es der Verteidiger jedoch nicht ankommen lassen.
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Häufig ist es sinnvoll, den Antrag erst später im Verfahren zu stellen, insbesondere nachdem die Beschwerde für zulässig erklärt wurde, weil einige Schadensposten – insbesondere die Auslagen im Verfahren vor dem EGMR – zu einem früheren Zeitpunkt im Verfahren noch nicht vorhersehbar geschweige denn entstanden oder bezifferbar sind. Der Antrag muss aber spätestens, wenn der Kammerpräsident nichts anderes anordnet, im Schriftsatz zur „Begründetheit der Beschwerde“ innerhalb der hierfür von der Kammer gesetzten Frist gestellt werden (Rule 60 Abs. 2).[96] Da aber die gemeinsame Entscheidung über Zulässigkeit und Begründetheit heute den Regelfall darstellt (Art. 29 Abs. 1 Satz 2; Rule 54A), ist auch eine gesonderte Frist für die Stellungnahme zur Begründetheit nur noch die Ausnahme.
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Ohnehin können aber schon in der Beschwerdeschrift Anmerkungen zu eingetretenen Schäden gemacht werden. Dem Gerichtshof schon in der Beschwerdeschrift eine (vorläufige) Zusammenstellung der einzelnen Schadenspositionen zu präsentieren, ist ohnehin in einigen Fällen durchaus ratsam[97]; allerdings befreit diese frühere Mitteilung den Bf. nicht von einer späteren (s.o.) förmlichen Antragstellung (§ 5 PD-JS a.E.).
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Im förmlichen Antrag sind die einzelnen Schadensposten detailliert aufzuschlüsseln (itemised particulars of all claims), zu beziffern und nach Rubriken[98] zu ordnen. Als Nachweis für den Eintritt der Schäden und die Entstehung von Kosten sind entsprechende Belege (appropriate docmentary evidence) beizufügen (Rule 60 Abs. 2; §§ 5, 11, 21 PD-JS). Kommt der Bf. diesen Vorgaben nicht nach, kann die Kammer den Antrag ganz oder teilweise zurückweisen (Rule 60 Abs. 3).
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In der Antragsschrift sollte der Bf. auch ein Bankkonto angeben, auf das die vom Vertragsstaat zu leistende Entschädigung fließen soll. Für einzelne Entschädigungssummen können separate Konten angegeben werden. Der Bf. kann ferner bestimmen, dass die für Gebühren und sonstige Auslagen des Verteidigers festzusetzende Geldsumme (cost and expenses) direkt auf ein Konto des Verteidigers überwiesen werden soll (§ 22 PD-JS).
7. Information und Ladung der Verfahrensbeteiligten