Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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abhilft nach seinen Kräften: der übt aller Religionen Wahrstes und Heiligstes aus. Sein Tempel ist das unendliche Gewölbe des Himmels; sein Fest jede schöne Sommernacht, ein herrlicher Aufgang; und er bringt seine Opfer dar an Menschen, an Tiere, die ihrer bedürfen, an alles Lebendige.

      Metaphysik hat Gott allein, sie ist sein Ehrenamt! sagte derselbe Dichter Simonides, welcher sich so klug über die Frage: Was ist Gott? beim weisen Hieron aufführte. Aristoteles will dies zwar nicht zugeben und meint: Gott wäre nicht so neidisch; sie sei die Glorie des Menschen und es einem freien Mann unanständig, sie nicht zu erforschen. Plato aber, sonst so stolz gegen die leichten geflügelten heiligen Dinger, wie er die Dichter nennt, gestand, obgleich bei einer andern Gelegenheit, demütig: Simonides habe selten unrecht; er sei ein verständiger und göttlicher Mann gewesen.

      In den Sonnensystemen des Orion, der Milchstraße steigen wir vielleicht zu einer höhern Religion auf.

      Demetri. Solch ein Angriff gefällt mir! Das ist eine Gymnastik des Verstandes und auf beiden Seiten Gewinn; entweder geübte nacktere gelenkere Wahrheit oder Befreiung von dem schädlichen Übel der Falschheit. Wer weiß, was Menschen sind und was er selbst ist, der verwundert sich weder über Ost noch West, sondern untersucht ferner fort getrost, woraus sie beide bestehen.

      Ardinghello. Aber die Säulen hüllen ihre jungfräuliche Schönheit schon ins Dunkel, und oben ist kaum noch Dämmerung. Der Pförtner wartet, die Tür zu schließen. Wer unrecht hat (drückt ich ihn zärtlich und traulich bei der Hand), will immer das letzte Wort behalten.

      Demetri. Nur die Hauptpunkte! Das übrige ein andermal, welches überdies hauptsächlich auf eines jeden Gefühl beruht und womit hinüber und herüber Mutwille kann getrieben werden.

      Wie ich merke, habt Ihr von Belvedere noch nicht ganz Abschied genommen! Inzwischen spielt Ihr trefflich die Rolle, die ich bei der Pyramide; nur daß ich schon da zu Hause war, wo Ihr vielleicht erst einkehrt.

      Ohne Eins, das sich in verschiedne Formen verwandelt, bleibt alles völlig unerklärlich; ich mag darüber nicht wiederholen, was ich schon gesagt habe. Und dann:

      Gott ist nicht Mensch, Anthropomorphit! und Ihr selbst müßt Eure Menschheit ablegen, wenn Ihr ihn denken wollt, und Eure stolzen republikanischen und spartanischen Gesinnungen.

      Und doch können wir schon in unserm Pünktchen, Plätzchen von Formen nach dem Aristoteles, Ideen groß und klein, also irgendwo darin, erdenken, umbilden, aufbewahren und wieder neu beleben. Reines Wesen kann in bloßem Bewußtsein harren, das ist sein Leben, aber auch Formen in sich schaffen und sammeln, das ist sein Geschäft und seine Lust.

      Woher es ist, unendlich? Wie es war, wüst und leer? wie der erste Gedanke in ihm entstand? und Körper? hier ist's noch immer finster auf der Tiefe; Abgrund, wir versinken, und Abgrund! Ewigkeiten! Ewigkeiten! Kein Untertaucher, nicht die berühmtesten der Schulen von Syme27, vermochten zu entdecken.

      Aristoteles hat nicht zuviel gesagt, wohl Simonides. Aber Freunde werden wir sein, solange wir leben, und selige Stunden miteinander haben.

      Fünfter Teil

       Inhaltsverzeichnis

       Inhaltsverzeichnis

      Terni, Jenner.

      Neid und Eifersucht sind die Dornen im Rosengarten der Liebe.

      Ich habe von Rom abreisen müssen, der Herzog ruft mich zu Geschäften. Aber ich erkenne wohl, der Kardinal wollte mich fort; er hatte schon längst ein Auge auf mich und fand bei meinem Aufenthalte nicht seine Rechnung.

      Ich reise vorwärts und meine Phantasie rückwärts; Herz und alle Freude ist in Rom geblieben. Zähren des tiefsten Gefühls rannen unaufhaltbar hervor mit ihren letzten heißen Seelenblicken; wir schieden aus glühender Umarmung. O sie liebt mich, groß und edel! Erhabnes Wesen!

      Ich befinde mich hier in einer Wasserwelt; die Fluten rauschen, und Ströme stürzen sich mit donnerndem Gebrüll von den Gebirgen: und doch ist mein Sinn nur wie im Taumel gegenwärtig. Das Wetter ist außerordentlich lau und warm für die Jahrszeit; aller Schnee auf dem Apennin schmilzt. Die Nera ist mächtig angeschwollen, und der königliche Velino reißt sich wie eine Sündflut aus seinem See schräg übers Gebirg herab, setzt alle Gärten und Felder der Terner in Überschwemmung und verheert sie mit seinem Schutte.

      Rührend ist bei dem fürchterlichen Schauspiel, wie die hülflosen Menschen so gut und freundlich und gesellig gegeneinander bei der allgemeinen Not werden und jeder erkennt, wie wenig er für sich selbst vermag.

      Im schmalen Tal, an der Nera, vor dem Einschusse des Velino, liegt ein Dörfchen von wenig Häusern, Torrosina, wie in einem kleinen Kessel. Nachdem ich die ganze Lage besehen hatte, so fand ich, daß die Terner weit weniger und fast nichts leiden würden, wenn man oben auf dem Gebirge den Velino dahin führte, daß er in die Felsenkluft, wo die Nera furchtsam hervorschleicht, sich mit seinem Tartar stürzte. Außerdem gewännen sie noch das ganze breite Bett des Flusses an die zwei Miglien lang für ihre Waldung; und der senkelrechte Sturz selbst würde an Höhe und Schönheit seinesgleichen nicht in Europa haben, da er jetzt nur gemach schräg herabrauscht. Weil aber Grund und Boden den Torrosinern gehört, so müßten sie denselben ihnen abkaufen, welcher jedoch an und für sich keinen Wert hat, da er lauter Felsen ist, und den etwanigen zukünftigen Schaden zu ersetzen versprechen, der für sie entstehen könnte, wenn die Nera bei großen Wassern vor der einbrechenden Gewalt des Velino sollte zurückgehalten werden.

      Ich ging darauf in die Ratsversammlung von Terni und machte mein Gutachten als ein Werksverständiger bekannt. Alle, keiner ausgenommen, gaben dazu ihren Beifall; und dieser und jener sagte, daß er dies schon längst auch gedacht hätte. Und siehe da, man schickte kluge Redner zu den Torrosinern ab, und der ganze Anschlag wurde mit wenig Kosten genehmigt.

      Aus Furcht, daß es diesen gereuen möchte, will man sogleich Hand ans Werk legen und oben das kurze neue Bett ausgraben, welches ich diesen Morgen half abstecken.

      Die Sache wegen Verlegung des Velinosturzes ist alt und wurde schon zu Ciceros Zeiten verhandelt. Es scheint, die Torrosiner sind gutherziger geworden, daß sie jetzt so bald nachgaben; oder der große Schaden und Jammer der Terner hat sie mehr als jemals ergriffen und zum Mitleiden bewogen, da ihr zukünftiger Verlust gegen dieser ihren doch nur äußerst klein sein kann und vergütet werden wird.

       Perugia, Jenner.

      Ich streiche durch alle die himmlischen Gegenden ohne rechten Genuß, und nur ergreift mich noch des Wasserelements Sturm und Aufruhr und die Luft mit ihren Gewittern und Wetterstrahlen.

      Der Ort enthält einen Schatz von Gemälden, und sie und die prächtig gepflasterten Straßen und schönen Paläste und Tempel zeigen allein noch den ehemaligen Wohlstand der Freiheit.

      Für jetzt flüchtige Anzeige einiger Raffaele auf meinem Wege.

      Fuligno hat deren zwei, die allein wert sind, in dies Paradies zu reisen. Im Nonnenkloster delle Contezze ein Altarblatt, welches die Madonna vorstellt, vom Himmel herniederschwebend, wie sie der heilige Franziskus, Hieronymus, Johannes der Täufer und ein Kardinal anbeten. Es ist aus des Meisters bester Zeit. Welche Gestalten, welche

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