Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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eingegraben haben können: alsdenn stimmt diese Erklärung in den Zusammenhang der Beschreibung von der fürchterlichen Aegis. Oder wie andre wollen, der Helm, den die Fußvölker aus hundert Städten zu heben, zu tragen kaum hinreichten: diese Erklärung dünkt mir nach dem Tone Homers die beste; denn sie giebt das stärkste Bild von der innern Macht der Göttin, die sich hier in dem Tragen eines Helms, auf eine stille erhabne Weise äußert. – Es sey indessen welche von diesen Erklärungen es wolle: keine ist erdacht, um die Stelle zu lindern, sondern nur den Sinn Homers zu erklären, und nach allen dünkt mir doch die, obgleich uralte, die Hr. L. annimmt:18 der Helm, unter welchem sich so viel Streiter, als hundert Städte in das Feld zu stellen vermögen, verbergen können,« diese dünkt mir unter allen die letzte. Wo ist je ein Helm dazu gewesen, um zu sehen, wie viel Streiter unter ihm Raum haben? wie müssen die Helden stehen, wenn sie mit dem Helme, wie mit einem Scheffel sollen gemessen werden? wie wäre also Homer auf dieß kindische oder Romantische Bild gekommen, die Streiter von hundert Städten, sich in einem allgemeinen Blindekuhspiele hierunter verkriechen zu lassen? u.s.w. Kurzum! Homer giebt doch kein Maas der Minerve an ihrer Statur des Körpers geradehin; sondern läßt uns den Schluß von ihrem Helme auf ihre Größe, oder, wenn die mir schicklichste Erklärung gölte, vielmehr auf ihre innere Stärke, »sie setzte den Helm aufs Haupt, der den Kräften eines Fußvolks aus hundert Städten zu schaffen geben könnte,« welch ein stilles Bild ihrer Göttlichen Stärke!

      Per Individualcharakter der Homerischen Götter und Göttinnen ist also das Hauptaugenmerk, nach welchem sich auch ihre Größe und Stärke richtet. Hier kommt kein Allgemeinsatz in Betrachtung: Charakter ist hier über Gottheit.

      Es giebt also bei ihm Göttinnen, die an Stärke unter den Helden bleiben: Göttinnen also auch, die an Größe den Menschen gleich seyn müssen: Götter, die eben nicht größer sein dörfen. Für das erste zeuge Venus: für das zweite Juno, Venus, und vielleicht alle Göttinnen: für das dritte Apollo.

      Ferner: Größe ist niemals Hauptzweck des Dichters, um aus ihr Stärke zu folgern; sondern nur immer da, um dem Bilde der Macht und Hoheit nicht zu wiedersprechen.

      Kann diese also durch andre Merkmaale erkannt werden, um so gefälliger dem Dichter: und welches ist ein besseres Kennzeichen von Hoheit, als Macht in der Wirkung, Schnelligkeit in der Bewegung?

      Aus dieser also läßt Homer auf jene schließen: nicht aber umgekehrt. Aus dem Winke Zevs, aus dem Schritt Neptuns, aus dem Wurfe der Minerva auf ihre Größe, nicht aber im Gegentheil.

      Und auch hier ists für mich kein Axiom, »daß der Dichter seinen Göttern eine Größe gegeben, die alle natürliche Maaße weit übersteiget.« Denn Homer hat bei dem Unendlichen selbst lauter natürliche Maaße, und auch deßwegen unter tausend andern Ursachen ist er mein Dichter.

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