Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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Pindarische Ode also als eine Epopee, der das Fortschreitende fehle: kein Lied als ein Bild, dem der Umriß mangele: kein Lehrgedicht als eine Fabel, und kein Fabelgedicht, als beschreibende Poesie. Sobald wir nicht um ein Wort »Poesie, Poem« streiten wollen; so hat jede eingeführte Gedichtart ihr eignes Ideal – eine ein höheres, schwereres, größeres, als eine andre; jede aber ihr eigenes. Aus einer muß ich nicht auf die andre, oder gar auf die ganze Dichtkunst Gesetze bringen.

       Inceptis gravibus plerumque & magna professis

       Purpureus, late qui splendeat, unus & alter

       Assuitur pannus, cum lucus & ara Dianæ etc.

       Aut flumen Rhenum, aut pluvius describitur arcus.

       Sed nunc non erat his locus. – –

      Pope erklärte ein blos malendes Gedicht für ein Gastgebot auf lauter Brühen; damit aber hat er ja nicht »jedes ausführliche Gemälde körperlicher Gegenstände,« das nur ohne den Homerischen Kunstgrif erschiene, für ein frostiges Spielwerk ohne Genie erklärt. Der Hr. v. Kleist, dünkt mich, wollte in seinen Früling eine Art von Fabel legen (ein Plan ist so fern schon drinn, daß sein Gedicht nicht eine Menge von Bildern, die er aus dem unendlichen Raume der verjüngten Schöpfung blos auf gerathe wohl, bald hie, bald da, gerissen, sondern, nach der Angabe einer kritischen Schrift, ein Spatziergang ist, der die Gegenstände in der natürlichen Ordnung schildert, in der sie sich seinen Augen dargeboten) er wollte, sage ich, eine Fabel hinein legen; ja nicht aber jede ausführliche Schilderung körperlicher Gegenstände, als ein frostiges Spielwerk, hinaus werfen. Und Marmontel endlich will zwar aus der Idylle mehr Moral, und weniger Physische Bilder haben; ob aber dadurch die Idylle eine mit Bildern nur sparsam durchflochtene Folge von Empfindungen, und wenn dies, eben dadurch auch »eine fortschreitende Folge von Handlungen werde, wo Körper nur mit einem Zuge geschildert werden sollen,« weiß ich nicht, und nach Hrn. L. ist sie im andern Falle nicht Poesie.

      Handlung, Leidenschaft, Empfindung! – auch ich liebe sie in Gedichten über alles: auch ich hasse nichts so sehr, als todte stillstehende Schilderungssucht, insonderheit, wenn sie Seiten, Blätter, Gedichte einnimmt; aber nicht mit dem tödtlichen Hasse, um jedes einzelne ausführliche Gemälde, wenn es auch coexsistent geschildert würde, zu verbannen, nicht mit dem tödtlichen Hasse, um jeden Körper nur mit einem Beiworte an der Handlung Theil nehmen zu lassen, und denn auch nicht aus dem nämlichen Grunde, weil die Poesie in successiven Tönen schildert, oder weil Homer dies und jenes macht, und nicht macht – – um deßwillen nicht.

      Wenn ich Eins von Homer lerne, so ists, daß Poesie energisch wirke: nie in der Absicht, um bei dem letzten Zuge ein Werk, Bild, Gemälde (obwohl successive) zu liefern, sondern, daß schon während der Energie die ganze Kraft empfunden, und werden müsse. Ich lerne von Homer, daß die Wirkung der Poesie nie aufs Ohr, durch Töne, nicht aufs Gedächtniß, wie lange ich einen Zug aus der Succession behalte, sondern auf meine Phantasie wirke; von hieraus also, sonst nirgendsher, berechnet werden müsse. So stelle ich sie gegen die Malerei, und beklage, daß Hr. L. diesen Mittelpunkt des Wesens der Poesie »Wirkung auf unsre Seele, Energie,« nicht zum Augenmerke genommen.

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