Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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daß er häßlich und lächerlich ist? Ulysses so – –

      Doch so ist der Homerische Thersites nicht; er verdient, was er bekam: wir sagen mit den Griechen im Homer: »nie hat Ulysses edler gehandelt, als jetzt!« wir gönnen ihm gern seine Tracht Schläge. Wo bleibt also das Unschädliche, das ου φϑαρτικον, das Aristoteles zum Lächerlichen fodert? dem Ulysses und Agamemnon schadet freilich sein bösartiges Verläumden nicht; aber für seinen eignen Rücken geht es nicht so gut ab; denn wem wird ein blutiger Schwielenvoller Rücken, als ein ου φϑαρτικον τι, oder, als ein gutes Unterkleid dünken. Auch den Griechen konnten Schläge, als Schläge, kein Schauspiel des Lächerlichen scheinen; wenn ihr schadenfroher Haß gegen Thersites ihnen nicht in dieser Strafe das: Nicht zu viel! das Viel mehr verdient! hätte fühlen lassen. Der erste Strich vom Lächerlichen, das Unschädliche, ist also ziemlich zweifelhaft: und der andre, der Contrast zwischen Vollkommenheiten und Unvollkommenheiten, erliegt bei Thersites unter dem Eindrucke des Unvollkommenen, des an sich selbst Häßlichen. Auch wer ein Grieche werden kann, wird Thersites in diesem Lichte sehen.

      Nur weil Homer keine einzige Person seiner Welt zum Ideal des höchst Vollkommnen oder Unvollkommnen machet: so vertreibet er auch hier die übermäßige Farbe des Häßlichen etwas, daß sein Thersites nicht vor allen Figuren seines Gedichts vorruffe. Hat er kein Gutes, so hat er doch noch das Gute an sich, daß er auf sich selbst einen Werth setzt, daß er, seine Beredsamkeit, seine Klugheit und Ehrlichkeit mag so leidig seyn, wie sie will, sich doch diese Häßlichkeit nicht zutrauet: so wird der sonst ganz und gar Verachtens-Hassenswürdige doch etwas leidlicher; es geht auf ein Lächerliches hinaus. Nur ist dieses Letzte so sehr Nebenzug, es liegt so wenig in seinem Charakter, daß es sich, als ein fremder Zug, nur vorübergehend, nur hinten nach einmischet. Homer läßt seine Häßlichkeit auf etwas Unschädliches auslaufen, um sein ganz Häßliches, ganz Verabscheuungswürdiges zu lindern; nicht aber umgekehrt: »Homer macht den Thersites häßlich, um ihn lächerlich zu machen: nicht seine bloße Häßlichkeit macht ihn lächerlich; aber auch ohne Häßlichkeit wäre er nicht lächerlich geworden u.s.w.« Schöne Unterscheidungen! nur Schade, daß Homer an ihnen so unschuldig ist, als ich. Sein Thersit ist ganz häßlich, nur es nimmt mit ihm ein lächerliches Ende. Gesetzt indessen, Thersites wäre der, für den ihn Hr. L. erkennet: so sind seine Beobachtungen überhaupt, Philosophisch und richtig.

      Nun aber hat eben dieser lächerliche Thersites unschuldiger Weise zu einem andern Buche von 284. Seiten Gelegenheit geben müssen, in welchem er s.v. die Hauptfigur ausmacht. Hr. Klotz hat ihn würdig geachtet, meistens über ihn ein Bändchen Epistolarum Homericarum (vielleicht ein zweiter Riccius) zu schreiben, und ihn darinn feierlich in die Acht zu erklären, in den Bann zu thun, ins Feuer zu werfen – kurz, aus Homer auszurotten. Ich habe gesagt, daß über Thersites die Homerischen Briefe geschrieben; denn außer dem, daß er ihnen den meisten Inhalt, d.i. die meiste Gelegenheit, umher zu schwärmen, verschaffet; so würde ich, wenn ich Verfasser der Briefe wäre, es meinem Leser danken, wenn er die übrigen Materien, so ohne Prüfung, vorbeischleichen lässet.

      – – for scull

       That's empty, when the Moon is full,

      Sed nunc non erat his locus etc. etc.«

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