Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder страница 55

Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

Скачать книгу

des Lesers.

      Wer bist du der du nachstehendes Büchelchen lesen willst? Belüge dich ja selbst nicht, alles aufrichtig gestanden.

       Sehr wohl, da du nun dieses bist und nichts weiter, glaubst du auch daß es Leute geben kann die etwas anders sind?

      Dieses zugestanden. Hältst du diese Leute für besser oder für schlechter als dich, da sie Fleisch und Blut wie du, fünf Sinne haben wie du, da sie auf derselben Erde stehen, da ihre Meinungen sich auch unter dem Mond und in einer Form von derselben Masse formiert haben wie die deinigen?

      *

      Der Magnet diente anfänglich nur den Taschenspielern.

      *

      Ich kann es keinem Mädchen verdenken, wenn sie sich in ihrer Wahl eines Gemahls nicht nach dem Willen der Eltern richtet. Soll sie etwas, das sie so oft im Spiegel beschaut, woran sie so oft poliert und geputzt hat, dessen Auszierung, Pflegung und Erhaltung so lange ihre einzige Sorge gewesen ist, soll sie das jemanden hingeben, den sie nicht leiden kann?

      *

      Sie hatten bei dem jungen Menschen die eigentliche Pfropf-Zeit vorbeistreichen lassen, und es wollte nichts mehr auf dem wilden Stamm bekleiben.

      *

      Was geht es dich an was der Grund dieser guten Tat bei diesem Manne gewesen sein mag? Wenn auch nicht Neid die Quelle der Tat gewesen ist, so kann es doch das Vergnügen, beneidet zu werden, sein. Nicht der eigne Neid also, sondern der Neid andrer. Z. U.

      *

      Glaubt ihr etwa, eure Überzeugung habe ihre Stärke den Argumenten zu danken? Ihr irrt sicherlich, sonst müßte jeder, der sie hört, überführt werden, so gut als ihr. Voltaire ist verblendet, sagen die Theologen, und er sagt: ihr seid verblendet. Da sie gar nicht gerichtlich dartun können, daß sie mehr Vernunft haben als er, und er mehr Weltkenntnis und Philosophie besitzt als sie, so ist noch ein Übergewicht auf seiner Seite. Man kann so gut für als wider einen Satz verblendet sein. Gründe sind öfters und meistenteils nur Ausführungen von Ansprüchen, um etwas, das man in jedem Fall doch getan haben würde, einen Anstrich von Rechtmäßigkeit und Vernunftmäßigkeit zu geben. Es scheint die Natur habe eine so nötige Sache, als ihr die Überzeugung beim Menschen war, nicht gern auf Vernunftschlüsse allein ankommen lassen wollen, indem diese leicht betrüglich sein können. Der Trieb kommt uns, dem Himmel sei es gedankt, schon über den Hals, wenn wir oft mit dem Beweis der Nützlichkeit und Nötigkeit noch nicht halb fertig sind.

      *

      Ich bemerkte würklich auf seinem Gesicht den Nebel, der allezeit während des Wonnegefühls aufzusteigen pflegt das man hat, wenn man sich über andere erhaben zu sein glaubt.

      *

      Es gibt Menschen die nicht so wohl schön schreiben, als vielmehr jedem decennio und saeculo das Modegesicht ablernen können, daß der Teufel selbst glauben sollte sie schrieben von Natur so. Es mag stürmen wie es will, so schwimmen verzwickte Bälge immer oben. Ich mag immer den Mann lieber, der so schreibt daß es Mode werden kann, als den der so schreibt wie es Mode ist.

      *

      Sie tun die Taten und wir übersetzen die Erzählungen davon ins Deutsche.

      *

      Große Leute fehlen auch, und manche darunter so oft, daß man fast in die Versuchung gerät sie für kleine zu halten.

      *

      Jemand wollte einmal seinen Fliegen in der Stube den Zucker abgewöhnen, und das hat ihn über ein halbes Pfund Zucker gekostet, und doch kamen noch immer welche, die ihn nicht verschmähten.

      *

      Wenn jemand etwas sehr gerne tut, so hat er fast immer etwas in der Sache was die Sache nicht selbst ist. Dieses ist eine Bemerkung, die eine tiefsinnige Untersuchung durch den nützlichen Erfolg belohnen würde. (πμ)

      *

      Mit wollüstiger Bangigkeit.

      *

      Bei einem kleinen Werkchen denke ich immer, das ist nur ein Späh-Büchelchen, wodurch er Ankergrund für ein größeres suchen läßt.

      *

       Das Gute ist deswegen so schwer in allen Wissenschaften und Künsten zu erreichen weil ein gewisser festgesetzter Punkt erreicht werden soll; etwas nach einer vorgesetzten Regel schlecht zu machen wäre ebenso schwer, wenn es anders alsdann noch den Namen des Schlechten verdient.

      *

      Nicht Größe des Geistes sondern des Windes hat ihn zu dem Manne gemacht.

      *

      Berechnung wie viel jünger man wird, wenn man des Morgends um 3 Uhr aufsteht.

      *

      Wenn man nun einmal in der Welt anfangen wollte, das bloß Nötige zu tun, so müßten Millionen Hungers sterben.

      *

      Die Menschen können nicht sagen, wie sich eine Sache zugetragen, sondern nur wie sie meinen, daß sie sich zugetragen hätte.

      D

       Inhaltsverzeichnis

      Warum gefällt eigentlich Witz so sehr?

      *

      Es ist nicht Lasterhaß, sondern Halseisen-Furcht. oder so Wer kann in jedem Fall Tugend von Halseisen-Furcht unterscheiden?

      IIM

      *

      Unsere Gesinnungen sind so unterschieden als unsere Gesichter, denn wer will uns beweisen, daß unsere inneren Werkzeuge zumal des Gehirns nicht merklich unterschieden sind? Wie mannichfaltig sind die Vorfälle des Lebens aus denen hernach Gesinnungen und Meinungen werden. Sie sind deswegen immer menschlich. Die meisten Menschen nehmen die Meinungen an, so wie sie von andern gemacht worden sind. Der Deutsche geht hierin unbegreiflich weit. In England hat beinah jedermann seine eigne Meinung. Ich sage damit nicht, daß jeder eine verschiedene habe. Dieses gibt der Urteilskraft ein leichteres Spiel, gelernte Meinungen hingegen schränken sie ein. In dem neuen Land könnte man die Masken der Kinder in kupferne Formen zwingen. Wir sollten uns bemühen Facta kennen zu lernen und keine Meinungen, hingegen diesen Factis eine Stelle in unserm Meinungen-System anweisen. Man räsoniere nur einmal selbst über die gemeinsten Dinge, hüte sich aber ja etwas hineinzubringen, was die Meinung eines andern war, wenigstens muß sie nicht qua talis hinein, wenn sie nicht die unsrige ist. Es ist unglaublich was sich die Menschen Dinge einander nachbeten können. Der größte Mann, der alles auf seiner eignen Waage wiegt was er ausgibt, glaubt sich einmal einen Augenblick allzu sicher und legt etwas hin, das er nicht gewogen hat. Wo ich nicht sehr irre, so liegt hierin eigentlich der Unterschied des großen und des schlechten Schriftstellers, daß jener mit eignen geübten Kräften aus Factis räsoniert, und dieser die verstümmelten Meinungen anderer mit nicht genugsam geübten verbindet. Ein schlechter Schriftsteller ist

Скачать книгу