Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder
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Читать онлайн книгу Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder страница 57
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So närrisch als es dem Krebse vorkommen muß wenn er den Menschen vorwärts gehen sieht.
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Alles bis auf das äußerste hinaus zu verfolgen, so daß nicht die geringste dunkle Idee zurückbleibt, mit Versuchen die Mängel daran zu entdecken, sie zu verbessern, oder überhaupt zu dieser Absicht etwas Vollkommneres anzugeben, ist das einzige Mittel uns den so genannten gesunden Menschen-Verstand zu geben, der der Haupt-Endzweck unsrer Bemühungen sein sollte. Ohne ihn ist keine wahre Tugend. Er macht allein den großen Schriftsteller, scribendi recte sapere est et principium et fons. Man muß nur wollen, war der Grundsatz des Helvetius.
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Was sind unsere Gedanken und Vorstellungen, die wir wachend haben, anders, als Träume, wenn ich wachend an meine verstorbene Freunde gedenke, so geht die Geschichte fort ohne daß mir nur einmal einfällt sie seien tod, so wie im Traum, ich stelle mir vor ich hätte das große Los gewonnen, in dem Augenblick habe ich es, der hinten drein kommende Gedanke, daß ich es nicht gewonnen habe, wird erst hinten angetroffen als eine Urkunde zum Beweis des Gegenteils. Der würkliche Besitz eines Guts gewährt uns zuweilen Vergnügen die nicht stärker sind als die uns die bloße Vorstellung, wir besäßen es, gewährt. Unsere Träume können wir sanfter machen, wenn wir des Abends kein Fleisch essen, aber die andern? – –
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Heutzutage machen drei Pointen und eine Lüge einen Schriftsteller.
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Die Einwohner von Uliettea sandten dem Herrn Cook ein Mädchen und ein Schwein zum Zeichen der Freundschaft. Mittel gegen beide Arten von Hunger.
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Ein Grab ist doch immer die beste Befestigung wider die Stürme des Schicksals.
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Die Eingießung des Lebens in den Menschen ist gleichsam der Stoß, der sie in Bewegung setzt, die immer würkende Friktion reizt ihn zur Ruhe. Daher entsteht der Hang zum Läppischen. Obgleich dem Menschen das Denken so natürlich ist als dem Ochsen das Wiederkäuen, so hat er sich nunmehr ein Geschäfte daraus gemacht. Das Gute wird dem Menschen schwer.
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Der Mensch ist vielleicht halb Geist und halb Materie, so wie der Polype halb Pflanze und halb Tier. Auf der Grenze liegen immer die seltsamsten Geschöpfe.
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Er ist in sein Unheil eingegangen. Wer wird jedermann gleich anpfuien?
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Er hat mich einiger Fäden des frömmsten Geifers gewürdigt und sein geweihtes Pfui über mein Werkgen ausgespuckt.
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Wörter die recht herumgezerrt worden sind, dazu gehören unstreitig die Wörter Butterbrod, Philosophie, Laune.
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Sich in einen Ochsen verwandeln ist noch kein Selbst-Mord.
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Ich bin nun nicht mehr Geselle, als Mensch betrachtet, ich verarbeite selbst Meinungen so gut ich kann, wenn sie nicht abgehen, so ist es mein Schaden. Aber meine Schuld? das ist eine andere Frage.
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Acht Bände hat er geschrieben. Er hätte gewiß besser getan er hätte 8 Bäume gepflanzt oder 8 Kinder gezeugt.
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Bei Ausarbeitungen habe vor Augen Zutrauen auf dich selbst, edlen Stolz und den Gedanken, daß andere nicht besser sind als du, die deine Fehler vermeiden und dafür andere begehn, die du vermieden hast.
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Ein rechtes Sonntagskind in Einfällen.
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Die Attraktion scheint bei der leblosen Materie das zu sein, was die Selbstliebe bei der lebendigen ist.
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Zur Verteidigung des Witzes. In bequemeren Zeitaltern, als unser gegenwärtiges ließ man den Himmel durch die Philosophie befragen warum er das Böse geschaffen hätte, da es etwas höchst Unangenehmes wäre. Unser gegenwärtiges ernsthaftes Dezennium wird ihn hoffentlich bald befragen warum er die bunten Schmetterlinge und den Regenbogen hat werden lassen, der offenbar zu weiter nichts da ist, als daß sich die Gassenjungen und Mädchen darüber freuen, oder ein physikalischer Müßiggänger in Betrachtungen darüber gerät.
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Allein so geht es, wenn man die Gelehrten ums Himmels willen bittet eine demütigste Vorstellung zu Herzen zu nehmen – kaum haben sie sie gelesen, grad geht sie nach dem Kopf.
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Daß die Seele nach dem Tode übrig bleibt, ist gewiß erst geglaubt und hernach bewiesen worden. Dieses zu glauben ist nicht seltsamer, als Häuser für einen einzigen Mann bauen, darin ihrer hundert Platz haben, ein Mädchen eine Göttin und einen gekrönten Wackermaul unsterblich zu nennen. Der Mensch ist kein künstlicheres Geschöpf, als die andern, er weiß es nur daß er ist und daraus läßt sich alles erklären, und wir tun wohl diese Eigenschaft unseres Geistes allen übrigen Eigenschaften eines Geistes vorzuziehen, da wir in der Welt die einzigen sind, die uns dieses streitig machen könnten.
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Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, das heißt vermutlich der Mensch schuf Gott nach dem seinigen. Sieh unten p. 34
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Heutzutage haben wir schon Bücher von Büchern und Beschreibungen von Beschreibungen.
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Eine affektierte Ernsthaftigkeit, die sich endlich in einer moralischen Lähmung der Gesichtsmuskeln endigt.
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Was die Spannung der Triebfedern in uns am meisten hemmt, ist andere Leute im Besitz des Ruhms zu sehen, von deren Unwürdigkeit man überzeugt ist.
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Der gute Schriftsteller ist der der viel und lange gelesen und nach 100 Jahren noch in allerlei Format aufgelegt und eben dadurch das Vergnügen des Menschen im allgemeinen wird. Das ganze menschliche Geschlecht lobt nur das Gute, das Individuum oft das Schlechte.
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Die Genies brechen die Bahnen, und die schönen Geister ebnen und verschönern sie. Eine Wegverbesserung in den Wissenschaften wäre anzuraten, um desto besser von einer zu den andern kommen zu können.
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Es ist mit dem Witz wie mit der Musik, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man.
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Es ist eine Bemerkung die ich durch vielfältige Erfahrung bestätigt gefunden habe, daß unter Gelehrten diejenigen fast allezeit die verständigsten sind, die nebenher sich mit einer Kunst beschäftigen oder wie man im Plattdeutschen