Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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      Man fängt seine Testamente gewöhnlich damit an, daß man seine Seele Gott empfiehlt. Ich unterlasse dieses mit Fleiß, weil ich glaube, daß solche Rekommendationen wenig fruchten, wenn sie nicht durch das ganze Leben vorausgegangen sind, solche Rekommendationen sind Galgenbekehrungen; eben so leicht als unwirksam.

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      Ich habe oft stundenlang allerlei Phantasien nachgehängt, in Zeiten, wo man mich für sehr beschäftigt hielt. Ich fühlte das Nachteilige davon in Rücksicht auf Zeitverlust, aber ohne diese Phantasien-Kur, die ich gewöhnlich stark um die gewöhnliche Brunnen-Zeit gebrauchte, wäre ich nicht so alt geworden, als ich heute bin, 53 Jahr 1½ Monat.

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      Er wollte nicht verführen, aber er verführte. Es ist sehr traurig, daß das Bestreben der Menschen Übel zu vermindern so viel neues erzeugt. Man scheint gewöhnlich die Kraft besser zu kennen, als den Stoff, auf welchen sie angewandt wird.

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      Wenn dieses Philosophie ist, so ist es wenigstens eine, die nicht recht bei Trost ist.

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      Wenn zwei Personen, die sich jung gekannt haben, alt zusammen kommen, so müssen tausend Gefühle entstehn. Eines der unangenehmsten mag sein, daß sie nun sich in so manchem betrogen finden, was sie bei ihren Hoffnungsspielen ehmals als gewiß berechnet hatten. (Ich verstehe mich.)

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      Alles, was wir als Menschen für reell erkennen müssen, ist es auch würklich für Menschen. Denn sobald es nicht mehr verstattet ist, aus jenem Naturzwang auf Würklichkeit zu schließen, so ist an ein festes Principium gar nicht mehr zu gedenken. Eines ist so ungewiß als das andere. Wem der Beweis für das Dasein eines höchsten Wesens aus der Natur (kosmologischer) zwingend ist, der bleibe dabei; eben so der, den der theoretische, oder der moralische überzeugt. Selbst die, die an neuen Beweisen gegrübelt haben, sind vielleicht durch einen Zwang dazu verleitet worden, den sie sich nicht ganz entwickeln konnten. Statt uns ihre neuen Beweise zu geben, hätten sie uns die Triebfedern entwickeln sollen, die sie nötigten sie zu suchen, wenn es anders nicht bloß Furcht vor den Konsistorien oder den Regierungen war.

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      Ach was wollten wir anfangen, sagte das Mädchen, wenn der liebe Gott nicht wäre.

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      Ist es nicht sonderbar, daß man zu den höchsten Ehrenstellen in der Welt (König) ohne Examen gelangt, das man von jedem Stadt-Physikus fordert?

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       Kaum spricht er aus: Es werde – – so brennen die Laternen auf der Erde.

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      Es geht im einzelnen wie bei der Menge, an welche Anreden gehalten werden. Es hören es nur die Nahe-Stehenden, allein die Entfernten schreien mit, wenn es zum Beifall geht. So darf nur bei mancher Überlegung eine Leidenschaft Beifall geben, so rufen alle übrige, und selbst Vernunft mit in den Haufen.

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      Es wäre eine Frage ob die bloße Vernunft ohne das Herz je auf einen Gott verfallen wäre. Nachdem ihn das Herz (die Furcht) erkannt hatte suchte ihn die Vernunft auch, so wie Bürger die Gespenster.

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      Ich glaube doch nun auch wirklich, daß die Frage, ob die Gegenstände außer uns objektive Realität haben, keinen vernünftigen Sinn hat. Wir sind unsrer Natur nach genötigt von gewissen Gegenständen unsrer Empfindung zu sagen, sie befänden sich außer uns, wir können nicht anders. Siehe unten was Kant sagt L p. XIV. Die Frage ist fast so törigt, als die: ob die blaue Farbe wirklich blau sei. Wir können unmöglich über die Frage hinausgehen. Die Dinge, von denen ich sage sie seien außer mir, weil ich sie so ansehen muß, es mag übrigens mit jenem Außer-mir-sein eine Beschaffenheit haben, was es für eine will, darüber können wir nicht richten. Hierüber doch den Theätet zu lesen.

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      Wie man sagt so sollen die Götter gewünscht haben, daß sie so schön wären, wie sie von den Griechen abgebildet worden sind. Höher läßt sich wohl das Lob der griechischen Künstler schwerlich treiben, und ein illustreres Beispiel, daß die Porträte schöner sind als ihre Originale, auch nicht geben.

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      Ist noch ein Tisch, noch ein Stuhl da, worauf dieser Reim geschrieben worden ist? Ist noch ein Pantoffel, noch ein zerrissener Schlafrock da, in welchen er geschrieben worden ist?

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      Das Wort: unvergleichlich zeigt was in der Welt aus Worten werden kann.

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       Unsere Gedichte werden gemacht, bald nach dem Herzen, bald nach dem Ohr, bald nach der Konvenienz (jedes allein NB). Es sollte aber in jedem Gedicht nur ein einziger Quell sein.

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      Der Mensch als Natur-Produkt; als Produkt seines Geschlechtes (der Gesellschaft); das Produkt seiner selbst, der gebildete, gesittete, wissende Mensch.

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      Keine Erfindung ist wohl dem Menschen leichter geworden, als die eines Himmels.

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      Ihre körperliche Reize befanden sich gerade in dem sonderbaren Zeit-Punkt, wo sie anfangen ihre anziehende Kraft mit der abstoßenden zu vertauschen.

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      Zwischen den Wendekreisen wäre der Wetterhahn kein Symbol der Unbeständigkeit. Er sieht immer denselben Weg. Barometer.

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      Wenn ich in Prosa schrieb fielen sie über mich her, und so ging es mir auch, wenn ich mich in die Höhe der Poesie begab. So wie fliegende Fische von Räubern verfolgt werden, sie mögen untertauchen oder fliegen.

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      Sind wir nicht auch ein Weltgebäude und eines, das wir besser kennen, wenigstens besser kennen sollten, als das Firmament? NB.

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      Je weiser man selbst wird, desto mehr sieht man in den Werken der Natur, warum sollte auch nicht in manchen unsrer Gedanken sehr viel mehr enthalten sein, als wir zuweilen bemerken? es sind ja auch Produkte der menschlichen Natur. Jeder Gedanke ist an sich was, der falsche so gut als der wahre. Der falsche ist nur Unkraut, das wir in unserer Haushaltung nicht gebrauchen können. So läßt sich manches entschuldigen, was ich dem Hogarth angedichtet habe. Er konnte das alles instinktmäßig hingeworfen haben ohne es zu wissen. Schnürbrust und Holzwelle, Moll Flanders und second sight auf Marriage à la mode. Pl. V.

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       Was die wahre Freundschaft und noch mehr das glückliche Band der Ehe so entzückend macht, ist die Erweiterung seines Ichs und zwar über ein Feld hinaus, das sich im einzelnen Menschen durch keine Kunst in der Welt schaffen läßt. Zwei Seelen, die sich vereinigen, vereinigen sich dennoch nie ganz so, daß nicht immer noch der beiden so vorteilhafte Unterschied bliebe der die Mitteilung so angenehm macht. Wer sich sein eigenes Leiden klagt, klagt es sicherlich vergeblich, wer es der Frau klagt (klagt)

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