Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder страница 93

Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

Скачать книгу

nicht, so würde man die Änderung wenig merken. Ich glaube daher auch daß die Tiere auch nur in unsern Augen alt werden. Ein Eichhörnchen, das an seinem Sterbe-Tage ein Auster-Leben führt, ist nicht unglücklicher als die Auster. Aber der Mensch der an drei Stellen lebt, im Vergangnen, im Gegenwärtigen und in der Zukunft, kann unglücklich sein, wenn eine von diesen dreien nichts taugt. Die Religion hat sogar noch eine vierte hinzugefügt, die – Ewigkeit.

      *

      Man sieht jetzt häufig Verordnungen, daß kein Kandidat zum Predigtamt gelassen werden soll, der nicht die (orientalischen) Grundsprachen studiert habe. Du gerechter Gott, und doch läßt man täglich Leute auf Thronen steigen und in das Ministerium, die nicht einmal die Muttersprache ihres Fachs kennen!!

      *

      Im ganzen Zirkel von Liebe zur Veränderung, die das weibliche Geschlecht besitzt, ist wohl die zur Veränderung des Namens die vorzüglichste.

      *

      Wenn Not die Mutter des Fleißes oder der Erfindung ist, so ist es eine Frage, wer der Vater ist, oder die Großmutter oder die Mutter der Not ist. (gar nicht πμ)

      *

      Es ist möglich jemanden die Backen so zu streicheln, daß es einem Dritten läßt, als hätte man ihm eine Ohrfeige gegeben.

      *

      Wie viel in der Welt auf Vortrag ankömmt, kann man schon daraus sehen, daß Kaffee, aus Weingläsern getrunken, ein sehr elendes Getränke ist, oder Fleisch bei Tische mit der Schere geschnitten, oder gar, wie ich einmal gesehen habe, Butterbrod mit einem alten wiewohl sehr reinen Schermesser geschmiert.

      *

      Die Polizei-Anstalten in einer gewissen Stadt lassen sich füglich mit den Klappermühlen auf den Kirschen-Bäumen vergleichen. Sie stehen stille wenn das Klappern am nötigsten wäre, und machen einen fürchterlichen Lärm, wenn wegen des heftigen Windes gar kein Sperling kömmt.

      *

      Was ein bedächtliches gesetztes Verfahren in allen Vorfällen des Lebens nützlich ist, kann ich mir auch dadurch erläutern. Ich kann mir keinen schrecklichern Zufall denken, als wenn mir jemand eines meiner Kinder aus Unvorsichtigkeit erschösse, und doch kenne ich mehrere Menschen, denen ich ohne Mühe vergeben würde, andere die ich nie wieder würde vor Augen sehen können und noch andere, die ich auf der Stelle erschießen könnte, und würde, wenn ich ein Gewehr zur Hand hätte.

      *

      Ein Abend-Essen zu Fuß.

      *

      Verminderung der Bedürfnisse sollte wohl das sein was man der Jugend durchaus einschärfen sollte, und sie dazu zu stärken suchen. Je weniger Bedürfnisse desto glücklicher, ist eine alte aber sehr verkannte Wahrheit.

      *

      Als auf einmal ein Donnerschlag Kopfweg rief.

      *

      Wenn die Erinnrung an die Jugend nicht wäre, so würde man das Alter nicht verspüren, nur, daß man das nicht mehr zu tun vermag, was man ehmals vermochte, macht die Krankheit aus. Denn der Alte ist gewiß ein eben so vollkommnes Geschöpf in seiner Art als der Jüngling.

      *

      Man hat schon lange bemerkt, daß, wenn der Geist sich erhebt, er den Leib fallen läßt auf die Knie. (besser; not quite πμ)

      *

      Das Wort Entbindung ist zweideutig; es kann auch den Tod bedeuten.

      *

      Galgen mit einem Blitzableiter.

      *

      Er klagte damals sehr über Hühner-Augen auf den Ellbogen.

      *

       Es hatten sich eben ein Paar Fliegen in meinem Ohr gepaart.

      *

      Luther sagt bekanntlich:

      Wer nicht liebt Wein, und Weiber und Gesang,

       Der bleibt ein Narr sein Leben lang.

      Doch muß man hierbei nicht vergessen hinzuzusetzen:

      Doch ist, daß er ein Freund von Weibern, Sang und Krug ist,

       Noch kein Beweis, daß er deswegen klug ist.

      *

      Er schliff immer an sich, und wurde am Ende stumpf, ehe er scharf war.

      *

      Ich wollte einen Teil meines Lebens hingeben, wenn ich wüßte was der mittlere Barometerstand im Paradiese gewesen ist.

      *

      Es ist in vielen Dingen eine schlimme Sache um die Gewohnheit. Sie macht, daß man Unrecht für Recht, und Irrtum für Wahrheit hält.

      *

      Ein von der Natur nicht sehr umwundenes Spitzbuben-Gesicht.

      *

      Es gibt jetzt der Vorschriften was man sein soll so mancherlei Arten daß man am besten tut, wenn man bleibt was man ist, daß es kein Wunder wäre, wenn die Menge auf den Gedanken geriete zu bleiben was sie ist.

      *

      Es gibt Leute, die so wenig Herz haben etwas zu behaupten, daß sie sich nicht getrauen zu sagen, es wehe ein kalter Wind, so sehr sie ihn auch fühlen möchten, wenn sie nicht vorher gehört haben, daß es andre Leute gesagt haben.

      *

      Es war zu Ende Septembers 1798, als ich jemanden im Traum die Geschichte der jungen und schönen Gräfin Hardenberg erzählte, die mich und überhaupt jedermann sehr gerührt hat. Sie starb im September 1797 in den Wochen, eigentlich während der Geburt die nicht zu Stande kam. Sie wurde geöffnet, und das Kind neben sie in den Sarg gelegt, und so wurden sie zusammen des Nachts mit Fackeln unter einem entsetzlichen Zulauf von Volk nach einem benachbarten Orte, wo das Familien-Begräbnis ist, gebracht. Dieses geschah auf dem Göttingischen Leichenwagen, einer sehr unbeholfenen Maschine. Dadurch wurden also die Leichname sehr durcheinander geworfen. Am Ende wollten sie, ehe sie in die Gruft gebracht wurden, noch einige Leute sehen. Man öffnete den Sarg und fand sie auf dem Gesichte liegend und mit ihrem Kinde in einen Haufen geschüttelt. Das schöne Weib, schwerlich noch 20 Jahre alt, die Krone unsrer Damen, die auf manchem Ball den Neid der schönsten auf sich gezogen, in diesem Zustande! Dieses Bild hatte mich zu der Zeit oft beschäftigt, zumal, da ich ihren Gemahl, einen meiner fleißigsten Zuhörer, sehr wohl gekannt hatte. Diese traurige Geschichte erzählte ich nun jemanden im Traume im Beisein eines Dritten, dem die Geschichte auch bekannt war; vergaß aber (sehr sonderbar) den Umstand mit dem Kinde, der doch gerade ein Hauptumstand war. Nachdem ich die Erzählung, wie ich glaubte, mit vieler Energie und Rührung dessen, dem ich sie erzählte, vollendet hatte, sagte der Dritte: Ja und das Kind lag bei ihr, alles in einem Klumpen. Ja, fuhr ich gleichsam auffahrend fort, und ihr Kind lag mit in dem Sarge. Dieses ist der Traum. – Was mir ihn merkwürdig macht, ist dieses: Wer erinnerte mich im Traume an das Kind? Ich war es ja selbst,

Скачать книгу