Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder
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Ist es nicht sonderbar, daß die Menschen so gerne für die Religion fechten, und so ungerne nach ihren Vorschriften leben?
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In der Nacht vom 9 ten auf den 10 ten Februar 99. träumte mir, ich speiste auf einer Reise in einem Wirtshause, eigentlich auf einer Straße in einer Bude, worin zugleich gewürfelt wurde. Gegen mir über saß ein junger gut angekleideter, etwas windig aussehender Mann, der ohne auf die umher Sitzenden und Stehenden zu achten seine Suppe aß, aber immer den 2 ten oder dritten Löffel voll in die Höhe warf, wieder mit dem Löffel fing und dann ruhig verschluckte. Was mir diesen Traum besonders merkwürdig macht, ist, daß ich dabei meine gewöhnliche Bemerkung machte, daß solche Dinge nicht könnten erfunden werden, man müsse sie sehen. (Nämlich kein Romanenschreiber würde darauf verfallen) und dennoch hatte ich dieses doch in dem Augenblick erfunden. Bei dem Würfel-Spiel saß eine lange, hagere Frau und strickte. Ich fragte, was man da gewinnen könnte: sie sagte: Nichts, und als ich fragte, ob man was verlieren könne, sagte sie: Nein! Dieses hielt ich für ein wichtiges Spiel.
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Ein großes Licht war der Mann eben nicht, aber ein großer (bequemer) Leuchter. Er handelt mit anderer Leute Meinungen.
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Der Mann hatte immer von der einen Seite ein sehr ehrliches Gesicht, wenn er einen dicken Backen hatte, und waren beide Backen geschwollen, so bekam er an den Mundwinkeln die beiden Cherubs-Fältchen.
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Gerade wie auf meinem neuen Bibliotheks-Zimmer, sieht es in meinem Kopfe aus. Ordnungsliebe muß dem Menschen früh eingeprägt werden, sonst ist Alles Nichts.
Gedichte
Wenn in dem Nichts der Eitelkeiten Ein Fels umstürmt von allen Seiten auf Schlössern stolzer Fürsten ruht; dann wird man um den Staatsmann trauern und über den Planeten lauern und um des Helden Ochsenblut.
Schreiben an einen Freund
Göttingen im Mai 1769.
Seitdem mein Kutscher und mein Schicksal
Mich, Teuerster, aus deinem Blick stahl,
Leb' ich in diesem Vaterstädtgen
Von manchen Heften und Traktätgen,
Berühmt in allerlei Bedeutung
Durch Würste, Bibliothek und Zeitung,
Durch Professorn und Regenwetter,
Und breite Stein und Wochenblätter;
Durch junge Herrn aus allen Reichen
Der Welt, und Mädgen und dergleichen.
Du kennst zwar schon aus einem Bändgen
Dies geistliche Schlaraffen-Ländgen,
Wo Wahrheit kommt von selbst geflogen,
Bald mit der Haut bald abgezogen,
Zuweilen künstlich skelettiert,
Zuweilen ganz französ'sch kandiert,
Und wo man folglich um gelehrt
Zu werden nur sich recht aufsperrt.
Der Preis ist für so viel und so schön
Vier Taler vier und zwanzig Groschen.
(Viel mehr kost'ts was der Leib indes iß't,
Wenns auch nur trocken Brod und Käs ist:)
Doch wirst du vieles noch vermissen,
Was man hier weiß und nicht will wissen.
Professorn schreiben nur qua tales
Und dann wer Henker weiß denn alles?
Sehr neu und seltsam muß es dir sein,
Das hier studiern und drei Jahr hier sein,
Herz haben und sich duellieren,
Vermögend sein und sich bordieren,
Daß wahrer Pursche und ein Kind
Oft einerlei und oft auch nicht sind.
Ein Völkgen, das sich öfters umbrächt,
Wär kein Prorektor und kein Gumprecht,
Herrscht hier, so daß es aussieht bald wie
Anarchie bald wie Oligarchie;
Schützt aufmerksam die Purschen-Rechte,
Die doch kein Mensch zu kränken dächte,
Und dröhn hingegen aufzureiben
Wehrlose arme Fensterscheiben.
Galant, possierlich, wie gedrechselt,
So lang noch Gunkel Bücher wechselt;
Doch ziehn sie oft, sobald nur Backhaus
Sein Konto schwingt, mit Sack und Pack aus.
Der kaum ein Prinz war, dessen Tisch muß
Mattierbrod sein, mit Stoizismus
Sich selbst verleugnend und froh daß er
Das Leben hat in Rauschenwasser.
Und just auf dem verkehrten Fuß
Mit dem Diktator Cincinnatus
Verließ er gern nach so viel Unfug
Den Prinzen-Stand und ging hin zum Pflug.
Da sitzt er dann, daß ich für Weh
Nicht hinsehn mag und weitergeh.
Die andre Art, nicht so gefährlich
Als jene, doch gleich stark entbehrlich,
Dünkt sich an Leib und Seele größer,
Ist mehr frisiert und trägt sich besser.
Doch sind sie oft so leer im Beutel
Als unter dem frisierten Scheitel.