Klinische Hypnose und Hypnotherapie. Agnes Kaiser Rekkas
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Besonders hilfreich dürften die auf CD* gesprochenen Hypnosetexte sein, geben sie doch die bei Hypnose so wichtigen Nuancen der Sprache wieder, die man einem geschriebenen Text nicht entnehmen kann: die breite Skala und ständig wechselnden Variationen von Tonfall, Mudulation, Tempo, Stimmlagen, Lautstärke, Pausen usw.
Offensichtlich ist Agnes Kaiser Rekkas’ therapeutische Arbeit stark von Milton H. Erickson und David Cheek (die ich beide persönlich kannte) beeinflußt. Beide, aber vor allem Cheek, scheinen für dieses Buch sozusagen Pate gestanden zu haben, denn z. B. das „ideomotor signaling“ wird besonders eingehend behandelt. Durch Fallbeispiele und eine Vielfalt von Formulierungen wird eine Fülle von diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten dargestellt, die diese Modalität veranschaulichen. Der bescheidene David Cheek, der noch wenige Stunden vor seinem Tode mit mir über seine Arbeit sprach, hätte sich gefreut, eines der Themen, die ihm wichtig waren, so kreativ angewandt und von der Autorin so interessant weiterentwickelt zu sehen.
Noch ein weiterer wichtiger Beitrag von Cheek wird in diesem Buch angesprochen: intraoperative Wahrnehmung. Cheek hatte bereits 1959 versucht, Ärzte darauf aufmerksam zu machen. Die ablehnende Reaktion des „medical establishment“ schlägt sich u. a. in dem Umstand nieder, daß keine der renommierten medizinischen Fachzeitschriften auch nur einen seiner sieben diesbezüglichen Artikel veröffentlichte und diese schließlich nur in der „obskuren“ Hypnoseliteratur unterkamen. Erst knapp 30 Jahre später wurde intraoperative Wahrnehmung als seriöses medizinisches Thema aufgegriffen und zum Gegenstand von mittlerweile vier internationalen Symposien.
Durch die Veröffentlichung einer Arbeit zu diesem Thema, an der Agnes Kaiser Rekkas beteiligt war, wurde ich ursprünglich auf die Autorin aufmerksam. Damals war ich beeindruckt davon, daß für sie Patienten nicht nur Untersuchungsobjekte waren (was ihnen absolut nicht geschadet hätte), sondern daß das Design des Experiments ein Zugeständnis an die Bedürfnisse der Versuchsperson machte (was in medizinisch-wissenschaftlichen Untersuchungen unüblich ist): Agnes Kaiser Rekkas flocht therapeutische Suggestionen ein, die zwar die wissenschaftliche Untersuchung nicht beeinträchtigten, dem Patienten aber einen unerwarteten Gewinn ermöglichten.
Auch andere Themen wie Schmerztherapie, Analgesie, Anästhesie, Vorbereitung für chirurgische Eingriffe sind hier mit Beispielen belegt und mit Hinweisen für erfolgreiches Vorgehen versehen.
Neue Horizonte können sich dem aufmerksamen Leser eröffnen bei der Erörterung gewisser „Tabus“ wie Verwendung von Hypnose bei Depressionen oder Körperberührung. Während Körperberührung in der somatischen Medizin selbstverständlich und unumgänglich notwendig ist, scheint sie in der Psychotherapie immer noch als problematisch betrachtet zu werden. Agnes Kaiser Rekkas führt Gründe, Grenzen und Beispiele zu diesem Thema an.
Obwohl ich geographisch, fachlich und sprachlich „in einer anderen Welt“ lebe, hoffe ich mit diesem Vorwort einer deutschsprachigen Leserschaft hinreichend gerecht zu werden. Denn auch wenn mir die Themen dieses Buches außerordentlich vertraut und geläufig sind (ich verwende Hypnose täglich in der somatischen Medizin, der Chirurgie bzw. Anästhesie, der Gynäkologie, bei Krebspatienten usw.) und ich im deutschsprachigen Raum seit Jahren Seminare halte, so weiß ich über den europäischen Ausbildungsgang und die deutschsprachige Fachliteratur nur unzureichend und oberflächlich Bescheid. Ich glaube aber, daß das vorliegende Buch für Ärzte und Psychologen, Anfänger und Fortgeschrittene nützliche Informationen enthält und daß es sogar ein Vergnügen sein dürfte, nur einfach darin zu „schmökern“.
Christel J. Bejenke, M. D.
Santa Barbara, Kalifornien
* Agnes Kaiser Rekkas (1998): Wie von Zauberhand … CD mit drei hypnotherapeutischen Übungsanleitungen zum Buch „Klinische Hypnose und Hypnotherapie“. Heidelberg (Carl-Auer-Systeme)
Agnes Kaiser Rekkas (2000): Seifenblasen. Vier hypnotische Anleitungen für psychosomatische Krankheitsbilder. Heidelberg (Carl-Auer-Systeme).
Einleitung ◀
Das vorliegende Buch ist aus der Praxis entstanden und für den Gebrauch bestimmt. Es will nicht wiederholen, was in anderen Büchern über Hypnose schon gut und ausführlich beschrieben ist. Aus diesem Grunde sind die Mythen und Vorurteile, die geschichtlichen Stationen der Hypnose, die Hypnosephänomene sowie die Grundgedanken der heutigen Hypnotherapie nur stichpunktartig in Erinnerung gebracht, um sie als ‚Hintergrundwissen‘ zu aktivieren. Hier geht es vielmehr um die Befähigung des medizinischen und psychologischen Einsteigers in die Hypnotherapie im pragmatischen Bereich – und damit zuerst einmal um die Position des Therapeuten* im Wellengang der an ihn gestellten und zumeist unerfüllbaren Wünsche von seiten des Patienten. Die Arbeit mit der heutigen Form der Hypnose setzt ein Umdenken voraus, das beim Therapeuten anzufangen hat. Das Prinzip der therapeutischen Kooperation, verbunden mit der impliziten Prämisse der Fähigkeiten des Patienten – „All your patients are potential healers“ (David Cheek 1992) – führt das System des Helfens ad absurdum, eröffnet dafür aber im Gegenzug eine ungemein reiche Vielfalt an Möglichkeiten, welche letztendlich den Therapeuten entlasten und den Patienten stärken.
Das Grundschema der therapeutischen Veränderung in Hypnose leitet sich in logischer Konsequenz davon ab und ist einfach: Es geht darum, in veränderter Bewußtseinslage durch Visualisation oder Halluzination dem Therapieziel entsprechende Reaktionen hervorzurufen. Die suggestiv wirkenden Anregungen von seiten des Therapeuten führen den Patienten, der durch sein Leiden am Symptom motiviert und durch Erwartungshaltung aufgeschlossen sowie mit Hilfe der passenden Hypnoseinduktion absorbiert ist, wie von alleine in ein ihm neu erscheinendes und beeindruckendes „Erleben“. Dieses Erleben kann Entlastung, Ruhe, Entspannung oder sogar Schmerzfreiheit genauso umfassen wie die Fähigkeit zur Problemlösung; ebenso auch die Kraft, alten Kindheitsdramen zu begegnen, sie grundsätzlich zu ordnen und zu überwinden. Mit hypnotherapeutischer Unterstützung lernt der Patient, die erfahrenen Erlebnisse psychisch und physiologisch auszuwerten und sie für entsprechende Alltagssituationen nutzbar zu machen. Unserer Kunst obliegt es dabei, mit der richtigen Intervention zum richtigen Zeitpunkt die richtige Entwicklung zu fördern. Das ist nun wiederum nicht so einfach, da es kein Standardprinzip geben kann. Jeder Mensch ist einzigartig, mit individuellem Leid, mit eigenem Kontext, in seiner Art von Weltbild, mit persönlichen Kapazitäten. Aber gerade das macht unsere Arbeit auch so aufregend und vielseitig.
Um einen Überblick über die vielfältigen, möglichen Vorgehensweisen zu vermitteln, werden in diesem Buch grundlegende bewährte Strategien und Methoden ausgebreitet. Dabei wird sowohl auf die ‚Altmeister‘ der Hypnotherapie wie Milton Erickson und David Cheek zurückgegriffen, als auch auf Methoden von befreundeten Experten und von mir selbst entwickelte Interventionsmöglichkeiten.
Das Buch veranschaulicht eine Anzahl von therapeutischen Anwendungen in der Diagnostik, in der Behandlung psychosomatisch Erkrankter, in der Hilfe zur Konfliktlösung sowie auch in der heilenden und integrativen Arbeit zur Bewältigung von Kindheitstraumata; es untermalt diese Themen mit Therapieaufzeichnungen.
Ausführlich beschrieben wird eines unserer wichtigsten Arbeitswerkzeuge, das ideomotorische Signalisieren mit der Anzeige des „neuen Fingers“ für die Bestätigung einer sich anbahnenden neuen Entwicklung nach Kaiser Rekkas. Dieser vorerst vielleicht seltsam anmutende Gebrauch eines autonomen, unbewußten Antwortsystems erscheint mir außerordentlich effektiv und ausbaufähig.
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