Epidemiologie für Dummies. Patrick Brzoska
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John Snow berechnete das Risiko der Southwark & Vauxhall-Kunden, an Cholera zu versterben, wie folgt:
Durch die Multiplikation mit 1.000 erhielt Snow das Risiko pro 1.000 Haushalte, an Cholera zu versterben. Pro 1.000 Haushalte, die ihr Trinkwasser von Southwark & Vauxhall bezogen, starben 31,5 Personen an Cholera.
Als Nächstes berechnete Snow das Risiko für Lambeth-Kunden:
Pro 1.000 Haushalte, die ihr Trinkwasser von Lambeth bezogen, starben 3,8 Personen an Cholera.
Nun hatte Snow solide Daten, die eine Bezugsbevölkerung enthalten. Der Tatsache, dass die beiden Bezugsbevölkerungen unterschiedlich groß sind, hatte er Rechnung getragen, indem er das Risiko pro 1.000 Haushalte ausdrückte. So werden die Risiken unmittelbar miteinander vergleichbar. Er konnte nun daraus schließen, dass das Risiko eines Choleratodesfalls für Southwark & Vauxhall-Kunden erheblich höher ist als für Lambeth-Kunden.
Aber wievielmal höher ist es? Um das herauszufinden, dividieren Sie 31,5 durch 3,8 und erhalten 8,3. Das bedeutet: Southwark & Vauxhall-Kunden haben ein 8,3-mal so hohes Risiko, an Cholera zu versterben, wie Lambeth-Kunden. Epidemiologen nennen das ein »Relatives Risiko«, denn es gibt ja das Risiko der Southwark & Vauxhall-Kunden relativ zu dem der Lambeth-Kunden an. In Kapitel 6 erfahren Sie mehr über das Relative Risiko.
Wo traten die Choleratodesfälle auf?
Im Sommer 1854 ereignete sich ein Cholera-Ausbruch im Stadtteil Soho (zwischen Piccadilly Circus und Oxford Street). Die Menschen dort bezogen ihr Trinkwasser nicht aus der Themse, sondern aus Wasserpumpen mit einem Pumpschwengel.
Snow erfragte die Adressen aller Menschen, die in Soho an Cholera verstorben waren. Er stellte fest, dass sich die meisten Todesfälle in der Broad Street ereignet hatten. Einer seiner Kollegen zeichnete später eine Karte, die Sie in Abbildung 2.1 sehen können. Auch heute noch zeichnen Epidemiologen ähnliche Karten, wenn sie einen Ausbruch untersuchen. Sie heißen »Punktkarten«, da jeder Fall als Punkt eingetragen wird.
Abbildung 2.1: Punktkarte des Cholera-Ausbruchs in Soho, 1854
Auf der Karte sehen Sie nicht nur die Todesfälle, sondern auch die Standorte der Wasserpumpen (mit Kreuzen markiert). Snow fiel auf, dass sich die meisten Todesfälle um die Pumpe in der Broad Street konzentrieren. Er vermutete daher, dass diese Pumpe der Ausgangspunkt des Ausbruchs gewesen sei. Auch weitere Indizien sprachen dafür:
Eine Frau im weit entfernten West Hampstead bezog ihr Trinkwasser regelmäßig von der Pumpe in der Broad Street, da sie es für besonders schmackhaft hielt. Sie und ihre zu Besuch weilende Nichte waren die einzigen beiden Choleratodesfälle in West Hampstead.
In einer Brauerei in der Broad Street gab es keine Todesfälle durch Cholera. (Wir sind fest davon überzeugt, dass das an der gesundheitsförderlichen Wirkung des Biers lag. Andere Autoren behaupten, dass die Brauerei ihre eigene Wasserversorgung hatte.)
Snow war nun überzeugt, dass die Pumpe für den Ausbruch verantwortlich war. Er veranlasste die lokale Verwaltung, den Pumpenschwengel zu entfernen. So konnte niemand mehr Wasser an dieser Pumpe holen und sich mit Cholera infizieren.
Wann traten die Choleratodesfälle auf?
Beim Cholera-Ausbruch in Soho erhob Snow auch Daten zum jeweiligen Tag des Krankheitsbeginns aller Verstorbenen und trug sie in einer sogenannten epidemischen Kurve auf. Auf der (waagerechten) x-Achse stehen die einzelnen Tage des Krankheitsausbruchs, auf der (senkrechten) y-Achse die Anzahl der Verstorbenen, die am jeweiligen Tag erkrankten. Das Ergebnis zeigt Ihnen Abbildung 2.2.
Abbildung 2.2: Epidemische Kurve des Cholera-Ausbruchs 1854
Die epidemische Kurve gibt Ihnen Informationen über die Dynamik eines Krankheitsausbruchs. An der Kurve können Sie erkennen, dass der Ausbruch sehr plötzlich begann und binnen kurzer Zeit sehr viele Menschen betraf. Allein am 1. September erkrankten rund 140 Menschen und verstarben später. Epidemiologen deuten das als Zeichen, dass sich die meisten Betroffenen an der gleichen Infektionsquelle ansteckten. Sie sprechen daher von einer »common source epidemic«.
Gut zu erkennen ist auch, dass der Ausbruch relativ schnell zurückging. Das kann mehrere Gründe haben:
Alle Nutzer der Pumpe sind erkrankt oder verstorben.
Alle verbliebenen Gesunden haben den Stadtteil verlassen.
Das Wasser der