Bauphysik-Kalender 2022. Nabil A. Fouad
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Besonders groß wird der Umkehrdiffusionsstrom wenn hohe Temperatur und Feuchte zusammenkommen, wie bei einer besonnten, regenfeuchten Vorsatzschale aus Mauerwerk, dargestellt in Bild 3. Da solche Situationen allerdings meist nur von kurzer Dauer sind, werden sie kaum beachtet. Das mag auch mit den positiven Erfahrungen mit zweischaligem Mauerwerk zusammenhängen. Hier sind durch Umkehrdiffusion im Sommer normalerweise keine Probleme zu erwarten, auch wenn keine Belüftung vorgesehen wurde [16]. Handelt es sich bei der tragenden Wand allerdings um eine Holzbaukonstruktion, sieht die Sache anders aus. Schäden haben gezeigt, dass durch die sonnengetriebene Umkehrdiffusion bei häufigerem Auftreten trotz meist kurzer Dauer eine zu hohe Feuchtebelastung der Holzbauteile auftreten kann [2]. Eine Belüftung der Vormauerschale bringt hier eine deutliche Verbesserung der Situation, da die feuchte und warme Luft in der Belüftungsebene relativ rasch durch die Auftriebsströmung im Spalt abgeführt wird [17, 18].
Bild 3. Bei Besonnung einer regenfeuchte Mauerwerksvorsatzschale entsteht durch die Erwärmung des Mauerwerks ein Dampfdruckgefälle in beiden Richtungen, das dazu führt, dass während der Austrocknung ein starker Dampfdiffusionsstrom auch in die Holzkonstruktion stattfindet. [2]
Bei einem zweischaligen Mauerwerk ohne Belüftung tritt zwar eine ähnliche Feuchtebeanspruchung durch diese Umkehrdiffusion auf, aber sie kann problemlos von der Tragschale gepuffert werden. D. h. im Sommer nimmt der Wassergehalt im Außenbereich der Trageschale etwas zu, allerdings wird diese Feuchte im Winter wieder abgegeben, ohne dass es jemals zu kritischen Feuchtezuständen kommt. Deshalb ist eine Hinterlüftung der Vorsatzschale hier nicht notwendig, sondern aus energetischer Sicht eher kontraproduktiv. Auch bei einer zweischaligen Außenwand mit tragender Holzbaukonstruktion wird der Wärmedurchlasswiderstand durch Hinterlüftung der Vorsatzschale im Winter etwas verringert. Deshalb sollte die Belüftung nur so stark wie notwendig ausgeführt werden oder die sommerliche Auffeuchtung der Holzkonstruktion durch andere Maßnahmen begrenzt werden.
2.1.6 Dampfkonvektion durch Undichtheiten in Außenbauteilen infolge von Luftdruckdifferenzen
Bild 1 zeigt bei den hygrothermischen Beanspruchungen von Bauteilen auch einen nach beiden Seiten gerichteten grauen Pfeil zur Luftdruckdifferenz auf. Dieser Pfeil soll die Möglichkeit von Luftströmungen durch ein Bauteil darstellen. Da jedes Außenbauteil luftdicht sein sollte, wird dieser Effekt bei der Feuchteschutzplanung oft nicht beachtet, obwohl bekannt ist, dass durch Luftströmungen u. U. sehr viel mehr Feuchte eingetragen werden kann als durch Dampfdiffusion. Entsprechend häufig kam es in der Vergangenheit zu konvektionsbedingten Schäden vor allem bei beidseitig diffusionshemmend ausgeführten Holzkonstruktionen mit geringem Rücktrocknungspotenzial. Ein Problem entsteht meist nur dann, wenn der Taupunkt der einströmenden Luft (meist handelt es sich um kaum spürbare Kriechströmungen) über der niedrigsten Temperatur im Bauteil liegt. In unserem Klima ist das bei ungekühlten Gebäuden hauptsächlich im Winter der Fall. Deshalb ist das Einströmen von Raumluft in das Bauteil nur während der Heizperiode ein Problem. Das Einströmen von Außenluft führt bei unseren Klimaverhältnissen dagegen eher zu einer Trocknung des Bauteils.
Da die Raumluft im Winter häufig deutlich mehr Feuchte enthält als die Luft im Bauteil, spricht man beim Durchströmen eines Bauteils aufgrund von Gesamtdruckunterschieden, in Analogie zur Dampfdiffusion, auch von Dampfkonvektion. Damit wird auch ausgedrückt, dass sich die Schadensbilder bei beiden Vorgängen in der Praxis häufig ähneln. Wie in [19] gezeigt, verteilt sich die durch eine kleine Fehlstelle auf der Warmseite konvektiv eingedrungene Feuchte ähnlich wie bei der Dampfdiffusion relativ gleichmäßig über eine größere Fläche auf der Kaltseite. Die Dampfkonvektion kann in der Baupraxis nicht vollständig unterbunden werden. Selbst bei sorgfältigster Ausführung unter Vermeidung aller Leckagen in Anschlussbereichen z. B. durch Überkleben von Tackernadeln oder beim Verbinden einzelner Bahnen mithilfe von dafür vorgesehenen Klebebändern wird in der Regel keine vollständige und dauerhafte Luftdichtheit erreicht. Dies wurde durch die Versuche in [19] eindeutig nachgewiesen.
Zwar wird die Haft- und Schälfestigkeit von solchen Klebebändern gemäß DIN 4108-11 [20] in Bezug auf ihre Dauerhaftigkeit getestet. Allerdings wird dabei bislang nicht die Luftdichtheit der Klebeverbindung überprüft. Für die Luftdichtheit der Gebäudehülle aus energetischer Sicht spielt die in [19] ermittelte Restundichtheit von Klebeverbindungen keine Rolle. Aus feuchtetechnischer Sicht kann sie jedoch bei wenig feuchtetoleranten Konstruktionen Probleme verursachen. Deshalb muss bei der Feuchteschutzbemessung von Holzkonstruktionen grundsätzlich von einem gewissen Feuchteeintrag durch Dampfkonvektion ausgegangen werden. Entsprechende Ansätze dazu werden in den Abschnitten 3.2 und 3.3 beschrieben.
2.1.7 Anfangsfeuchte
In den 80er Jahren wurden oft noch Dachsparren aus grünem (nicht vorgetrocknetem) Holz eingebaut. Deshalb wurde damals in den Dachdeckerrichtlinien eine Belüftung der Ebene zwischen der Dämmschicht und dem Unterdach gefordert. Heute wird auch für Dächer nur noch getrocknetes Holz verwendet. Leider lässt das nicht darauf schließen, dass die Anfangsfeuchte im Holzbau (= Trockenbau) keine Sorgen mehr bereitet. Kommt es zum Einbau von feuchten Baustoffen kann die Anfangsfeuchte nach wie vor zu Problemen führen, wenn die Konstruktion nicht ausreichend diffusionsoffen ist. Ein kritischer Anfangsfeuchtegehalt ist oftmals der Situation während der Bauphase geschuldet. Baufeuchte mineralischer Baustoffe, wie z. B. ein frischer Estrich oder ein frisches Mauerwerk, geben erhebliche Wassermengen ab und können dadurch Holzbauteile auffeuchten. Das Gleiche gilt für Niederschlagsereignisse vor der Abdichtung, ein häufiges Problem bei Flachdächern. In solchen Fällen ist eine technische Trocknung des Holzbauteils oder eine genaue Verfolgung der natürlichen Austrocknung mithilfe von Sensoren vor der Inbetriebnahme empfehlenswert. Selbst wenn alle Baustoffe lufttrocken eingebaut wurden, ist eine gewisse Anfangsfeuchte vorhanden, die sich bei Inbetriebnahme des Gebäudes umverteilen und stellenweise erhöhte Feuchtegehalte verursachen kann. Deshalb sollten bei der Feuchteschutzbemessung im Holzbau die Anfangsbedingungen berücksichtigt werden. Wenn man diese nicht genauer kennt und eine erhöhte Angangsfeuchte ausschließen kann, ist es zweckmäßig, für alle Bauteilschichten deren Gleichgewichtsfeuchte bei 80% relativer Luftfeuchte anzusetzen. Das entspricht der Feuchte, die Baustoffe aufweisen, die regengeschützt unter Außenluftbedingungen gelagert wurden. Sorptive Dämmstoffe, die trocken gelagert wurden, haben meist jedoch einen geringeren Ausgleichsfeuchtegehalt. Hier kann als Anfangsfeuchte bei Bedarf die Gleichgewichtsfeuchte bei 50 % r. F. angesetzt werden, da höhere Werte eine zusätzliche Feuchtelast bedeuten würde. Dies wäre nur gerechtfertigt, wenn davon auszugehen ist, dass sie tatsächlich mit einer höheren Anfangsfeuchte eingebaut wurden.
2.1.8 Leitungswasserschäden
In Deutschland ereignen sich jedes Jahr mehr als eine Million Leitungswasserschäden in Gebäuden, d. h. jeder Einwohner ist statistisch gesehen mindestens einmal im Leben von einem Leitungswasserschaden betroffen. Deshalb ist die Reaktion von Baukonstruktionen und -materialien auf Leitungswasser und die Rücktrocknungsmöglichkeit auch ein Feuchteschutzthema. Im Gegensatz zu Leitungswasserschäden, die bevorzugt durch technische Trocknung behoben werden, ist bei Überschwemmungsschäden aufgrund von Verunreinigungen oft ein Austausch der betroffenen Materialien erforderlich. Da Leitungswasserschäden deutlich häufiger vorkommen als Überschwemmungsschäden, wurden deren Auswirkungen und die Effizienz von Methoden