Bauphysik-Kalender 2022. Nabil A. Fouad
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Für die Feuchteschutzbemessung von Bauteilen ist jedoch nicht nur die Beurteilung des raumseitigen Schimmelpilzwachstumsrisikos interessant, sondern auch das Risiko innerhalb des Bauteils, z. B. auf Beplankungen, Dampfbremsen, Witterungsschutzbahnen, Dämmstoffoberflächen. Die Untersuchungen von Viitanen haben dabei gezeigt, dass in den Bauteilaußenbereichen nicht nur Bedingungen vorherrschen können, die Schimmelpilzwachstum fördern, sondern zeitweise auch solche, die den Schimmelpilzen schaden und zu einem partiellen Absterben führen. Deshalb hat er in sein Modell einen sogenannten Decline-Ansatz integriert, der den in der Realität zu beobachtenden Rückgang der Schimmelpilzausbreitung auf der Oberfläche berücksichtigt. Ein solcher Ansatz fehlt bislang im biohygrothermischen Modell von Sedlbauer, d. h. die Ergebnisse sind für Oberflächen, die sich außerhalb der Dämmschicht befinden und dort stark schwankenden Bedingungen ausgesetzt sind, eher zu konservativ. Während das Wachstum von Schimmelpilzen i. d. R. nur ein hygienisches Problem darstellt, das allerdings bei einigen Schimmelpilzarten eine Gesundheitsgefährdung darstellen kann, besteht bei holzzerstörenden Pilzen eine Gefahr für die Substanz der Konstruktion. Vergleicht man die Wachstumsbedingungen für Schimmelpilze mit denen für holzzerstörende Pilze in Bild 5, wird deutlich, dass für die Holzfäule deutlich höhere Feuchtebedingungen notwendig sind, als für das Schimmelpilzwachstum. Solche Bedingungen treten entweder im Zusammenhang mit Niederschlagsbeanspruchungen auf, wie z. B. bei Holzbalkenköpfen im Mauerwerk auf der Wetterseite oder in bauphysikalisch falsch konzipierten und zu dichten Konstruktionen. Zu letzteren zählen beispielsweise außen und innen diffusionsdichte (sd > 10 m) Flachdächer. Hier kann durch Dampfkonvektion oder in ungünstigen Fällen, z. B. bei geringem Trocknungspotenzial aufgrund niedriger Temperaturen, auch allein durch Dampfdiffusion eine langfristige Feuchtezunahme stattfinden. In jedem Fall verläuft der Holzabbauprozess relativ langsam, d. h. ein rasches mechanisches Versagen des betroffenen Bauteils ist nicht zu erwarten. Da die Kosten und der Aufwand für die Schadensbehebung in der Regel jedoch beträchtlich sind, ist die Holzfäule auf alle Fälle zu verhindern. Zur Schadensprognose durch holzzerstörende Pilze können ähnlich wie zur Bestimmung des Schimmelpilzwachstumsrisikos Modelle wie in [28] vorgestellt, eingesetzt werden. Allerdings sind diese noch nicht so umfangreich validiert worden, wie die derzeitigen Schimmelpilzwachstumsmodelle. Deshalb wird hier empfohlen, zunächst noch die im Abschnitt 3.4 beschriebenen Ansätze zu verwenden.
Bild 5. Analog zu den Grenzkurven für Schimmelpilze in Bild 4 wurde auch für holzzerstörende Pilze ein ähnliches System entwickelt [28]. Im Vergleich zu den Schimmelpilzgrenzkurven sind für die Holzzerstörungsprozesse deutlich höhere Feuchtebedingungen notwendig. Die graue Fläche stellt momentan noch einen Grenzbereich dar. Die Kurven wurden aus Messungen des IBP und der Literatur ermittelt.
2.2.3 Korrosion von metallischen Verbindungen und Befestigungsmitteln
In der Holzbaupraxis in Deutschland kommen Korrosionsprobleme bei ansonsten funktionsfähigen Bauteilen nur äußert selten vor und spielen in der Planungspraxis dementsprechend auch fast keine Rolle. Dies liegt vor allem daran, dass die Bauteile so ausgelegt werden, dass kein chemischer Holzschutz erforderlich wird – also Massivholz im Wesentlichen unter 20 und tragende Holzwerkstoffe unter 18 M.-% Feuchtegehalt bleiben. Zudem werden zur Verhinderung von Korrosion häufig Buntmetalle oder nichtrostende Stähle eingesetzt. Das ist allerdings teurer und geht auch zu Lasten der mechanischen Festigkeit.
Unter 80% r. F. bzw. etwa 15 M.-% Holzfeuchte im Massivholz findet in der Regel gar keine Korrosion statt, während normaler Karbonstahl laut [30] ab 20 M.-% zu rosten beginnt. Allerdings ist z. B. aus [29] bekannt, dass der Korrosionsfortschritt von Eisenankern mit Mörtelummantelung nicht nur von der Feuchte, sondern auch deutlich von der Temperatur abhängt. Auch wenn für metallische Verbindungsmittel in Holz hierzu keine expliziten Untersuchungen vorliegen, ist davon auszugehen, dass diese Zusammenhänge hier in ähnlicher Weise gültig sind. Und da sich höhere Feuchten in Holzbauteilen vor allem im Winter auf der Außenseite einstellen, scheint die Einhaltung der genannten Bedingungen zur Vermeidung des chemischen Holzschutzes dazu zu führen, dass Korrosion entweder gar nicht auftritt oder gegenüber der Schädigung der Hölzer oder Holzwerkstoffe zweitrangig bleibt.
Auf zwei Aspekte soll hier aber hingewiesen werden. Zum einen sieht es in Ländern, in denen chemischer Holzschutz noch häufiger zum Einsatz kommt, etwas anders aus: Hier werden als Konsequenz häufig höhere Feuchtegehalte toleriert und die Holzschutzmittel führen auch oft zu stärker korrosiven Bedingungen im Porenwasser an den Befestigungsmitteln. Beides zusammen hat zur Folge, dass Korrosion bei solchen Konstruktionen ein deutlich präsenteres Problem darstellt [30]. Zum anderen erlauben die neuen Grenzwerte nach WTA sowie künftige instationäre Bewertungsmodelle u. U. deutlich höhere Feuchtegehalte als die zuvor genannten 20 M.-%. Ob Korrosionsprobleme bei solchen Randbedingungen wieder stärker berücksichtigt werden müssen, ist bisher nur schwer einzuschätzen.
2.2.4 Hygrothermisch verursachtes Quell- und Schwindverhalten
Holz zeigt bereits unterhalb der Fasersättigung ein ausgeprägtes Quell- und Schwindverhalten. In Faserrichtung (0,01 % Formänderung pro 1 M.-% Feuchteänderung) ist das Verhalten im Bauwesen weitestgehend zu vernachlässigen; quer zur Faser (Nadelhölzer: im Mittel 0,25 % Formänderung pro 1 M.-% Feuchteänderung) sollte es allerdings Berücksichtigung finden. Während große Schwindverformungen Rissbildungen und Setzungen zur Folge haben können, kann es beim Quellverhalten zu Zwängungen und Verformungen kommen. Aus diesen Gründen sollten die Holzbauteile mit der Holzfeuchte eingebaut werden, bei der sich auch später die mittlere Holzfeuchte einstellt. In der Praxis ist dies bei Innenbauteilen (6–9 M.-%) allerdings oftmals nicht zu erreichen, da im Bauwesen technisch getrocknete Hölzer mit ca. 18 M.-% ausgeliefert werden. Bauteile wie beispielsweise Holzschalungen unter Dächern schwanken üblicherweise zwischen 9 und 24 M.-%. Diese Schwankungen verursachen bei Schalungen in der Regel kein Problem, da aufgrund der Kleinteiligkeit und dem damit verbundenen hohen Fugenanteil ausreichend Platz für die Bewegungen vorhanden ist.
Holzwerkstoffe zeigen im Vergleich zu Holz je nach Werkstoff ein anderes Quellverhalten. Bei größeren Schwankungen können bei Holzwerkstoffen Zwängungen auftreten. Daher empfehlen die Hersteller in ihren Verlegeanleitungen zwischen den Platten ausreichend Fugen zu lassen. Das Quell- und Schwindverhalten bzw. die resultierenden Spannungen bei Behinderung der Formänderung sind ein komplexes mechanisches Problemfeld, das von vielen Parametern, z. B. Abmessung des betrachteten Bauteils, lokale Festigkeiten, Vorspannungen, Kerbwirkungen etc. abhängt. Die konkreten Auswirkungen von hygrothermischen Wechselbeanspruchungen sind daher i. d. R. nur abschätzbar, aber nicht exakt berechenbar. Eine Kopplung von mechanischen und hygrothermischen Modellen könnte hier in Zukunft bessere Aussagegenauigkeit ermöglichen. Allerdings sollte es bereits jetzt möglich sein, durch hygrothermische Simulationen die Auswirkungen unterschiedlicher Beanspruchungen zu vergleichen.
3 Feuchteschutzbemessung anhand von Normen und Richtlinien
Die Entwicklung der Normen und Richtlinien zum Feuchteschutz hat gerade im Holzbau in den letzten Jahrzehnten eine große Dynamik entwickelt. Ursprünglich wurde ausschließlich die Dampfdiffusion aus dem Raum betrachtet und daraus die bauphysikalische Grundregel abgeleitet: „innen immer dampfdichter als außen“. Im Fall von Dächern mit äußerer Abdichtung oder diffusionshemmendem Unterdach wurden deshalb innen Dampfsperren aus Aluminium angebracht oder die Dachdämmung hinterlüftet. In der Folge gab es bei dampfdichten, unbelüfteten Dächern häufig Schäden, da auch