Kaiser und Galiläer. Henrik Ibsen
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Agathon. Höre und gehorche – Christus wartet auf Dich.
Julian. Freund, was meinst Du?
Agathon. Das Gesicht, das mich nach Konstantinopel getrieben hat –
Julian. Jawohl, ja, das Gesicht, – das hätte ich beinahe vergessen. Eine Offenbarung – sagtest Du nicht so? Erzähle, erzähle!
Agathon. Es war daheim in Kappadocien vor einem Monat oder noch etwas früher. Da kam das Gerücht auf, daß die Heiden wieder begonnen hätten, heimliche Zusammenkünfte im Tempel der Kybele nächtens abzuhalten –
Julian. Die Tollkühnen! Es ist ihnen ja streng verboten –
Agathon. Auch erhoben sich alle Gläubigen im Zorn. Die Obrigkeit ließ den Tempel niederlegen, und wir zerschlugen die anstößigen Götzenbilder. Ja, die Eifrigeren unter uns wurden vom Geist des Herrn noch weiter getrieben. Unter Psalmengesang, mit heiligen Fahnen an der Spitze, zogen wir durch die Stadt und fielen gleich Sendboten des Zornes über die Gottlosen her; wir nahmen ihnen ihre Kostbarkeiten weg; viele Häuser wurden in Brand gesteckt; viele Heiden kamen im Feuer um; und noch mehr Flüchtlinge machten wir in den Straßen nieder. O, es war eine große Stunde zu Gottes Ehren!
Julian. Und –? Das Gesicht, mein Agathon?
Agathon. Drei volle Nächte und Tage war der Herr der Rache mächtig in uns. Aber dann konnte die Gebrechlichkeit des Fleisches nicht länger Schritt halten mit dem Eifer des Geistes, und wir gaben die Verfolgung auf. – Ich lag auf meinem Lager; ich konnte weder schlafen noch wachen. Es war mir, als wäre ich inwendig hohl, und es wäre der Geist von mir gewichen. Ich lag im Fieberbrand; ich riß mir die Haare aus, ich weinte, ich betete, ich sang – ich weiß nicht mehr, wie es war –. Da, mit einem Male, sah ich vor mir an der Wand ein weiß erstrahlendes Licht, und in des Lichtes Schimmer stand ein Mann in einem Mantel, der ihm zu den Füßen herniederwallte. Strahlen gingen von seinem Haupt aus; er hielt ein Schilfrohr im Arm und heftete seine Augen mild auf mich.
Julian. Das sahst Du?
Agathon. Das sah ich. Und dann sprach er und sagte: Steh auf, Agathon; such' ihn, der das Reich erben soll; gebiete ihm, in die Höhle zu gehen und mit den Löwen zu ringen.
Julian. Mit den Löwen zu ringen? Seltsam, seltsam! Wenn es wahr wäre –! Die Begegnung mit jenem Weisen –. Eine Offenbarung – eine Botschaft an mich – ich sollte der Mann der Erwählung sein?
Agathon. Du bist es gewißlich.
Julian. Mit den Löwen ringen! – Ja, ich sehe es – so ist es, mein Agathon! Es ist Gottes Wille, daß ich Libanios aufsuche, –
Agathon. Nein, nein, hör' mich zu Ende!
Julian. – ihm ablausche seine Künste und seine Gelehrtheit, die Ungläubigen fälle mit ihren eigenen Waffen, wie Paulus – streite, streite wie Paulus – wie Paulus siege in des Herrn Sache!
Agathon. Nein, nein, nicht so ist es gemeint.
Julian. Kannst Du zweifeln? Libanios, – ist er nicht gewaltig wie der Löwe des Gebirges, und ist nicht der Lehrsaal –?
Agathon. Ich sage Dir, es ist nicht so. Denn die Erscheinung fügte hinzu: Verkünde dem Erkorenen, er soll den Staub der Kaiserstadt von seinen Füßen schütteln und nicht wieder durch ihre Tore eingehen.
Julian. Und bist Du dessen gewiß, Agathon?
Agathon. Ja, wie meiner selbst.
Julian. Also nicht hier. Mit den Löwen soll ich ringen? Wo, wo? Wo find' ich Klarheit in dieser Sache!
Gallos, ein schöner, kräftig gebauter Mann von fünfundzwanzig Jahren, mit blondem, lockigem Haar, in voller Rüstung, kommt durch die Allee links.
Julian ihm entgegen. Gallos!
Gallos. Was soll's? Zeigt auf Agathon. Wer ist der Mensch?
Julian. Agathon.
Gallos. Was für ein Agathon? Du suchst Umgang mit so mancherlei Volk –. Bei Gott, das ist ja der Kappadocier! Du bist ein ganzer Mann geworden –
Julian. Weißt Du schon, Gallos, – der Kaiser hat nach Dir gefragt.
Gallos gespannt. Jetzt? Zur Nachtzeit?
Julian. Jawohl. Er will mit Dir sprechen. Er schien äußerst zornig zu sein.
Gallos. Woher weißt Du das? Was hat er gesagt?
Julian. Ich habe es nicht verstanden. Er wollte wissen, was ein Orakel geantwortet habe.
Gallos. Ah!
Julian. Verbirg mir nichts. Was gilt es?
Gallos. Es gilt Tod oder Verbannung.
Agathon. Gnädiger Heiland!
Julian. Ahnte ich es nicht! Aber nein, die Kaiserin war zuversichtlich. Doch sprich, sprich!
Gallos. Was soll ich sagen? Weiß ich mehr als Du? Hat der Kaiser etwas von einem Orakel geredet, so muß ein gewisser Bote abgefangen sein, oder es hat mich einer verraten, –.
Julian. Ein Bote? Gallos, was hast Du gewagt!
Gallos. Konnte ich denn länger dies Leben in Ungewißheit und Angst leben? Laß ihn mit mir machen, was er will, – immer noch besser so als –
Julian leise; führt ihn einige Schritte abseits. Sei auf der Hut, Gallos! Was ist mit dem Boten?
Gallos. Ich habe an die Osirispriester zu Abydos eine Frage gerichtet –
Julian. Ah! Das Orakel! Und dieser Heidenbrauch –!
Gallos. Über den Heidenbrauch würde man sich schon hinwegsetzen; aber – nun, Du darfst es wissen – ich habe nach dem Ausfall des Perserkrieges gefragt –
Julian. Welch ein Wahnwitz! – Gallos, – ich sehe Dir an, Du hast noch mehr gefragt!
Gallos. Laß mich – ich habe nicht –
Julian. Doch, doch, Du hast eines mächtigen Mannes Leben oder Tod erfragt!
Gallos. Und wenn dem so wäre! Was liegt uns beiden mehr am Herzen als das?
Julian rüttelt ihn an den Armen. Schweig, Du Rasender!
Gallos.