Middlemarch. George Eliot

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Middlemarch - George Eliot

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anderer Art auf. Aber in diesem Augenblicke erschien er ihr wahrhaft zudringlich und seine eleganten Hände mit ihren Grübchen waren ihr geradezu unangenehm. Ihr Missmut machte sie tief erröten, als sie seinen Gruß etwas hochmütig erwiderte. Sir James deutete sich das Erröten in dem für ihn schmeichelhaftesten Sinne und meinte, Dorothea nie so hübsch gesehen zu haben.

      »Ich bringe Ihnen einen kleinen Bittsteller,« sagte er, »oder vielmehr, ich bringe ihn, um zu hören, ob er Ihren Beifall findet, bevor er sein Gesuch vorbringt.«

      Er präsentierte den weißen Gegenstand, den er unter dem Arme hielt; es war ein Bologneser Hündchen, eines der niedlichsten von der Natur hervorgebrachten Spielzeuge.

      »Es ist mir peinlich, diese Geschöpfe zu sehen, die nur als Schoßhündchen auferzogen werden,« erwiderte Dorothea, deren Ansicht sich erst, wie es zu geschehen pflegt, in der Aufregung dieses Augenblicks bildete.

      »O warum Das,« entgegnete Sir James, indem er mit Dorotheen weiterging.

      »Ich glaube, alle Verzärtelung, mit der man diese Tiere behandelt, macht sie nicht glücklich. Sie sind zu hilflos, ihr Körper ist gar zu zart. Ein Wiesel oder eine Maus, die sich selbst ihren Unterhalt verschaffen, sind interessanter. Ich stelle mir vor, daß die Tiere um uns her den unsrigen ähnliche Seelen haben und entweder ihre eigenen kleinen Angelegenheiten wahrnehmen oder unsere Gefährten werden können, wie Monk hier. Solche Geschöpfe wie dieses da sind Schmarotzer.«

      »Es freut mich sehr, daß Sie diese Tiere nicht mögen,« sagte nun der gute Sir James; »ich würde mir nie eines halten; aber die Damen finden gewöhnlich Gefallen an Bologneser Hündchen. Hier John, nehmen Sie den Hund.«

      So wurde der nicht zu Gnaden aufgenommene Hund, dessen Nase und Augen ebenso schwarz wie ausdrucksvoll waren, beseitigt, sobald Dorothea sich dahin ausgesprochen hatte, daß es ihm besser wäre, nie geboren zu sein. Sie fand es jedoch notwendig, sich noch näher zu erklären:

      »Sie dürfen aber nicht von meinen Gefühlen aus Celia's schließen Ich glaube, sie hat diese kleinen Schoßhunde gern. Sie hatte früher einmal einen kleinen Terrier, den sie sehr liebte. Mich machte das Tier unglücklich, weil ich immer fürchtete, es zu treten. Ich bin etwas kurzsichtig.«

      »Sie haben Ihre eigenen Ansichten über Alles, Fräulein Dorothea, und Ihre Ansichten sind immer gut.«

      Was konnte Dorothea auf ein so fades Kompliment antworten.

      »Wissen Sie, daß ich Sie darum beneide,« fügte Sir James hinzu, während sie in dem raschen von Dorothea angenommenen Schritte mit einander weiter gingen.

      »Ich verstehe Sie nicht recht.«

      »Ich meine Ihre Fähigkeit, sich eine Ansicht zu bilden. Ich habe wohl meine Ansichten über Personen. Ich weiß, ob mir die Leute gefallen oder nicht. Aber sonst, wissen Sie, wird es mir oft schwer, mich zu entscheiden. Man hört sehr verständige Ansichten für und wider eine Sache.«

      »Oder Ansichten, die uns verständig scheinen. Wir wissen vielleicht nicht immer zwischen Sinn und Unsinn zu unterscheiden.«

      Dorothea fühlte, daß diese Bemerkung etwas derbe sei.

      »Ganz richtig,« erwiderte Sir James, »aber Sie scheinen eben diese Fähigkeit der Unterscheidung zu besitzen.«

      »Im Gegenteil, ich fühle mich oft unfähig zu einer Entscheidung, aber das kommt von meiner Unwissenheit; der richtige Schluss ist doch immer vorhanden, wenn ich ihn auch nicht ziehen kann.«

      »Ich glaube, es gibt Wenige, die ihn rascher finden würden. Wissen Sie, daß Lovegood mir gestern sagte, daß Sie die besten Ideen über den Bau von kleinen ländlichen Wohnungen hätten – ganz merkwürdig für eine junge Dame, meinte er. Sie sind, um mich seines Ausdrucks zu bedienen, ein wahres Genie. Er teilte mir mit, daß Sie Herrn Brooke veranlassen möchten, einen neuen Complex von kleinen Wohnungen bauen zu lassen, erschien es aber für wenig wahrscheinlich zu halten, daß Ihr Onkel sich dazu verstehen werde. Wissen Sie, das ist eine der Sachen, die ich tun möchte, ich meine auf meinem eigenen Gute. Ich würde mich glücklich schätzen, Ihren Plan auszuführen, wenn Sie mir eine Einsicht in denselben vergönnen wollten. Natürlich ist das Capital verloren, darum sind die Leute dagegen. Die Arbeiter können nie eine Miete bezahlen, die einem angemessenen Kapitalzinse entspricht. Aber bei alledem ist es doch der Mühe wert, die Sache zu unternehmen.«

      »Der Mühe wert, das wollt' ich meinen!« sagte Dorothea emphatisch, den kleinen Verdruss von vorhin ganz vergessend. »Nach meiner Meinung verdienen Alle unter uns, die ihre Gutsangehörigen in solchen Schweineställen wohnen lassen, wie wir sie um uns her sehen, mit einer Geißel aus ihren schönen Häusern gepeitscht zu werden. Diese Gutsleute könnten glücklicher sein als wir, wenn ihre Wohnungen wirkliche Häuser wären, wie sie menschlichen Wesen gebühren, von welchen wir Pflichterfüllung und Zuneigung erwarten.«

      »Wollen Sie mir Ihren Plan zeigen?«

      »Sehr gern. Mein Plan ist gewiß sehr fehlerhaft; aber ich habe mir alle Pläne für ländliche Arbeiterwohnungen in Loudon's Buch genau angesehen und habe mir daraus angeeignet, was mir das Beste schien. O welch ein Glück wäre es, wenn wir hier in der Gegend eine Musterwohnung errichten könnten. Mir scheint, statt des Lazarus, der an unseren Pforten liegt, sollten wir die Schweinestallwohnungen aus unseren Parks verbannen.«

      Jetzt war Dorothea in der besten Laune. Wenn Sir James als ihr Schwager Musterwohnungen auf seinem Gute errichten ließ, wenn dann vielleicht andere Wohnungen in Lowick und anderswo gebaut würden, – das würde sein, als ob der Geist Oberlins über den Kirchspielen schwebte, um das Leben der Armut zu verschönern.

      Sir James sah sich alle Pläne an und nahm einen davon mit sich, um über denselben mit Lovegood zu beraten. Was er aber noch außerdem mit sich nahm, das war die selbstgefällige Vorstellung, daß er große Fortschritte in Dorotheen's Gunst mache. Das Bologneser Hündchen bot er Celien nicht an, – eine Unterlassung, welche Dorothea, als ihr die Sache wieder einfiel, überraschend fand; aber sie tadelte sich deshalb, hatte sie sich doch Sir James' ganz bemächtigt; indessen schließlich freute sie sich auch, daß die Gefahr, auf einen Hund zu treten, für sie beseitigt sei.

      Celia war dabei, als Sir James die Pläne prüfte, und, beobachtete die Täuschung, in der er befangen war. »Er glaubt, daß Dora sich für ihn interessiert, und sie interessiert sich doch nur für ihre Pläne. Aber ich bin doch nicht sicher, daß sie ihm einen Korb geben würde, wenn sie nur glauben könnte, daß er ihr, Alles nach ihrem Gutdünken einzurichten und alle ihre Ideen auszuführen, erlauben würde. Und wie unbehaglich würde das Sir James machen. Ich kann Ideen nicht leiden.«

      Im Geheimen gestattete sich Celia das Vergnügen, dieser Abneigung nachzuhängen. Dieselbe direkt gegen ihre Schwester auszusprechen, wagte sie aber nicht, denn damit würde sie sich dem Vorwurf ausgesetzt haben, daß sie in einer oder der anderen Weise eine Gegnerin alles Guten sei. Bei ungefährlichen Gelegenheiten bediente sie sich jedoch eines indirekten Mittels, ihre negative Weisheit gegen Dorothea zur Geltung zu bringen, indem sie diese aus ihrer begeisterten Stimmung durch die Bemerkung riß, daß die Leute sie wohl anstarrten, aber ihr nicht zuhörten. Celia war keine impulsive Natur; was sie zu sagen hatte, war nicht eilig und kam immer in derselben ruhig abgemessenen Art heraus. Wenn Leute mit Energie und Emphase sprachen, so beschränkte sie sich darauf, ihre Gesichter und ihre Züge zu beobachten. Sie begriff nie, wie wohlerzogene Menschen sich dazu entschließen konnten, zu singen und ihren Mund in der lächerlichen für diese Motion der Stimme erforderlichen Weise zu öffnen.

      Es vergingen nur wenige Tage, bis Herr Casaubon einen Morgenbesuch machte, bei welchem er wieder für einen Tag der nächsten Woche eingeladen

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