Homo sapiens movere ~ gebrochen. R. R. Alval
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Drei Stunden später hatte ich mir auch die anderen zwei Aufträge unter den Nagel gerissen. Wenn alles gut lief und die Recherche keine Schwierigkeiten bereitete, würde ich die Aufträge innerhalb einer Woche ausführen können.
Mit etwas Glück wurde es so kurz vor Jahresende ein Kinderspiel.
Mein Tatendrang war geweckt.
Die nächsten Stunden ermittelte ich; machte mir dabei Notizen. Das erste Mal seit Wochen nahm ich eine recht anspruchsvolle, kalorienreiche Mahlzeit zu mir – ohne dass mein Magen der Ansicht war, diese gleich wieder von sich zu geben. Die ganze Zeit über lächelte ich und ... wow, ich bemerkte es sogar!
Endlich fertig und mit der Recherche zufrieden, streckte ich mich ausgiebig. Immer noch ein zufriedenes Grinsen im Gesicht. Was für ein Glück, dass Menschen nach wie vor die Angewohnheit hatten, Weihnachten im Kreis ihrer Familien zu verbringen und sich auf den Frieden zu besinnen. Etwas durchaus Schönes. Nur, dass ich das natürlich ausnutzen würde. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Oder der Besuch der Christmette, den der gute Mann, der Stewards Eigentum unberechtigterweise an sich hatte nehmen können, besuchen würde. Wer rechnete schon damit, am Heiligabend nicht vom Weihnachtsmann oder dem Christkind, sondern von einem gut informierten und mit den notwendigen Fähigkeiten ausgestatteten Dieb besucht zu werden?
Aah, hoffentlich fand ich eine gute Ausrede für meine Mutter!
Sie ging zwar nicht in die Kirche – wie wir alle nicht – verlangte aber dennoch von uns Kindern, dass wir uns pünktlich 15 Uhr bei ihr zum Kaffee einfanden.
Nun, ich würde mir schon etwas einfallen lassen. Schließlich war ich nicht auf den Kopf gefallen. Und wenn ich diesen verfluchten, herzlosen, herum hurenden Alan vorschieben müsste.
Alan…
Ach du heiliger Strohsack!
Fluchend schob ich die mit den notwendigen Informationen beschriebenen Zettel ineinander und packte sie zusammen mit dem Pager und meinem Datenleser in das untere Schubfach meines Sideboards. Gleichzeitig versuchte ich, meine leicht hyperventilierende Atmung unter Kontrolle zu bekommen.
Heute war der 21.
Wintersonnenwende.
Und somit das Ritual, an dem ich dank dieser dämlichen Rudelintegrierung teilnehmen musste. Das Ritual zur Versiegelung der Seelen. Vor einem Jahr wäre beinah die Apokalypse über die Welt hereingebrochen. Aber mir und Ribberts Rudel war es gelungen, einen frei umherlaufenden Wandler aufzuhalten. Zugegeben, auch Alan und Roman Bingham hatten einen Teil dazu beigetragen. Würde ich also nicht hundertprozentig wissen, dass es unumgänglich war, würde ich den Termin absichtlich vergessen. Aber mein Gewissen machte mir das unmöglich.
Ich wollte nicht, dass die Seelen der Wandler freikamen. Zerhackt und verknittert aber auch!
Ich wollte Alan nicht sehen.
Ich wollte nicht in seiner Nähe sein.
Und vor allem wollte ich nicht so tun, als machte es mir nichts aus, dass er mich mir nichts dir nichts aus seinem Leben ausgeschlossen hatte. Aber ich hatte keine Wahl… scheiß schlechtes Gewissen!
Da es immer noch warm war – die Wetterstation bestätigte mir fluffige 12 Grad und das neun Uhr abends – verdammt, ich würde zu spät kommen! – entschied ich mich gegen die schwere Bikermontur, behielt meine Jeans und das Shirt an, schlüpfte in eine leichte Lederjacke, schnappte meine Schlüssel, überprüfte kurz mein Make-up und legte ein dezentes Parfum auf. Für einen Moment genoss ich das heimelige Licht der Weihnachtsbeleuchtung an den Fenstern. Verfluchter Scheißendreck!
Ich konnte es nicht aufschieben.
Zu trödeln machte es kaum leichter. Ich schnappte mir den Helm, verließ die Wohnung und fuhr mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage. Dort stand nicht nur meine Lady, sondern auch Lauras Auto und warteten auf mich. Ich setzte den Helm auf, schwang mich auf mein heiß geliebtes Motorrad, startete den Motor und ließ ihn einmal laut aufbrüllen. Tief Luft holend legte ich den Gang ein.
Einatmen.
Ausatmen.
Dann machte mich auf den Weg zu Alans Anwesen. Würde schon schief gehen.
2
Gerade noch rechtzeitig kam ich am Anwesen an, um zu sehen, wie die Wachen ihre Plätze verließen. Das stählerne Tor war bereits verschlossen und gesichert. Ich konnte die Magie nicht nur riechen, sondern auch sehen. Oh man, vor lauter Eile fielen mir nicht mal die Namen der Wächter ein. Glücklicherweise war einem mein Motorrad aufgefallen. Denn er drehte sich zu meiner großen Erleichterung um. Zumindest musste ich mir nun nicht seinen Namen aus dem Gehirn saugen, auch wenn es mich wurmte, dass ich ihn vergessen hatte. Aber nicht ‚hey, du’ brüllen zu müssen, war schon mal eine gute Sache. Wie hieß der große, blonde Surferboy denn gleich nochmal. Gut, er war kein Surfer. Aber er könnte einer sein. Seinem Aussehen nach. Markus, Michael, Marek? Es ist etwas mit M… Verflixt, es fiel mir einfach nicht ein.
„Samantha, was tust du denn hier?“ Er schaute mich Stirn runzelnd an. Offensichtlich war ihm nicht ganz wohl in seiner Haut. „Ich bin ein bisschen spät, ich weiß schon. Lass mich rein.“ Surferboy schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, dir ist das Betreten des Anwesens nicht mehr gestattet.“ Gut, dass ich schlucken musste, sonst wäre meine Kinnlade auf den Tank meines Motorrads gefallen. „Ähm, aber ich muss doch zum Ritual!“ Oder nicht? „Das Ritual ist ausschließlich für Rudelangehörige.“ Jepp, genau. Gerade eben wollte ich ihm verkünden, dass ich immer noch seine Alpha sei, als er mir den Witz des Jahrhunderts verkündete. „Gestern wurde mit einer knappen Mehrheit beschlossen, dass du ohne Frist aus dem Rudel ausgeschlossen wirst. Ich dachte, das wüsstest du bereits.“ Sein mir ausweichender Blick sagte mir erneut, dass er sich dabei sehr unwohl fühlte. Die Neuigkeit hätte ich wohl von einem anderen erfahren sollen.
Oder riechen.
Anscheinend wurde ich ein wenig blass um die Nase, denn Surferboys Frage, ob es mir gut ginge, folgte ein besorgter Gesichtsausdruck. „Ja, danke. Alles bestens.“, versicherte ich ihm, obwohl mein Herz wie verrückt in meinem Brustkorb herumtuckerte und ängstlich fiepend auf einen sofortigen Abmarsch plädierte.
Surferboy nickte, drehte sich um und rannte den anderen Wächtern hinterher. Ich hingegen zitterte inzwischen so sehr, dass man annehmen könnte, der Winter hätte doch noch seine eisigen Klauen ausgestreckt.
Hatte er nicht.
Alan hingegen schon.
Vor etwas mehr als einem Jahr, als er mich mehr oder weniger überrumpelt hatte einen Fetzen Papier zu unterschreiben und mich damit zur Alpha an seiner Seite machte, hatte er mir zu verstehen gegeben, dass ich als Alpha das Rudel nicht lebend verlassen konnte. Alan hatte mich zum Tode verurteilt. Ohne mir wenigstens die Möglichkeit zu geben, mich dazu zu äußern. Glaubte er, ich brächte sein hochgeschätztes Rudel in Gefahr? Solange er keine neue Alpha hatte, hätte er mir doch mein Leben gönnen können.