Bis dein Atem gefriert. Ana Dee
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Читать онлайн книгу Bis dein Atem gefriert - Ana Dee страница 4
Frija hätte Sara gern von der Gestalt erzählt, von ihren nagenden Ängsten, aber sie brachte kein einziges Wort über ihre Lippen. Reiß dich gefälligst zusammen, ermahnte sie sich, deine Fantasie hat dir nur einen üblen Streich gespielt. Sie durfte ihre Tochter auf keinen Fall verunsichern, schon gar nicht jetzt, wo sich die Situation zwischen ihnen veränderte.
„Wir könnten Smilla zum Beispiel ein Häuschen zimmern, in dem sie sich verkriechen kann, wenn es regnet“, schlug Sara vor.
„Gute Idee“, antwortete Frija. „Vielleicht gibt es so etwas auch im Internet zu kaufen, das spart eine Menge Zeit.“
„Immerhin ein Kompromiss.“
Sara verschwand schulterzuckend wieder in ihrem Zimmer, während Frija an den Schreibtisch zurückkehrte, um nach einem Häuschen für Smilla zu suchen. Diesmal zog sie die Vorhänge zu, man wusste schließlich nie, wer sich da draußen herumtrieb. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, sich statt der Katze einen Hund zuzulegen. Während Smilla stets durch Abwesenheit glänzte, hätte der Hund bestimmt angezeigt, dass ein Fremder in der Nähe gewesen wäre.
Suchend klickte sich Frija durch die Seiten. Die Auswahl an Hütten für Hund und Katz hielt sich in Grenzen und so hatte sie innerhalb weniger Minuten ihren Kauf getätigt. Nun würde Sara endlich Ruhe geben und Smilla hätte einen Ruheplatz – zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Frija wälzte sich unruhig von einer Seite auf die andere. Schüsse hallten in ihren Ohren wider und der Boden war mit Blut bedeckt. Leise stöhnend griff sie sich an die Brust und fuhr schweißgebadet aus dem Schlaf. Das Mondlicht, das sich durch einen schmalen Spalt im Vorhang zwängte, ließ ihre Haut silbern schimmern. Hektisch tastete sie nach dem Schalter der Nachttischlampe. Das warme Licht vertrieb die dunklen Schatten und ihr Herzschlag beruhigte sich.
Fröstelnd schlug sie die Bettdecke zurück, streifte sich den Morgenmantel über und schlüpfte in ihre Schuhe. Mit der Taschenlampe bewaffnet schlich sie nach unten, um Sara nicht zu wecken. Eine innere Unruhe hatte sie erfasst, weil Smilla immer noch draußen herumstreunte. Außerdem konnte sie die unheimliche Gestalt nicht vergessen, die sich wie ein Geist zwischen den Bäumen aufgelöst hatte.
Der Schlüssel kratzte leise im Schloss, als sie die Tür öffnete. Abwartend blieb sie auf der Schwelle stehen und lenkte den Strahl der Taschenlampe über den Boden. Ausgeblichenes verdorrtes Gras, kahle Zweige, die der Sturm von den Bäumen gerissen hatte und mittendrin ein reflektierendes Augenpaar. Sie wollte gerade erleichtert aufatmen, als der Fuchs mit weit ausholenden Sprüngen in den angrenzenden Wald flüchtete.
„Smilla, wo steckst du nur?“, rief sie in die undurchdringbare Finsternis. Der Wind trug ihre Worte fort, ohne dass sie ihr Ziel erreicht hätten.
Sie zog den Morgenmantel fester um ihre schmalen Schultern und machte einen Schritt nach vorn. Die Haustür fiel hinter ihr mit einem leisen Klacken ins Schloss. Frija entfernte sich mit zögerlichen Schritten, während der helle Lichtkegel der Taschenlampe die nähere Umgebung erforschte.
Der Ruf eines Käuzchens ließ sie zusammenzucken. Smilla schien nicht in der Nähe zu sein, es hatte keinen Sinn, weiter nach ihr zu suchen. Der eisige Wind fuhr ihr unter den dünnen Morgenmantel, Zeit zur Umkehr. Die Katzendame würde schon wieder auftauchen.
Sara bestrich ihr Knäckebrot dick mit Erdbeerkonfitüre und trank einen Kakao.
„Der Sturm hat nachgelassen, ich werde wieder mit dem Bike zur Schule fahren“, erklärte sie zwischen zwei Bissen.
„Nichts da“, widersprach Frija. „Ich bringe dich mit dem Wagen. Es ist viel zu gefährlich.“
„Warum?“
Teenager und ihre tausend Fragen. Sie hatte schon seit Tagen ein ungutes Gefühl im Bauch, nur wie sollte sie das Sara erklären?
„Dich könnte zum Beispiel ein herunterfallender Ast treffen und das Autodach ist bekanntlich härter als dein kleiner Dickschädel“, scherzte Frija, obwohl ihr keineswegs zum Lachen zumute war.
„Mam, jetzt übertreib nicht.“
„Mach ich doch nicht.“
Frija strich ihrer Tochter liebevoll durchs lange Haar.
„Wir haben heute eine Stunde früher aus, nur damit du Bescheid weißt.“
„Geht in Ordnung, mein Mädchen. Können wir los?“
„Von mir aus …“
Frija leerte ihre Kaffeetasse und schnappte sich die Autoschlüssel. Draußen vor der Tür kam ihnen Smilla laut maunzend entgegen.
„Gott sei Dank, du bist endlich wieder da“, rief Frija erleichtert und bückte sich, um Smilla auf den Arm zu nehmen und ins Haus zu tragen. Im Katzenfell hatten sich Spinnweben und Tannennadeln verfangen und Frija fragte sich, wo sich Smilla wohl überall herumgetrieben haben könnte. „Für heute hast du Stubenarrest, Madame“, sagte sie und setzte die Katze auf dem Küchenstuhl ab.
„Maaaam, ich komme zu spät“, rief Sara ungeduldig.
„Bin schon unterwegs“, erwiderte Frija und zog die Haustür hinter sich zu.
Na also, es gab nichts, worüber sie sich den Kopf zerbrechen müsste. Wahrscheinlich hatten ihr die Sinne gestern in der Dämmerung einen Streich gespielt.
Kapitel Zwei
Matilda, du weißt Bescheid?“ Frija musterte sie fragend.
„Ich habe dein Töchterchen doch nicht zum ersten Mal in meiner Obhut“, erwiderte ihre beste Freundin lachend. „Sie wird für die bevorstehende Mathematik-Klausur fleißig büffeln und anschließend gibt es eine extragroße Pizza.“ Matilda zwinkerte Sara fröhlich zu. „Entspanne dich und genieße die zwei Tage. Es wird wirklich Zeit, dass du Stockholm wieder unsicher machst.“ Sie nickte wissend.
„Ich bin nur dort, um meinen Job zu erledigen“, rechtfertigte sich Frija.
„Ja sicher. Aber wer sagt denn, dass du nicht auch ein wenig Spaß haben kannst?“
Matilda versuchte bei jeder Gelegenheit sie zu verkuppeln. Frija war gerade einmal Anfang vierzig und lebte seit Jahren allein. Ihrer Freundin hatte sie bis heute nicht den Grund erzählt, und das war auch gut so. Je weniger Personen involviert waren, desto besser. Das brachte sie zwar hin und wieder in Erklärungsnot, aber damit konnte sie leben.
Frija nahm ihre Tochter zum Abschied in den Arm und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Mach keine Dummheiten, meine Kleine.“
„Ich doch nicht, Mama“, erwiderte Sara genervt.
„Gut, dann werde ich mich jetzt auf den Weg machen“, sagte Frija und stand unschlüssig vor der Tür.
Matilda ergriff daraufhin die Initiative und schob Frija nach draußen. „Los