Bis dein Atem gefriert. Ana Dee

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Bis dein Atem gefriert - Ana Dee

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Ole lebte getrennt und hatte einen Sohn aus erster Ehe.

      „Frija?“ Er sah sie fragend an.

      „Entschuldige, was hattest du gerade gesagt?“

      „Alles in Ordnung mit dir? Du wirkst heut so abwesend.“

      „Na ja, diese Tage haben wir doch alle, wenn sich die Melancholie ins Gemüt schleicht“, lächelte sie.

      „Nun gut, weiter im Text.“

      Ole erklärte ihr die Aufträge ausführlich, doch sie war mit ihren Gedanken ständig bei Leif. Sollte sie ihn noch einmal treffen? Sie schwankte mit ihrer Entscheidung und war hin- und hergerissen. Dieser Mann berührte etwas tief in ihrem Inneren, das sie nicht genau benennen konnte.

      „Hast du noch Fragen?“

      „Nein. Und falls doch, dann rufe ich dich an.“

      „Genau, so machen wir es“, bestätigte er.

      Frija verstaute die Unterlagen wieder in ihrer Tasche und stand auf.

      „Noch Lust auf einen Kaffee, bevor du fährst“, fragte er und lächelte schüchtern.

      „Ja, gern.“

      Erst jetzt fiel ihr auf, wie unterschiedlich Leif und Ole doch waren. Leif nahm viel mehr Raum ein, war sofort präsent und man konnte sich nur schwer seiner Aufmerksamkeit entziehen. Ole wirkte eher still und in sich gekehrt. Sobald sie mit ihm zusammen war, beruhigte sich auch ihr Herzschlag, während bei Leif ihr Puls raste. Verrückte Welt.

      Ole kehrte mit zwei vollen Tassen in sein Büro zurück und holte eine Packung Kekse aus dem Schreibtisch.

      „Man gönnt sich ja sonst nichts“, grinste er. „Nicht jeder hat es so gut wie du. Es muss wunderbar sein, jeden Morgen mit diesem grandiosen Ausblick auf den See aufzuwachen. Lass mich raten, dein Schreibtisch steht direkt am Fenster?“

      „Stimmt, und ich weiß dieses Glück durchaus zu schätzen“, antwortete sie verträumt. Dieses Haus war für sie wie ein Hochsicherheitstrakt. Nur dort konnte sie den Rest der Welt ausschließen, fühlte sich geborgen, und so sollte es auch in Zukunft bleiben. „Sara kann wie in einem Kokon wohlbehütet aufwachsen, das war mir von Anfang an sehr wichtig.“

      „Trotzdem bin ich der Meinung, dass du dich viel zu sehr einigelst. Du lebst seit Jahren allein, das muss dich doch auf Dauer zermürben.“

      „Ganz so schlimm ist es nun auch wieder nicht“, hielt sie dagegen. „Die Gemeinschaft von Svanberga ist unschlagbar. Jeder hilft jedem, und diesen Zusammenhalt möchte ich nicht missen.“

      „Ich dachte auch eher an den privaten Bereich“, sprach Ole leise. „Für dich gibt es keine Schulter zum Anlehnen, du darfst keine Schwäche zulassen, und sage mir nicht, dass es anders ist.“

      Eine seiner Stärken war eine gehörige Portion Empathie. Er konnte sich unglaublich gut in sein Gegenüber einfühlen.

      „Ich kann leider nicht über meinen Schatten springen“, erwiderte sie aufrichtig. „Trotzdem bin ich zufrieden mit meinem Leben. Es gibt Freunde, die mich auffangen und mir den Weg weisen und dich zähle ich dazu.“

      „Tja, Freunde …“

      Ole ließ den Satz unvollendet, aber Frija wusste genau, worauf er anspielte. Enttäuschung, aber auch Schmerz spiegelten sich auf seinem Gesicht wider. Es wurde Zeit, sich zu verabschieden, und sie leerte ihre Tasse.

      „Danke für den Kaffee“, sagte sie und umarmte Ole. „Lass es dir gut gehen, bis zum nächsten Termin.“

      Er reagierte kühl und begleitete sie nicht wie üblich zur Tür.

      Nachdem sie sein Büro verlassen hatte, atmete sie auf. Was nun? Sie war ein wenig verärgert wegen Leif, weil er ihr nur diesen zerknitterten Zettel hinterlassen hatte. Sie konnte ihn weder anrufen noch anderweitig erreichen, und der Gedanke, ihn nie wieder zu sehen, bereitete ihr Unbehagen. Das war völlig untypisch, sich schon nach so kurzer Zeit einem Menschen verbunden zu fühlen.

      Eigentlich müsste sie jetzt die Rückfahrt antreten. Nervös schritt sie auf und ab und setzte sich dann in ihren Wagen. Für ein weiteres Treffen mit Leif hatte sie nichts Passendes im Koffer und entschied sich kurzerhand für eine Shoppingtour, wo sie nun schon einmal hier war.

      Sie legte die kurze Strecke in den Stadtkern zurück und stellte ihren Wagen auf einem Parkplatz ab. Bevor sie ausstieg, schickte sie Sara und Matilda eine Nachricht, dass es später werden würde, weil sie noch etwas Wichtiges zu erledigen hatte. Es wäre das erste Mal, dass sie nicht pünktlich zurückfahren würde, und erneut meldete sich das schlechte Gewissen zu Wort. Hatte sie wirklich die richtige Entscheidung getroffen? Wiederum … stand ihr nicht auch ein wenig Freiraum zu nach all den Jahren?

      Sie schaute an sich herunter – sportlich, bequem, unauffällig. So konnte sie Leif unmöglich gegenübertreten und es war sicher nicht verkehrt, sich etwas Schickes zu gönnen. Auf der Suche nach ein wenig mehr Glamour durchstreifte sie die Boutiquen. Mittendrin kippte jedoch die Vorfreude auf das Treffen mit Leif.

      Sie hatte die Umkleidekabine mit einem Arm voller Kleidungsstücke gerade verlassen, als sie einen Mann bemerkte, der ständig zu ihr herüberblickte. Er war ihr schon in den vorherigen Geschäften aufgefallen und sie glaubte nicht an Zufälle.

      Zwei der Kleider gab sie der Angestellten zurück, mit dem Rest steuerte sie die Kasse an. Immer wieder warf sie einen misstrauischen Blick über die Schulter, bis sie sah, dass der Mann seiner Frau eine Hose in die Hand drückte. Gott sei Dank, nur falscher Alarm.

      Sie zahlte, nahm die große Tüte entgegen und eilte zum Ausgang. Jetzt nur noch Schuhe, und der Abend wäre gerettet. In einem kleinen Laden wurde sie fündig und ergatterte im Ausverkauf zwei günstige Paar Schuhe. Jetzt musste sie schnellstens ins Hotel zurück, um sich umzuziehen und auszuchecken. Sie gönnte sich noch eine Dusche, wechselte die Kleidung und packte ihren Trolley. An der Rezeption gab sie ihre Karte zurück und beglich die Rechnung.

      Um die Zeit bis zum Abend zu überbrücken, besuchte sie die Nachmittagsvorstellung eines Kinos. Hier war es warm und gemütlich und der Film würde sie ablenken. Sie wollte nicht ständig an Leif denken. Mit einem Getränk und einer kleinen Tüte Popcorn setzte sie sich in die letzte Reihe und genoss die Vorführung.

      Frija saß im hinteren Bereich des Restaurants, der Tisch am Fenster war leider schon besetzt gewesen. Nervös nippte sie an ihrem Mineralwasser und hatte den Blick fest auf die Eingangstür geheftet. Bereits zehn Minuten waren vergangen und ihr schwante nichts Gutes. Sie fühlte sich wie eine aufgetakelte Fregatte und schalt sich eine Närrin. Leif hatte wahrscheinlich nur Interesse geheuchelt, um sie ins Bett zu kriegen. Nicht mehr und nicht weniger.

      Dummerweise war sie ihm auf den Leim gegangen, weil sie tatsächlich angenommen hatte, dass sie ihm gefallen würde. Obwohl sie ahnte, dass er sie versetzt hatte, wollte sie ihm noch eine Viertelstunde Galgenfrist gewähren und dann nach Svanberga zurückfahren.

      Ihr Blick wanderte durch den Raum und das beschämende Gefühl nahm überhand, nur in glückliche Gesichter zu schauen. Frauen, die mit geröteten Wangen ihren Männern vom Tag erzählten und Paare, die verliebt Händchen hielten. Sollte Ole doch am Ende recht behalten, dass sie tief in ihrem Inneren

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